Keine Geschenke zum 500.
Noch 45 Minuten nach Abpfiff umlagern hunderte BVB Fans den Mannschaftsbus, um einen Blick auf ihre Stars zu erhaschen. Das Gastspiel des BVB im Breisgau ist für sie ein absolutes Highlight. Viele von ihnen kommen aus Freiburg und Umgebung und tragen alles am Körper, was ihr bisheriges „Fanleben" in schwatzgelb hergibt. Im Stadion sitzen oder stehen sie überall verteilt, ohne dass es Konflikte mit den heimischen Freiburg Fans gibt. Es war ein friedliches Miteinander, dass sich bereits im Vorfeld durch die Freiburger Innenstadt gezogen hat. Bereits 2h vor Spielbeginn strömten die Massen Richtung Stadion und genossen das traumhafte Frühlingswetter. Der Gästeblock war schon früh gut gefüllt und in bester Laune, die 90 Minuten anhalten sollten.
Im Vorfeld des Spiels gab es hitzige Diskussionen darüber, dass viele Fan-Clubs aus Dortmund und Umgebung bei der Kartenvergabe für das Freiburgspiel leer ausgegangen waren, weil Fan-Clubs aus dem Süd der Republik bevorzugt behandelt wurden. Der Stimmung im Stadion tat dies keinen Abbruch. Mit Schals und vielen kleineren Fahnen hinterließ der Fan-Block während des gesamten Spiels einen lebendigen Eindruck und konnte neben einem melodischen Gesang auch stimmgewaltig Akzente setzen.
Auf der Gegenseite fieberten die Freiburger dem 500. Spiel in der Bundesliga entgegen und begrüßten die einlaufenden Mannschaften mit einer niedlichen Mini-Choreographie, die aus einer großen 500 und drei Spruchbändern bestand. Nach dem das Badner-Lied und der Stimmungshit „Hey SCF" durch die Lautsprecher erklang, konnte das Spiel beginnen.
Bei den Gastgebern stand fast die identische Elf auf dem Platz, die gegen Berlin ein 0:0 erkämpft hat, lediglich im Sturm kam Zulechner zu seinem Startelfdebüt. Die Hereinnahme von Zulechner hätte sich beinahe bezahlt gemacht. Mit vier Schüssen auf das gegnerische Tor war er mit Abstand der torgefährlichste Spieler auf dem Platz, wenn auch erfolglos. Auf Seiten der Borussia musste Trainer Jürgen Klopp lediglich auf einer Position umstellen. Im Sturm fehlte verletzungsbedingt Lewandowski, der durch Julian Schieber ersetzt wurde. Schieber, um es vorweg zu nehmen, spielte ordentlich, wurde aber von seinen Mitspielern kaum in Szene gesetzt.
Das Spiel begann aus Dortmunder Sicht erwartungsvoll. Gleich in den ersten drei Minuten ließen die Borussen aufblitzen, welches Potential der Tabellen Zweite besitzt. Doch danach schafften es die mit schwarzen Trikots spielenden Dortmunder sich auf das Niveau des Tabellen Vorletzten herab zu lassen. Spätestens Mitte der ersten Halbzeit hatten sich beide Mannschaften neutralisiert. Auf der einen Seite brillierten die Breisgauer mit ihrem Einsatz und ihrer Leidenschaft und zugleich mit ihrer Harmlosigkeit im Abschluss. Nach einer Ecke legt Weidenfeller per„Faustvorlage" für Zulechner auf, der allerdings aus aussichtreicher Position das Geschenk nicht annimmt (25.Minute). Borussia brachte, bis auf einen schwach geschossenen Freistoß von Sahin, keinen Ball in Richtung des Freiburger Schlussmannes in der ersten Halbzeit. Kurz vor der Pause dann der erste Aufreger, über den sich der Trainer der Freiburger noch lange nach dem Spiel echauffieren wird und den Schiedsrichtern vorwerfen wird, dass sie gegen ihn persönlich etwas hätten. Hummels wird von Zulechner wie ein B-Jugendspieler düpiert und Sokratis kann den Neuzugang der Freiburger kurz vor dem Strafraum mit einer Notbremse so gerade noch stoppen, bevor er alleine auf Weidenfeller zuläuft. Jürgen Klopp wird später zu dieser Situation sagen, dass die gelbe Karte in Ordnung geht, da Zulechner sich erstens den Ball zu weit vorgelegt hat und zweitens Sokratis den Gegenspieler nicht berührt. Letzteres dürfte bei der Entscheidung des Schiedsrichters wohl weniger eine Rolle gespielt haben. Der unparteiische Gagelmann entschied trotz heftiger Reklamationen der Freiburger auf gelb und nicht auf rot. Wie Fairplay im Abstiegskampf aussieht, zeigten am Wochenende Nürnberg und Bremen, die heftige Reklamation der Freiburger Spieler ist wohl eher unter die Kategorie unsportlich einzuordnen. Somit endete die erste Halbzeit ohne nennenswerte sportliche Höhepunkte, aber mit viel Gesprächsbedarf.
Zur zweiten Halbzeit ließen die Schützlinge von Jürgen Klopp lange auf sich warten. Die Kabinenrede dauerte etwas länger als die der Freiburger, die sich bereits Minuten auf dem Feld befanden, bevor die schwatzgelben aus der Kabine kamen. Die Zweikämpfe wurden intensiver und bissiger auf beiden Seiten geführt, allerdings plätscherte das Spiel im Mittelfeld dahin. Dortmund versuchte mit diagonalen Pässen, die meist direkt in der gut gestaffelten Viererkette der Freiburger hängen blieben, das Spiel zu öffnen. Die Freiburger fanden überhaupt keinen Weg, an dem Dortmunder Abwehrblock vorbeizukommen. Lediglich Einzelaktionen von Admir Mehmedi sorgten auf der rechten Dortmunder Abwehrseite für leichte Irritationen. Freiburg wirkte mit der offensiven Spielgestaltung überfordert und kam lediglich dank Dortmunder Passivität und individueller Fehler in die Nähe des Strafraums. Doch in der 58. Minute fiel dann aus heiterem Himmel der Ball in das Freiburger Gehäuse und alle 22 Spieler rieben sich verwundert die Augen, wie so etwas passieren konnte. Der Jubel der Dortmunder fiel verhalten aus. Zu groß war die Scham, durch einen Sonntagsschuss von Sebastian Kehl in Führung zu gehen. Dabei war es der erste zielstrebige Angriff der Borussen, der, wenn auch glücklich, zum Erfolg führte. Die unverhoffte, vielleicht auch unverdiente 1:0 Führung war wohl so ein Schock, von dem sich die Dortmunder die restlichen 32 Minuten nicht mehr erholen sollten. Man tat nur noch das Nötigste und wartete vergebens auf ein Aufbäumen der Freiburger. Diese waren durch ihre technischen Fähigkeiten und ihre Ideenlosigkeit dermaßen eingeschränkt, dass Borussia den 1:0 Sieg ungefährdet über die Zeit brachte. Erschrecken, wie leichtsinnig man kurz vor Schluss beste Möglichkeiten vergeben kann. Dabei zeichneten sich Aubomeyang und Mkhitayan im besonderen Maße aus. Auch wenn das Spiel nur wenig erhellende Momente bot, Stimmungsmäßig bot es einiges. Als Nach dem 1:0 der des BVB der Block laut skandierte: „Hier regiert der BVB!" explodierte der Freiburger anhang und skandierte lauthals: „Nur der SCF". Immerhin ein wenig Gänsehautfeeling in einer sehr trostlosen Bundesligapartie.
Dortmund ist in der Bundesliga wieder in der Spur, zumindest was die Punkte angeht. Nach der Hiobsbotschaft von Lewandowskis Verletzung unter der Woche und den vielen Abstellungen zu den Nationalmannschaften, kann man mit dem 1:0 Arbeitssieg gegen Freiburg gut leben. Über das „wie" kräht in einer Woche kein Hahn mehr. Allerding dürfte der Ausfall von Mkhitaryan aufgrund seiner 5. Gelben-Karten beim nächsten Heimspiel gegen Gladbach noch nachträglich für Kopfzerbrechen beim Trainer sorgen.
Aufstellung
Freiburg: Baumann- Krmas-Sorg-Ginter-Günter-Fernandes-Darida (Kerk 66.)-Schmid-Schuster (Coquelin 76.)-Mehmedi-Zulechner (Klaus 70.)
Dortmund: Weidenfeller-Hummels-Sokratis-Piszczek-Schmelzer-Kehl-Mkhitaryan (Friedrich 90.)-Aubameyang-Sahin (Kirch 63.)-Großkreutz-Schieber (Hofmann 74.)
Zahlen, Daten und Fakten
Dortmund kommt auf ganze 12 Torschüsse, von denen 4 auf das Tor kommen. Freiburg kommt zum Vergleich auf 10 Torschüsse, von denen allerdings kein einziger auf das Tor kommt. Auch bei den Ecken liegt Borussia mit 5:1 gegenüber dem SCF in Führung. Dortmund musste 12mal zum Foulspiel greifen, Freiburg nur 7mal. Die meisten Ballkontakte hatte auf Seiten der schwatzgelben Mats Hummels (89) und auf Seiten der Breisgauer Schmid (124).
Die Spieler in der Einzelkritik
Hummels: Bis auf kleinere Ausnahmen solide mit einem überwiegend sicherem Stellungsspiel (3)
Sokratis: Einige unglücklich geführte Zweikämpfe. Auch hätte er sich nicht beschweren dürfen, wenn er nach 43. Minuten hätte kalt duschen dürfen (4)
Piszczek: Mit guten Szenen in der 1. Halbzeit in der Vorwärtsbewegung, ansonsten eine solide Leistung in der Abwehr (3-)
Schmelzer: Hatte gerade in der ersten Halbzeit einige schwächere Momente, in denen er durch Fehlpässe auffiel. Zugute kann man ihm halten, dass er sich bis zum 1:0 immer wieder versucht hat in die Offensive einzuschalten (3-)
Kehl: Für seine 34 Jahre, machte er so manch einem Jungspund vor, wie hohe Laufbereitschaft und aggressives Zweikampfverhalten aussieht. Unterstellet man ihm, dass er den Ball zu seinem Tor genau so treffen wollte.... (2)
Mkhitaryan: Wirkte äußerst unglücklich. Nicht nur, dass er gelegentlich über den Ball stolperte, auch fand er kaum Bindung zu seinen Mitspielern (3-)
Aubameyang: Ja, laufen kann er, aber nur Richtung gegnerisches Tor. Sein Defensivverhalten ließ erneut zu wünschen übrig. Teilweise trabte er hinter seinen Gegenspielern nur hinter her. Das auslassen seiner Großchance kurz vor Schluss rundet seine Leistung ab (4-)
Sahin: Ideenlos lief das Spiel an ihm vorbei (4)
Großkreutz: Rieb sich häufig im Mittelfeld auf und war in der Offensive so gut wie gar nicht im Spiel. Bereitete immerhin das 1:0 vor (3-)
Schieber: In manchen Situation unglücklich, was allerdings auch an dem Anspiel seiner Mannschaftskollegen lag, wenn diese ihn denn mal anspielten. War sich für keinen Zweikampf zu schade und legte einige km zurück (3-)
Kirch: Nach seiner Einwechslung eher unauffällig (3)
Hofmann: Sorgte für neuen Schwung und belebte die Offensive ein wenig und kam auf zwei Torschussvorlagen (3+)
Stimmen zum Spiel
Großkreutz: Ich glaube, wir mussten sehr großen Aufwand betreiben. Es war ein schweres Spiel auf einem schweren Platz. Aber wir haben wenige Torchancen zugelassen und unsere eigenen Chance genutzt. Das war der eine Schlüssel zum Sieg.
Kehl: Am Ende gehört sicherlich auch ein bisschen Glück dazu, hier zu gewinnen und so ein Tor zu machen. Nuri hat es ja eben auch schon gesagt. Wir wussten, dass Oliver Baumann ein Torwart ist, der auch mal ein bisschen weiter vor dem Kasten steht. Das hat er heute auch ein paar Mal gezeigt. Deshalb habe ich in der Situation einfach draufgehalten, der Ball ist hervorragend geflogen und für Baumann dann auch nicht wirklich zu halten. Das Tor hat mich auf der einen Seite natürlich sehr gefreut, auf der anderen Seite hoffe ich das der SC Freiburg am Ende der Saison nicht darunter leidet, denn meine Sympathien für diesen Verein sind noch sehr groß.
Schieber: Es war ein sehr zähes Spiel, die Freiburger haben das Spiel auch breit gemacht. Wir hatten zu wenig Zugriff. Es war kein schönes Spiel, wir haben uns zu wenig Chancen erspielen können. Dass Sebastian das Tor letzten Endes so macht, ist Super für uns. Vielleicht brauchte es heute so etwas. Am Ende steht ein 1:0, die drei Punkte sind auf unserer Seite. Auch wenn das Spiel nicht gut war.
Klopp: Es war schwer heute, aus unterschiedlichen Gründen. Freiburg hat aus der spielerischen Überlegenheit keine Chancen kreieren können. Wir haben ein glückliches Tor gemacht. Und ich kann total nachvollziehen, dass jeder, der es mit dem SC Freiburg hält, sich fragt: warum haben wir 19 Punkte und die anderen 48? Aber wir haben alle unsere Probleme, fast alle unsere Spieler waren in dieser Woche bei Länderspielen. Wir wussten, dass wir auf einen hochmotivierten Gegner treffen, der zwar im Abstiegskampf steckt, aber trotzdem kicken kann. Deshalb war klar, dass wir hier arbeiten müssen und das haben wir getan. Wenn man im Spiel bleibt, hat man die Möglichkeit, das Spiel mit einer Aktion zu entscheiden. Das haben wir getan. Freiburg hat insgesamt ein gutes Spiel gemacht und uns alles abverlangt. Wir sind hier nicht aufgetreten wie ein Champions-League-Aspirant, den man zum Kicken zwingen muss, sondern wir haben gekämpft. Und insgesamt sicher nicht unverdient drei Punkte mitgenommen. In der Schlussphase hätten wir nach Kontern das 2:0, 3:0, 4:0 machen können. Das haben wir nicht getan, dadurch mussten wir bis zum letzten Moment arbeiten. Wer solche Spiele gewinnt, wird Meister. Aber das geht ja nicht mehr ...