Verdienter Dreier gegen stumme Nürnberger
Ein hochverdientes 3:0 gegen Nürnberg, die Rückkehr von Mats Hummels und außerdem Tabellenplatz zwei zurückerobert – ein guter Tag für unseren Ballspielverein. Erneut haben an einem Samstag sämtliche Kontrahenten für Schwatzgelb gespielt und endlich konnten wir diese Steilvorlagen auch verwerten.
Nach dem 0:3 gegen Hamburg kann der BVB den Aufwärtstrend aus der Champions League also auch in der Bundesliga bestätigen. Angetrieben von Mkhitaryan und Lewandowski, war der Sieg gegen die Cluberer kaum gefährdet.Das lag vielleicht auch daran, dass die Gäste weitgehend auf die akustische Unterstützung des eigenen Anhangs verzichten mussten. Teile der 4.200 mitgereisten Fans hatten versucht, trotz Materialverbots (aufgrund der Pyro-Zündelei in der letzten Saison) Fahnen ins Stadion zu bekommen, woraufhin es zu Auseinandersetzungen mit dem Ordnungsdienst kam. Die darin verwickelten Nürnberger verhielten sich den Ordnern gegenüber ziemlich aggressiv, weshalb die Polizei einschritt und 21 Personen in Gewahrsam nahm. Sie mussten bis Spielende in der Stadionwache bleiben und wurden dann wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Nürnberger Ultras reagierten auf die polizeilichen Maßnahmen mit dem Versuch eines Blocksturms, konnten von den Beamten aber daran gehindert werden und verbrachten den Rest des Spiels auf der Ebene hinter dem Gästeblock. Ohne Koordination war der Gästeanhang dann sichtlich überfordert und verstummte während der kommenden 90 Minuten und mit Ausnahme weniger Liebesbekundungen Richtung Südtribüne komplett.
Währenddessen erfreute man sich im Süden einer deutlich verbesserten Einlasssituation. Der BVB hatte auf die Kritik der letzten Monate reagiert und die Personenkontrollen auf die Höhe des Marathontores der Roten Erde vorgezogen. So stand für die Durchsuchungen eine größere Fläche zur Verfügung und mehr Menschen konnten gleichzeitig kontrolliert werden. Die Folge: Der Einlass lief, auch mit näher rückendem Anpfiff, deutlich flüssiger als zuletzt. Daumen hoch!
Mats Hummels‘ Rückkehr in die Startelf nach überstandener Fußprellung gibt neuen Anlass zur Hoffnung, zumindest diese Krankengeschichte endgültig zu den Akten legen zu können. Mats ersetzte Friedrich, während Jürgen Klopp notgedrungen auf den gelbgesperrten Reus verzichten musste und dafür – wer sonst – Kevin auf dem linken Flügel einspringen musste. Dürfte wohl kaum noch Positionen geben, die der Dortmunder Junge in seiner Karriere noch nicht bekleidet hat.
Auffem Platz ließen die Borussen schon früh ihre Spielfreude aufblitzen. Nach vier Minuten versuchte Lewandowski Kollege Mkhitaryan durch eine Lücke in der Nürnberger Innenverteidigung zu schicken, doch FCN-Keeper Raphael Schäfer kam dem Armenier zuvor. Kurz darauf eine mehr als sehenswerte Kombination zwischen Lewandowski, Großkreutz und Schmelzer auf links, doch Schmelles präzise Hereingabe konnten weder Aubameyang noch Piszczek verwerten. Und es ging munter weiter: Schäfer nahm einen Rückpass von Außenverteidiger Martin Angha regelwidrig auf, doch Lewandowski konnte den Freistoß im Fünfmeterraum nicht an den elf Nürnbergern auf der eigenen Torlinie vorbeihämmern.
Die Cluberer, die die Abstiegsränge mit drei Siegen aus den letzten vier Spielen schneller als gedacht wieder verlassen konnten, versuchten es mit viel Ballbesitz und langen Bällen aus der eigenen Hälfte heraus, drangen jedoch selten wirklich gefährlich zum Dortmunder Strafraum vor. Ihre erste Chance resultierte aus einem dicken Bock in der schwatzgelben Verteidigung. Sokratis, der bereits vorher mit Ball am Fuß etwas desorientiert wirkte, spielte den Ball am eigenen Sechzehner Drmic genau in die Füße, der legte auf Pekhart ab und dessen Schuss klatschte glücklicherweise nur an den Pfosten. Kurze Zeit später nahm Klopp Sokratis vom Feld, was wohl weniger an seinem Leistungsdefizit als an der Tatsache lag, dass der Grieche unter der Woche ohnehin angeschlagen war und nun erneut über Probleme mit der Ferse klagt. In diesem Spiel war es die schwächste Phase der Borussia, die vor der Halbzeit lediglich noch durch einen Schuss Aubameyangs gefährlich werden konnte, der jedoch abgefälscht über die Latte flog.
Ein Tor, so viel stand fest, würde dem BVB hier vieles erleichtern und tatsächlich: Rückkehrer Mats Hummels höchstpersönlich wuchtete in der 51. Minute einen Abstauber in die Maschen, nachdem Schäfer, Nürnbergs Bester an diesem Tag, zuvor einen Lewandowski-Kopfball noch abwehren konnte. Fortan drängten die Jungs auf die Vorentscheidung, allen voran Mkhitaryan, der im Verbund mit Lewandowski ein bärenstarkes Spiel machte. Erst scheiterte unsere Nummer Zehn aus fünf Metern erneut am Nürnberger Schlussmann, dann am Abseitspfiff von Schiri Dingert. In der 64. Minute war es dann so weit: Der Armenier bewies Umsicht, legte die Kugel ab auf den sträflich freien Lewandowski und der knallte den Ball aus 16 Metern in die Ecke – 2:0. Das kommt davon, wenn man einen der besten Stürmer Europas für ein paar Sekunden jeglicher Bewachung entzieht.
Auf der Südtribüne, die sich diesmal besser präsentierte als bei den letzten, stimmungstechnisch sehr schwachen Spielen, herrschte nun ausgelassene Freude. Mit „Wer nicht hüpft“ und Conny Kramer zeigte man den Gästen lautstark, was man von ihrer Freundschaft zum blauen Pack hält. Währenddessen fand das Privatduell Mkhitaryan gegen Schäfer auf dem Rasen seine Fortsetzung. In der 73. Minute konnte der Keeper noch einmal mit einem Riesenreflex parieren, zehn Zeigerumdrehungen später blieb er allerdings chancenlos: Nuri Sahin führte einen Freistoß schnell aus, Hofmann legt auf Micki ab und der schiebt die Kugel aus wenigen Metern am Nürnberger Schlussmann vorbei und krönt seine tolle Leistung.
Für Aufsehen sorgte am Ende nur noch ein Spruchband der Desperados. Das Plakat mit der Aufschrift „Ey Nürnberg: Kein Geld für Kokain? Oder warum den Billigen Dreck Aus Tschechien zieh'n?!“ war wohl einer privaten Fehde mit der Nürnberger Gruppe Banda di Amici geschuldet. Man kann darüber streiten, ob solche Angelegenheiten, die nur einen winzigen Teil der Tribüne betreffen, tatsächlich im Stadion ausgetragen werden sollten. Dass das Spruchband am Ende mehr Aufmerksamkeit bekam als es verdient, hatte allerdings einen anderen Grund: Wenige Minuten später erklang durch die Stadionlautsprecher die Aufforderung, „das Zeigen diskriminierender Spruchbänder zu unterlassen“. Eins steht fest: Dieses Plakat mag vieles gewesen sein, wie man hier aber eine Diskriminierung reininterpretieren konnte, bleibt ein Rätsel. Im Vertrauen auf die Durchsage vermuteten Teile der Südtribüne, die das Spruchband nur von hinten sehen und deshalb kaum lesen konnten, möglicherweise ähnliche Beleidigungen wie während des Heimspiels gegen Werder Bremen vor zwei Jahren und antworteten mit einem lauten „Nazis raus!“. Dass dieser Sprechchor, der selbstverständlich immer und überall gelten sollte, erstmals wieder seinen Weg auf die Südtribüne fand, ist grundsätzlich positiv und macht Mut für die Zukunft. Nur als Antwort auf den Banner in Block drölf eignete er sich in diesem Moment freilich nicht.
Statistik
BVB: Weidenfeller – Piszczek, Sokratis (36. Friedrich), Hummels, Schmelzer – Sahin, Kehl – Aubameyang (71. Hofmann), Mkhitaryan (85. Jojic), Großkreutz – Lewandowski.
Nürnberg: Schäfer – Angha, Petrak, Pinola (36. Pogatetz), Plattenhardt – Frantz (78. Stark) – Drmic, Feulner (61. Campana), Kiyotake, Hlousek – Pekhart.
Schiedsrichter: Christian Dingert
Tore: 1:0 Hummels (51.), 2:0 Lewandowski (64.), 3:0 Mkhitaryan (83.)
Zuschauer: 80.645 im ausverkauften Westfalenstadion
Noten
Weidenfeller: War weitgehend beschäftigungslos und hatte gegen Pekharts Pfostenkracher keinerlei Abwehrmöglichkeit. Musste in Durchgang zwei noch einen scharfen Schuss von Hlousek parieren. Note 2,5
Piszczek: Hinten sicher, vorne wenig gefordert, was auch daran lag, dass über die rechte Seite diesmal ohnehin sehr wenig ging. Manchmal erweckt es den Eindruck, dass das Flügel-Duo Piszczek/Aubameyang noch keinen echten Draht zueinander gefunden hat. Note 3
Sokratis: Hatte riesiges Glück, dass sein Patzer in ohne Folgen blieb. Wirkte allerdings auch zuvor etwas ratlos, wenn er im Ballbesitz war und wurde mit Fersenproblem noch in der ersten Halbzeit ausgewechselt. Note 4 und gute Besserung!
Hummels: Das Comeback kann sich sehen lassen. Sorgte für Sicherheit, war zweikampf- und kopfballstark und übernahm, wenn auch wenig erfolgreich, trotz Pause gleich wieder die Initiative im Aufbauspiel. Brachte die Borussia mit seinem Abstauber zum 1:0 auf die Siegerstraße. Note 2
Schmelzer: Harmonierte vorne wie hinten gut mit Kevin und leistete sich nur Mitte der ersten Hälfte Ungenauigkeiten im Passspiel. Starke Hereingaben auf Piszczek (6.) und Nuri (35.). Note 2,5
Sahin: Steigerte sich nach der Pause. Gut sein Freistoß vor dem 1:0, noch besser die gedankenschnelle Ausführung vor dem 3:0. Note 3
Kehl: Eine verlässliche, weil fehlerlose Absicherung auf der Sechs. Von Schnitzern im Aufbauspiel, die er sich dann und wann leistet, diesmal nix zu sehen, ein souveräner Bender-Ersatz. Note 2,5
Aubameyang: Konnte dem Spiel keinen Stempel aufdrücken und blieb weitgehend unauffällig. Note 4
Mkhitaryan: Eine tolle Leistung des Armeniers! Harmonierte zeitweise grandios mit Lewandowski, erarbeitete sich viele Chancen, war Vorbereiter und krönte seine Leistung mit einem Tor. Immer wieder gefährlich, wenn er mit hohem Tempo auf den Gegner zu rennt. Note 1,5
Großkreutz: Musste diesmal auf links ran und erledigte seine Aufgaben im Verbund mit Schmelzer gewohnt zuverlässig. War an manchem gefährlichen Angriff beteiligt. Note 2,5
Lewandowski: Er ist einfach ein toller und für den BVB momentan ungemein wichtiger Stürmer. Lenkte das Offensivspiel gemeinsam mit Mkhitaryan und sorgte mit seinem Tor zum 2:0 für die Vorentscheidung. Note 2
Friedrich: Kam früh für den angeschlagenen Sokratis und ließ nix anbrennen. Note 3
Hofmann: Hatte in seinen 19 Einsatzminuten noch sichtlich Bock auf Fußball und legte Mkhitaryan mundgerecht das 3:0 vor. Für eine Benotung trotzdem zu kurz auf dem Feld.
Jojic: Wurde erst in der 85. Minute eingewechselt und konnte keine Akzente mehr setzen
Trainerstimmen
Verbeek: „In der ersten Halbzeit waren wir diszipliniert und defensiv gut organisiert. Wir haben versucht Fußball zu spielen und das ist uns in unserer eigenen Hälfte auch gelungen. Nur konnten wir unsere Stürmer nie richtig anspielen, was natürlich auch an der Dortmunder Qualität lag. Der Sieg ist verdient und es ist positiv, dass wir zum Schluss nicht ganz weggebrochen sind.“
Klopp: „Ich habe vor allem einen hohen Aufwand von meiner Mannschaft gesehen und der war auch unbedingt notwendig. Ich mag die Spielanlage der Nürnberger, weil sie einfach gut ist. Der FCN hat selbstbewusst in den Halbräumen agiert und gute Bälle gespielt. Die haben wir sehr gut verteidigt und uns außerdem viele Möglichkeiten herausgespielt. Natürlich hat Raphael Schäfer toll gehalten und nach dem 0:0 zur Pause mussten wir eine hohe Konzentrationsleistung abrufen und das Tempo hochhalten. Das 1:0 haben wir durch einen Standard erzwungen und haben danach konsequent weiter verteidigt. Das Schlüsselduell war Schmelzer gegen Drmic. Drmic ist ein richtig starker Stürmer, aber Schmelle hat ihn fast aufgefressen. Wenn Nürnberg so weiterspielt, sehen wir uns nächste Saison wieder.“
Malte S., 02.03.2014