Gelebte Geschichte im Borusseum: Franz Jacobi, Gerd Kolbe und der BVB
Auch wenn es beim Borussentreff am letzten Donnerstag vor allem um Franz Jacobi ging, war der heimliche Star des Abends ein anderer: Quicklebendig wie eh und je, sprudelte Anekdote um Anekdote aus Gerd Kolbe, dem Mann, der mit ziemlicher Sicherheit mehr über die Geschichte des BVB weiß als jeder andere. Abendfüllend wären allein schon seine Skizzen zum Fußball in Dortmund zur Zeit der Vereinsgründung gewesen, die nicht nur das unmittelbare Geschehen rund um den 19. Dezember 1909 beleuchteten, sondern auch über den BVB hinausgriffen, aber richtig ergreifend war erst Kolbes Bericht von seinen Treffen mit Franz Jacobi in Salzgitter kurz vor dessen Tod, der das Bild eines fast 90-jährigen Mannes zeichnete, der mit leuchtenden Augen von seiner Borussia sprach. Unserer Borussia.
In passender Atmosphäre, im gut gefüllten Eingangsbereich des Borusseums, stand der gesamte Abend ganz im Zeichen des geplanten Films über unseren Vereinsgründer. Die drei Macher des Streifens, Marc Quambusch, Jan-Henrik Gruszecki und Gregor Schnittker (der mit einstündiger Verspätung noch frisch gepudert aus dem unweit des Stadions gelegenen WDR-Studio kam), plauderten nicht nur mit Gerd Kolbe, sondern hatten auch Franz' Urenkel Gerrit Jacobi eingeladen, der aus Sicht der Familie schildern konnte, was für ein Mensch sein Urgroßvater war und wie sie die Idee eines Films über ihren Verwandten aufgenommen hatte. Allein die Tatsache, dass Gerrit seinen Urgroßvater nie kennengelernt hat und trotzdem BVB-Fan wurde, lässt darauf schließen, wie prägend die Figur Franz Jacobi zumindest für die fußballerische "Erziehung" in der Familie war. Bei Gerrit lief das Ganze konkret über seinen Großvater, Franz' Sohn, den er als damals auch schon weit über Siebzigjährigen niemals so hoch hatte springen sehen wie bei Lars Rickens Tor 1997 in München. Borussia als Jungbrunnen sozusagen.
Gerrit erzählte auch, wie sein Urgroßvater, das Dortmunder Urgestein, damals überhaupt nach Salzgitter kam. Franz' Sohn siedelte in den Fünfzigern aus beruflichen Gründen dorthin, und als es gesundheitlich mit Franz und dessen Frau Lydia bergab ging, folgten die beiden ihm 1973 schweren Herzens. Die Familie ist daher auch sehr glücklich darüber, dass die sterblichen Überreste der beiden am nächsten Wochenende nach Dortmund überführt werden, in die Stadt, in der laut Gerrit das Herz seines Urgroßvaters immer geblieben sei. Auf Feld 6, Platz 1 (in unmittelbarer Nähe des Grabs von Heini Kwiatkowski) wird der BVB den beiden ein ehrendes Andenken bewahren. Auf die Frage, wieso der BVB sich nicht bereits schon früher um ein Begräbnis oder eine Umbettung nach Dortmund gekümmert hat, wusste übrigens auch Gerd Kolbe keine rechte Antwort: Zwar sei es durchaus so gewesen, dass zu Lebzeiten Jacobis Delegationen von Vereinsoffiziellen diesem zu runden Geburtstagen die Aufwartung gemacht hätten, bereits sein Tod aber war dem Verein nicht mehr wert als eine lapidare Nennung des Namens bei der darauffolgenden Jahreshauptversammlung. Umso wichtiger, dass dieses Ereignis in der nächsten Woche endlich nachgeholt (und, wie Quambusch und Gruszecki betonten, nicht für den geplanten Film festgehalten) wird.
Bezüglich der Fertigstellung des Films arbeiten die Macher auf das Ziel hin, den Streifen zu Jacobis 126. Geburtstag am 20. Juli 2014 präsentieren zu können. Dabei hat er das Zeug zu einem Blockbuster mit Hollywood-Qualität. Wie Gerd Kolbe betonte, stehen sowohl Gewaltszenen (ein Nahkampf zwischen Jacobi und Kaplan Dewald, dem bad guy der BVB-Geschichte) als auch eine Liebesgeschichte (namentlich die von Franz und Lydia, deren Vater den Ball besaß, mit dem die Jungs schon weit vor der Vereinsgründung pöhlten, so dass Jacobi schon aus amourösen Gründen nicht wirklich scharf darauf war, dass der Kaplan ihnen vorschreiben wollte, wann und wo sie zu spielen hätten...) auf dem Programm. Zunächst steht aber das Fundraising im Vordergrund: Mit der Bäckerei Grobe konnte der zweite Großsponsor neben dem BVB für das Projekt gewonnen werden, so dass die Verantwortlichen zuversichtlich sind, bald den Minimalbetrag von 125.000 EUR eingenommen zu haben. Überdies sind verschiedene weitere Aktionen geplant, um das anvisierte Förderungsziel von über 200.000 EUR zu erreichen: Neben den T-Shirts, mit denen die Amateure gegen den VfB Stuttgart eingelaufen sind (und mit denen die Profis auch noch einlaufen werden), die käuflich zu erwerben bzw. zu ersteigern sind, wird bald auch ein Graffiti mit dem Logo des Films zu ersteigern sein, und überdies sind weitere Aktionen geplant. Und wem das alles zu kompliziert ist: Für das eine oder andere Goodie kann man die drei auch direkt unter www.franz-jacobi.de unterstützen. Wert ist es das auf jeden Fall.
Scherben, 20. Juli 2013
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