Weidenfeller könnte die Nationalmannschaft wachrütteln
Nun also doch: Bundestrainer Joachim Löw hat dem öffentlichen Druck nachgegeben und Roman Weidenfeller für die Nationalmannschaft nominiert. Damit gehört Weide zum Aufgebot in den zwar prestigeträchtigen, aber sportlich wertlosen Testspielen in Mailand gegen Italien (15.11.) und in Wembley gegen England (19.11.). Doch diese Nominierung durch Löw gleicht einer Alibi-Nominierung.
Schon seit Jahren besticht unsere Nummer 1 durch herausragende Leistungen, ein ums andere Mal hielt Roman die Führung fest. Unvergessen, zu welchen Höchstleistungen er gerade in der vergangenen Champions-League-Saison in der Lage war. Spätestens hier hätte Roman eine Berufung in Deutschlands Eliteauswahl höchstverdient gehabt. Doch das Telefon blieb still. Der beste deutsche Torhüter spielte in den Planungen Joachim Löws keine Rolle. Spätestens seit dem Ende der Sommerpause kippte nun jedoch die öffentliche Meinung vollends in Richtung einer Nominierung Weidenfellers. Umso unverständlicher daher, dass Löw zwar auch begann, sich für diese Option zu öffnen, aber in den letzten beiden Qualifikationsspielen gegen Irland und in Schweden abermals auf Weide verzichtete. Bei allem Respekt vor Irland, aber es durfte davon ausgegangen werden, dass die deutsche Elf gegen die keltischen Krieger die Qualifikation perfekt machen würde. Es wäre daher eine optimale Gelegenheit gewesen, Weidenfeller schon gegen Irland, spätestens aber im letzten Qualifikationsspiel gegen Schweden einzusetzen; er hätte einerseits Spielpraxis sammeln und andererseits die Wettkampfbedingungen schon einmal kennenlernen können.
Doch was bedeutet nun eine Nominierung gegen Italien und England? Ein sportlicher Mehrwert dürfte hier kaum zu gewinnen sein. Es scheint vielmehr eine Win-win-Situation für Löw und Roman zu sein. Roman bekommt das längst verdiente Länderspiel - und der Bundestrainer kann hinterher behaupten, dass er doch den besten Torhüter auch nominiert hat. Doch eine Perspektive besitzt Roman wohl nicht - er würde maximal als dritter Keeper auf den WM-Zug aufspringen, was in etwa null Turnierspiele bedeutet. Mit zwei unbedeutenden Testkicks soll unsere Nummer 1 jetzt ruhiggestellt werden und der Bundestrainer will sich des öffentlichen Drucks entledigen - so etwas hat sich Roman nicht verdient. Diese Alibi-Nominierung hätte er daher am besten, so schwer es auch fällt, ablehnen sollen, solange ihm keine ernsthafte Perspektive mit dem Adler auf der Brust geboten wird.
Doch Roman Weidenfeller wäre noch aus einem anderen Grund wichtig für die Nationalmannschaft: Gerade in den entscheidenden Spielen der vergangenen Jahre gegen Spanien (2008, 2010) und Italien (2012) fehlte der Mannschaft offenbar ein Anführer und jemand, der den Mund in kritischen Situationen aufmacht und seine Vorderleute wachrüttelt. Diese Eigenschaft besitzt Roman - und zusammen mit Mats Hummels - der in der Nationalmannschaft ebenfalls eher demontiert als behutsam aufgebaut zu werden scheint - könnte er ein entsprechendes Antriebsduo bilden und der Mannschaft in kritischen Momenten neues Leben einhauchen. Ein derartiger Leitwolf lässt sich im gegenwärtigen Nationalmannschaftsgefüge jedoch nicht ausmachen; weder bei einem Manuel Neuer, noch bei einem „Basti“ Schweinsteiger und schon gar nicht bei Fipsi Lahm.
Eine deutsche Nummer 1 Roman Weidenfeller wäre also nicht nur aus Leistungs-, sondern auch aus Hierarchie-Gründen zwingend erforderlich, wenn man in Brasilien nicht (wieder) gegen die „Großen Drei“ Brasilien, Spanien und Italien rausfliegen möchte.