Spielbericht Profis

Zwei Spielberichte

21.12.2012, 00:16 Uhr von:  Redaktion

BVB - HannoverLiebe Leser von schwatzgelb.de. Um euch Qualen wie am Mittwoch beim Lesen des Textes „Schuster bleib bei Deinen Leisten" einer 14jährigen pubertierenden Sprachkloake zu ersparen gibt es heute zwei Berichte. Der erste wendet sich an all jene, die lieber sachlich, sprachlich und umgangsförmlich Korrektes lesen:

Hurra, wir sind weiter.

Mit 5:1 Toren bezwingt der BVB im heimischen Westfalenstadion (so viel Emotionalität muss sein) Hannover 96 und trifft in der nächsten Runde des DFB-Pokals auf Bayern München. Der 12minütige Protest der großen Fanorgansiationen in Dortmund fand statt, jedoch wenig Beachtung weil eben nicht alle mitmachten. Die Tore erzielten Götze, Kuba, Götze, Götze, Lewandowski. 77.000 Zuschauer erfreuten sich an einem hochklassigen Spiel zumindest einer Mannschaft. Der BVB dominierte Hannover 96 nach Belieben. Jetzt ist Winterpause, am 24.12.2012 ist Weihnachten und kurz darauf findet wie jedes Jahr der Jahreswechsel statt. Die schwatzgelb.de-Redaktion bedankt sich bei ihren Lesern und wünscht sich selbst ein geruhsames Fest.

Die Statistik:
Borussia Dortmund spielte in folgender Aufstellung: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Blaszczykowski - Gündogan, Kehl - Reus, Götze, Großkreutz - Lewandowski.

Hannover 96 fand nicht statt.

Einwechselungen: 77. Schieber für Reus, 85. Perisic für Kuba, 87. Bittencourt für Götze
Die Tore: 1:0 Götze (2., Großkreutz), 2:0 Blaszczykowski (18., Reus), 3:0 Götze (40., Freistoß), 3:1 Diouf (79., Huszti), 4:1 Götze (84. Lewandowski), 5:1 Lewandowski (90., Bittencourt)

Eckstöße: 6:1, Chancenverhältnis: 11:1

Schiedsrichter: Dr. Brych (München)

Gelbe Karten: - Cherundolo, Schmiedebach

Wetter: nass/kalt, 2 bis 7 Grad

So, nun wende ich mich jenen Lesern zu, denen Sachlichkeit ein Fremdwort ist und die auch gerne mal lesen, wie ein Fan, sei er auch 14jährig und noch ohne Haare am..., ein solches Spiel wie das gestrige erlebt. Die Leser deren zahlreiche Leserbriefe ich zwar zur Kenntnis nehmen aber aufgrund weitergehender Verpflichtungen (weitere Fässer Öl für das lodernde Flämmchen im Graben zwischen Fans und Fans besorgen) nicht beantworten konnte, rate ich an dieser Stelle auszusteigen. Die Leserbriefe habe ich einer chinesischen Briefbeantwortungsfirma in einem kleinen Vorort von Peking zur Beantwortung zukommen lassen. Für durch den etwas längeren Postweg entstehende Verzögerungen in der Beantwortung entschuldige ich mich vorab. Ihr Herr Senf.

Der 103. Geburtstag oder warum Spekulatius in Milch aufgelöst nicht schmecken kann

HannoverEs ist wie immer auf 103. Kindergeburtstagen. Vor dem Spiel steht die Wahl. Beim TipTop siegt Hannover weil Weidenfellers Fuß eine Schuhgröße zuviel aufweist. Also darf Hannover beim blinde Kuh spielen anfangen. Und so spielen sie denn auch, während die Jungens von Borussia spielen, als hätten sie gerade Pfarrer Dewalt der Gaststätte „Zum Wildschütz" verwiesen. Überschwänglich und begeisternd. Hannovers Abwehr hat dabei erhebliche Probleme, weil wegen der Augenbinde. Das ändert sich jedoch auch nicht, als sie die Augenbinde endlich abnehmen dürfen. Da ist es dann aber auch schon zu spät. Denn in Minute 5 macht Seeräuberhauptmann Mario das 1:0. Längst überfällig denke ich so bei mir. Weitere Großchancen bieten sich danach im Minutentakt. Lewandowski läuft absichtlich aus zentraler Position etwas nach aussen um einen etwas höheren Schwierigkeitsgrad beim Torschuss zu erlangen. Leider scheitert er mit dem final Kick am Endgegner RRZ (Ron-Robert), der sich auf Verdacht in die Schussbahn wirft und abwehren kann.

Die Tribüne im Süden zeigt sich ziemlich gespalten. Nicht baulich. Alle die nicht schweigen wollten vereinen sich mit denen, die es den Ultras schon immer mal zeigen wollten. Es bildet sich in den Außenbereichen der Süd eine Lautstärke, die das letzte Mal gegen Real Madrid zu hören gewesen sein dürfte. Borussia Dortmund hatte unter der Woche mit einem Offenen Brief eine solche Teilung der Fanszene billigend in Kauf genommen. Allein eine Absicht dahinter will und werde ich den Verantwortlichen nicht unterstellen, sondern lediglich etwas Blauäugigkeit bezüglich der zu erwartenden Reaktionen. So stellte Aki Watzke erst den Bagger zum Ausgraben der Gräben zwischen Fans, anderen Fans und Verein bereit um dann aber, das muss man positiv erwähnen, höchstselbst den Schlüssel abzuziehen. Am Spieltag selbst veröffentlichte der Verein eine Stellungnahme, in der man äußert, dass die Aktion "12:12" vom Verein zwar nicht unterstützt, aber akzeptiert werde. Man appellierte an alle Fans, die jeweils andersdenkende Fangruppe und ihre Ansicht zu tolerieren. Dem Kind im Brunnen half dies wenig. Als nach "12:12" die Fans im Kern der Südtribüne mit der Unterstützung begannen, begann die neue Protestform der umstehenden Fans. Die Ziele der Aktion „77:48", die von großen Teilen der Südtribüne mitgetragen wurde, konnten nicht ermittelt werden. Wahrscheinlich gab es einen Zweitschlüssel für den Bagger.

Zweimal hat Lewandowski in Folge sehr gute Einschussmöglichkeiten, vergibt aber knapp. Dann die 18. Spielminute. Kuba machts mit der Macht der zwei Brustwarzen, nachdem sein Versuch, den Ball am Ron-Robert vorbeizuspitzeln scheitert. Zweizunull, der Jubel groß zumindest bei all jenen die nicht absolut frustriert, wütend und traurig auf der Südtribünbe standen.

WatzkeBeim Jubeln finde ich ein altes Schokoei in meiner Jackentasche. Leider hat es sich aufgelöst und den beiliegenden Mannschaftsaufstellungsbogen in ein sattes Braun gehüllt. So versuche ich fortan verzweifelt, Diouf und Schmiedenbach auseinanderzuhalten. Nein, liebe Kritiker. Ihr könnt den kleinen Rassismus-Reclam (ich vermeide an dieser Stelle bewusst den Begriff Führer um Missinterpretationen vorzubeugen) stecken lassen. Die Verbindung zwischen Schokoei und Schmiedenbach wäre aber einfach zu weit hergeholt. Nachdem ich mich vom Schokoschock erholt habe gehe ich in den Tunnel unter der Pressetribüne und prüfe, ob der Mannschaftsbus von Hannover auch wirklich da steht. Auf dem Platz spielt nämlich nur eine Mannschaft. Und die will sich für ein aus sportlicher Sicht überragendes Jahr selbst belohnen. Das gelingt ihr wirklich gut und dass die Folklore heute nicht stimmt, scheint auch niemanden zu stören.

In der 26. Minute versucht sich Lewandowski nach einer Piszczek-Hereingabe mit einem ungewollten Flugkopfball. Leider knapp daneben, sowohl an der Grasnarbe als auch am Ball. Ich blicke zur Anzeigetafel um zu verifizieren, dass es wirklich nur 2:0 steht. Dabei fällt mir auf, dass das Logo von Hannover mit der Nikolausmütze obendrauf mich an den Grinch erinnert. Zumindest ohne Brille, also ich, nicht der Grinch. Und plötzlich spielt Hannover auch mit. Allerdings nur als Beiwerk zum Jahresabschluss-Geburtstags-Aufdemwegnachberlin-Spiel. Zwei müde Angriffe ließen Jonny Depp, der in der Stadionzeitung mit Neven Subotic in einer „Bei der Geburt-getrennt-Aufstellung" verglichen wird, nicht wirklich ins Schwitzen kommen. Nebenbei: Nobby Dickel sieht mit einem Espressoglas in der Hand dem Clooney Schorsch brutal ähnlich. Das kommt wohl dabei heraus, wenn der Praktikant noch ein paar Seiten füllen soll. Mir isses recht, habe ich doch etwas zum Schmunzeln. Beim Anblick der Kaffeetasse freue ich mich auf einen Mokka gleich in der Halbzeit und streiche mit diesem Satz erneut 3.000 Euro für Schleichwerbung der Firma Opel ein.

Götze zum 3:0Wir schreiben die 37. Minute. Der BVB schraubt das Eckenverhältnis in die Höhe, passiert aber nix. Dafür ein paar Sekunden später. Reus-Lewandowski-Reus wärs gewesen, wenn Ersterer und Letzterer nicht einem Foul zum Opfer gefallen wäre. Chance dahin aber Marionaldo schiebt den fälligen Freistoß brilliant unter der hüpfenden Mauer durch und legt ihn Ron Robert als kleinen Zimtstern unten links ins Tor. Immer zweimal mehr wie du!

Kurz nach dem Tor in der 41. Minute wird der Ausrichter gemeinsam von Dortmund und Hannover-Fans beleidigt. Getrennt in den Farben. Vereint im Gesang. Dafür pfeifen die Anhänger der Aktion „77:48" ob dieses Stimmungsausbruchs im Stadion. So geht's durch den Graben in die Halbzeit und irgendwie lässt mich das Gefühl nicht los, dass dieser Abend höchstens aus sportlicher Sicht ein versöhnlicher Abschluss eines großartigen Jahres wird. Blamage ist wohl der richtige Begriff für den Auftritt der Slomka-Jünger in diesen ersten 45 Minuten.

Aus der Halbzeitpause zurück und ein frisch gezapftes Pils vor mir summe ich im Antlitz des soeben über der Westtribüne emporgestiegenen Sichel-Mondes „Der Mond ist aufgegangen, 9 goldne Sternlein prangen, am Himmel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget („12:12") und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel („77:48") wunderbar." Traurig.

Hannover ist auch zu Beginn ein geringeres Hindernis, als die Slalomstangen in Brackel. In den Dingern kann man sich wenigstens verheddern. Währenddessen besinnt sich die Südtribüne auf ihre ureigenen Gesangeskünste und trällert dem Mond ob der schaurigen Show ein „Scheisse 04" entgegen. Am End tut jemand was dagegen und es wird wieder Borussia angefeuert. Ich bedanke mich bei der Tribüne und entschuldige mich sogleich beim Mond.
Borussia macht weiter wie bisher und rotiert in der Offensive munter herum. Aber auch Hannover möchte noch ein bisschen mitspielen. Vielleicht liegts an den niedrigen Temperaturen.

Nach dem Spiel - Sie MannschaftIn Minute 77 schaue ich dann doch noch einmal auf, nachdem ich geistig schon in die Winterpause entschwunden war. Hannover schiesst ein Tor während der kommende Aufsteiger Braunschweig aus dem Block im Norden diffamiert wird. Diouf machts (ganz sicher bin ich mir nicht, ob vielleicht auch Schmiedebach als Torschütze geführt wird.) nach einer Huszti-Maßflanke mit dem Kopf. Weidenfeller ohne Chance.
Währenddessen geht die Bitburger-Werbung gegenüber der Targobank mit 6:4 in Führung. Warum auch das Geld bei der Bank anlegen, wenns doch Bier gibt. Der DFB ist eben doch ein Lebensratgeber. Danke dafür, sonst für nix.

Dortmund schaltet in den Eco-Mode und Hannover schafft es trotzdem nicht, ein vernünftiges Spiel aufzuziehen. Auweia. Der „Mirkokosmos" funktioniert heute nicht.
Marionaldo darf in der 84. Minute noch eben einen Volleyknaller nach Flanke von Lewandowski ins Netz vom Ron-Robert setzen, bevor er die Geburtstagsfeier, von einem ordentlichen Applaus begleitet, in der 87. Minute verlässt. 90. Minute.5zu1. Lewandowski macht zwei Scorerpunkte mit einem Tor, weil er sich den Ball quasi selbst vorlegt und vollendet. Beeindruckend und Schluss.

Die in der Überschrift aufgeworfene Fragestellung lässt aber auch diese Aktion offen und so geht man trotz eines überragenden Ergebnisses irgendwie unzufrieden nach Hause. In der Roten Erde wird derweil gesungen „Schade Bayern alles ist vorbei.", nachdem die Bayern für die nächste Runde ein Horrorlos zogen.

Die Noten:
Weidenfeller: Note 2,5. Alles was zu halten war, hatta gehalten.

Piszczek: Note 2. Sehr agil und wie gewohnt robust im Zweikampf. Durch nicht existierende Hannoveraner mit viel Offensivdrang

Subotic: Note 2,5. Zwei kleinere Unsicherheiten, aber was soll man machen, wenn sich 70 Minuten kaum ein Gegner blicken lässt.

Hummels: Note 2,5. Siehe Subotic aber mit einigen guten Offensivaktionen. Für die zwei reicht es wegen des Fehlpasses vor dem 3:1 nicht ganz.

Blaszczykowski: Note 1,5. Wirbelte, wieselte und erfreute mit seinem unbändigen Zug zum Tor und Spielllaune wohl alle denen nach Freuen zumute war.

Gündogan: Note 2. Ein weiteres ordentliches Spiel. Musste aber Götze, Reus und Kuba die Plätze auf dem Kreativ-Podest überlassen.

Kehl: Note 1,5. Weil er einfach elementar wichtig für diese Mannschaft ist und sich zudem sehr differenziert zu den Fanprotesten äußerte. Zeigte sich offen für die Anliegen der Fans und trug die Informationen in die Mannschaft. Ein Leader eben

Reus: Note 1,5. Die Spielfreude war ihm anzumerken. Leider noch ab und zu mit Ansätzen von Dribblings, bei denen er den Gegenspieler zu direkt anläuft und dann den Ball verliert. Aber das ist Meckern auf ganz hohem Niveau.

Götze: Note 1. Sein Auftritt war ganz ok.

Großkreutz: Note 2. Kämpfte beherzt alle zaghaften Angriffsbemühungen der Männer von der Leine nieder. Schöner Abschluss eines für ihn turbulenten Jahres. Ich freue mich, dass er wieder da und aus dieser Mannschaft nur schwerlich herauszudenken ist.

Lewandowski: Note 2. Hatte es oftmals schwer gegen mauernde Hannoveraner. Gewohnt ballsicher und gut im Verteilen.

Herr Senf; 20.12.2012

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