Feindbilder festigen
„Aus >>All Cops are Bastards<< als reinem Protestruf droht in den Köpfen vieler eine [sic] wahre Haltung >>Alle Bullen sind Schweine<< zu werden, wenn es nicht sogar schon zu spät ist“. So beschreiben die Coloniacs in der vierten Ausgabe ihres Kallendressers die Situation in Deutschland.
Wohl auch deshalb veranstaltete der DFB vor gut zwei Monaten einen Kongress unter dem schönen Slogan „Feindbilder ins Abseits“. Ziel war ein erster Gedankenaustausch zwischen Fans, Fanbetreuern, Fanprojekten, Verbänden und Polizei. Dabei fiel vor allem der Redebeitrag von Christian Kusch von der Bereitschaftspolizei positiv auf. Dieser räumte durchaus selbstkritisch Fehler bei der Einsatztaktik der Polizeieinheiten ein und dass es auf Grund von unterschiedlichen Kompetenzen Probleme bei einem verlässlichen Auftreten gegenüber den Fans gebe. Auch der Beitrag von Bernhard Witthaut hob sich positiv von den Absonderungen ab, die man sonst von den Gewerkschaften gewohnt ist (vor allem im Vergleich zu Herrn Wendt).
Den warmen Worten folgten in letzter Zeit allerdings wieder mehrere Vorfälle, die das Gefühl bestärken, dass es sich bei Herrn Kusch um einen einsamen Rufer im Walde handelt. Zumindest bei der MKÜ (Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit) und ihren Kollegen von der Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz scheint man davon nicht allzu viel zu halten. Anders sind die Vorfälle im Zug nach Köln und vor dem Stadion in Trier nicht zu erklären. Gerade der Einsatz der MKÜ zeugt von einer erschreckenden Einsatzphilosophie. Böse Zungen mögen sich vielleicht fragen, ob nicht die Einheit gerade daran arbeitet, sich überhaupt ein Aufgabenfeld zu erhalten. Grund- und konzeptlos wurde eine erkennungsdienstliche Maßnahme durchgeführt, die man noch nicht einmal so wirklich begründen wollte oder konnte. Der herbeigeeilten SKB (Szenekundiger Beamte) wurde dabei auch gekonnt ignoriert, denn seine Aussage „man habe es mit einer harmlosen Truppe Fans [die übrigens nebenbei auch vollwertige Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind] zu tun“, passte scheinbar nicht in das Einsatzkonzept. Stattdessen antwortete man mit wirren Aussagen, wie: „Die Amateurszene ist als besonders gewaltbereit bekannt.“
Wäre das Ganze nicht so ernst, müsste man eigentlich herzhaft lachen. Denn diese eine Aussage entlarvt, dass man offensichtlich vom eigenen Aufgabengebiet keinerlei Ahnung hat. Die Dortmunder Amateurszene ist seit Jahren nicht negativ aufgefallen, dennoch wird man immer wieder durch Druck der ZIS (Zentrale Informationsstelle Sport) durch Parallelansetzungen bestraft. Der aktuelle Vorfall ist zusätzlich noch Wasser auf die Mühlen der Hardliner und Arschtritt für die gemäßigten und regulierenden Kräfte innerhalb der Fanszene. Den Fanprojekten und -betreuern wird es Zukunft sicher auch nicht leichter fallen, zwischen Fans und Polizei zu vermitteln, da zumindest beim MKÜ offensichtlich eine totale Diskussions- und Beratungsresistenz vorherrscht. Der eingangs zitierte Ausschnitt droht sich so immer weiter zu verfestigen. Da kann es auch keine Entschuldigung sein, dass die Kommunikation und der gegenseitige Respekt zwischen BFE (Beweis- und Festnahmeeinheit), USK (Unterstützungskommando), BPol (Bundespolizei), MKÜ (Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit) BePo (Bereitschaftspolizei) und SKBs (Szenekundige Beamte) offensichtlich nicht vorhanden ist. So werden Fans immer wieder zum Spielball von internen Kompetenzgerangel und den persönlichen Launen von Einsatzleitern. Für die einzelnen Fangruppen bleibt vor allem das Gefühl der Ohnmacht, da alle Selbstdisziplin scheinbar nicht anerkannt wird.
Die Polizei muss sich selber fragen, ob es sinnvoll ist diesen Pfad weiter zu beschreiten. Die Missachtung von positiven Entwicklungen und die fehlende Kompromiss- und Diskussionsbereitschaft auf Seiten einer Reihe von Polizeieinheiten wird auch zukunftig eine Annäherung zwischen Fans und Ordnungskräften kaum möglich machen.
mrg, 08.03.2011