Retournez Dede!
Als wäre die laufende Spielzeit nicht ohnehin reich an emotionalen Momenten, wird dieser Tage der Meisterschaftsendspurt noch flankiert durch die ganz persönlichen Abschiedstour von Leonardo de Deus Santos. Allein die letzten Tage dürften sich Dede dabei für immer ins Gedächtnis gebrannt haben.
Was ist das auch für eine Zeit? Am Sonntag, einen Tag vor seinem 33. Geburtstag, sitzt Dede einmal mehr auf der Bank. Doch als der Brasilianer sich in der zweiten Hälfte aufmacht, um sich vor der Nordtribüne warmzumachen, erheben sich plötzlich die Menschen von ihren Sitzen, sobald Dede an ihnen vorbei läuft. Das Spiel ist so gut wie entschieden und die Menschen ehren einen verdienten Borussen.
Wenig später ist es soweit: Es steht 3:0 und Dede bekommt ein kleines verfrühtes Geburtstagsgeschenk in Form der Einwechslung. Der kollektive Schrei seines Namens bei der Einwechslung erreicht nie dagewesene Lautstärke.
Und gestern dann, an Dedes Geburtstag, versammeln sich plötzlich mehr als Tausend Borussen in der Innenstadt, um dem scheidenden Linksverteidiger ein Ständchen darzubieten.
Was aktuell rund um Dede geschieht, ist phänomenal hinterlässt auch bei Jürgen Klopp spürbar Eindruck. Bei einem 3:0 zu feiern, so äußerte sich der Trainer nach dem Spiel, sei an sich nichts wirklich Besonderes. Doch die Art und Weise, wie einem verdienten Spieler in seinen letzten Wochen beim Verein gedankt werde, das sei schon etwas sehr Spezielles.
Und wirklich: Diese gegenseitige Bekundung von Respekt und Zuneigung sucht wohl nicht nur in Dortmund seines gleichen.
Dede und das Publikum - das ist seit jeher eine ganz besondere Beziehung gewesen. Unvergessen seine Anfangszeit in Dortmund: Von Beginn an offenbarte der junge Brasilianer genau die Spielweise, die man in Dortmund klischeehaft am meisten und von einem Brasilianer am wenigsten erwartet: Er knallte sich in jeden Zweikampf, setzte (wie immer ohne Schienbeinschoner) zu den zwar oft riskanten, jedoch praktisch jederzeit fairen Grätschen an und wurde schnell zum Liebling der Massen. "Allez Dede" schallte es schon bald nach jedem dieser Zweikämpfe von der Tribüne und der junge Dede drehte sich selbst im laufenden Spiel in Richtung Süd, um sich zu bedanken - der Anfang einer ganz besonderen Beziehung. Und wenn Dede heute bekennt, wie schwer ihm seinerzeit die Anfangszeit in Deutschland gefallen sei, dann waren es wohl - soviel Spekulation sei erlaubt - auch die Reaktionen im Stadion, die ihn in dieser Zeit wenigstens ein bisschen heimisch fühlen ließen.
Das Ganze hat auch einen weiteren positiven Nebeneffekt: Für all die jungen Spieler, die beim BVB unter Vertrag stehen, stellt Dede aktuell eine Art Blaupause dafür dar, was man beim BVB und in den Herzen der Anhänger durch lange Vereinszugehörigkeit erreichen kann. Wenn Dede also unter Tränen bekennt, mit seiner jahrelangen Treue zum BVB trotz besserer Gehaltsaussichten anderswo alles richtig gemacht zu haben, so darf man durchaus hoffen, dass diese Worte beim ein oder anderen seiner Noch-Mannschaftskameraden auch nachhallen. Die Botschaft ist klar: "Jungs, auch Ihr könnt bei der Borussia unsterblich werden."
Dede ist es längst geworden. Der Gedanke, dass der inzwischen wahrscheinlich deutscheste aller Brasilianer schon bald ein anderes Trikot tragen wird, stimmt wirklich traurig. Dass Dede dennoch derzeit genau die Anerkennung erfährt , die er sich in 13 Jahren Borussia mehr als verdient hat, dass die große Fanschar des BVB dieses sensationelle Gespür für den Moment beweist und sich dankbar zeigt gegenüber einem großen Borussen, das kann uns alle wirklich stolz machen. Stolz auf einen ganz besonderen Verein. Und natürlich auch stolz auf einen ganz besonderen Spieler, der hoffentlich im Anschluss an seine Spielerkarriere wieder zum BVB zurück finden wird.
Arne, schreibichnichtaus 2011