Was passierte in der Pause?
"Wer in der Halbzeit nach Hause ging und dann das Endresultat gesehen hat, konnte es wohl nicht glauben“, wies Trainer Wagner auf eine selten größere Diskrepanz zwischen den beiden Halbzeiten hin. Denn während unser BVB in der ersten Hälfte klar dominierend war, spielte man in den zweiten 45 Minuten ein paar Klassen schlechter und verlor letztlich verdient gegen die kleinen Leverkusener.
Es ist einfach ein schöner Auftakt in ein spätsommerliches Wochenende, wenn man an einem Freitagabend in unsere Rote Erde gehen kann, um das erste Heimspiel unser neu formierten Reserve begutachten zu dürfen. Nach dem souveränen 2:0-Auwärtssieg letzte Woche am Betzenberg stellten sich als Gegner heute die Nachwuchs-Laborfabrikanten aus Leverkusen vor. Deren Busunternehmen in Leverkusen übrigens in der Borsigstraße beheimatet ist. Der BVB ist eben doch irgenwie überall.
Zum Auftakt gab es für die Gäste ein 3:3 gegen die kleinen Blauen, nachdem man sogar schon mit 3:1 in Führung lag und wie der sichere Sieger aussah. Auf jeden Fall gibt es bessere Saisonstarts und vielleicht schleppte man dieses mentale Enttäuschung ja noch mit in die mit 845 Zuschauern akzeptabel gefüllte Rote Erde (leider schlug das Wetter eine gute halbe Stunde vor Spielbeginn stark um). Etwas problematisch ist es natürlich immer dann, wenn die Amateure vor unseren Profis spielen, da es dann so gut wie keine Profi-Unterstützung geben kann. Somit sah es personell auf schwarzgelber Seite so aus wie in Lautern letzte Woche. Selbst Marc Hornschuh als etatmäßige Nummer vier auf der Innenverteidigerposition im Verein begann heute, obwohl bei den Profis mit Hummels und Santana für das Spiel morgen in Hoppenheim nur zwei gelernte Spezialisten für diese Position zur Verfügung stehen. Interessanteste Figur auf der Leverkusener Seite war sicherlich Torwart Fabrice Vollborn (Sohn von Rüdiger und letzte Saison noch mit der A-Jugend in Brackel zu Gast).
Vor den Augen des Ex-Trainers Theo Schneider und BVB-Legende Thomas Hengen (bis heute weiß keiner, warum er damals im Heim-Derby 98/99 von Beginn an spielen durfte) sowie mit der singenden wie trommelnden Unterstützung der auch heute wieder anwesenden UvdA (Ultras von die Amateure) erwarteten um 19.02 Uhr die Anwesenden den Anpfiff des Schiris Schmitz aus der „Colonia Ulpia Traiana“ (Xanten). Das erste Foul pfiff er dann nach vier Sekunden gegen den BVB, gefühlter Rekord in fast zehn Jahren Berichterstattung übner die BVB-Amateure.
Spieler mit netter Geste
Kurz vor dem Anpfiff gab es übrigens eine schöne Geste der elf schwarzgelben Akteure, als sie sich bei unseren Amas-Anhängern explizit für die Unterstützung bedankten. Zum Spiel: Die bösen vier Minuten waren gerade absolviert, als Vrancic, dessen großer Bruder kurz zuvor für Braunschweig in Karlsruhe ebenfalls per Freistoß traf, aus knapp 25 Metern das Tor auf glitschigem Geläuf nur um Haaresbreite verpassen sollte. Und Vrancic prüfte auch Vollborn nach elf Minuten erstmals gefährlich. Seinen Schuss von der Straframgrenze konnte der Sohn des Rüdiger jedoch so gerade noch über die Latte lenken.
In der Folgezeit wurden dann zunächst Springer, Turm und Bauer rausgeholt, um gepflegt eine Partie Rasenschach zu zelebrieren, ehe die Rubrik „Tore aus dem Nichts“ ihren Auftritt hatte. Nach einer verunglückten Kopfballabwehr Unzolas parierte Zlatan in unserem Tor zunächst noch sehr gut den Schuss Biadas, sah dann aber mehr als unglücklich beim anschließenden Nachschuss Kreyers aus, wo der Ball ihm durch die Hände zu rutschen schien (26.). Vor dem Spiel hoffte Trainer Wagner noch auf das Führungstor, um gute Chancen auf den Sieg zu haben. Nun war genau das Gegenteil eingetreten und man war gespannt, wie unser Team mit dieser erstmaligen und ungewohnten Situation zurechtkommen werden würde. Die UvdA ließen sich jedenfalls nicht lumpen und gaben auf den Rängen weiter Vollgas.
Fünf Minuten vor dem Pausentee dann handballartige Zustände am Bayer-Strafraum. Ein abgefälschter Pass wird zur Kerze, Terrence Boyd dreht sich um seinen Gegenspieler und zieht dann mit rechts unanhaltbar zum Ausgleich ab. Geil gemacht! Und auch beim folgenden Jubellauf war der Neuzugang von Hertha II dann nicht zu halten. Charismatischer Typ irgendwie. Mit diesem insgesamt gerechtfertigten Ergebnis ging es denn auch in die Kabinen.
Gäste mit erneuter Führung
Die blau gekleideten Gäste aus dem Rheinland kamen etwas zielstrebiger und engagierter zurück auf das inzwischen sehr aufgeweichte Feld. Doch glücklicherweise konnte die beste Chance durch Opper von Alomerovic vereitelt werden. Gegen den durchgebrochenen Flügelstürmer blieb er nämlich einfach lange stehen und lenkte so den Ball zur Ecke (55.). Nur drei Minuten später zahlte sich dann jedoch das letzte Standard-Training der Gäste aus. Alle Blauen waren am Tuscheln, ehe Biada den Ball scheinbar ungefährlich flach von halblinks hereingab. Kein Gästeakteur wollte mehr den Ball berühren, da das Leder ganz gezielt Richtung lange Ecke rollte und dort auch zur erneuten Führung einschlug. Auch der neue BVB-“Manager“ und Nachfolger von Heinz Keppmann, Ingo Preuß, konnte es nicht fassen und schlug auf der Tribüne die Hände über dem Kopf zusammen. Ein wirklich dummes Gegentor.
Der BVB rannte jetzt eher kopflos an, ohne das Tor Vollborns gefährden zu können. Auf der Gegenseite kam stattdessen der Gast fast zur Vorentscheidung, als der eigensinnige Kreyer erneut am einfach stehen bleibenden Alomerovic scheiterte, anstatt auf den mitgelaufenen Kollegen zu passen (74.). Inzwischen war die Führung also mehr als verdient. Leider. Und nach 81 Minuten war es soweit. Schöner Pass des Vokalwunders Maouel (wo ist bloß das i geblieben?) in die Schnittstelle, Kreyer ließ diesmal Alomerovic keine Chance mehr und machte seine egoistische Szene von vorher somit wieder wett. Kurze Zeit später traf Biada gegen die nun indisponierte BVB-Deckung sogar noch den Pfosten (86.). Es blieb letztlich bei der 1:3-Niederlage.
Das nächste Spiel unserer Amateure findet nächsten Samstag – leider erstmals parallel zu unseren Profis – um 14 Uhr am Autobahnkreuz bei den Sportfreunden zu Lotte statt. In diesem Zusammenhang noch ein mitleidiger Gruß an den Spielbeobachter unserer Zweiten. Denn der jeweils nächste Gegner spielt am Spieltag zuvor stets gegen die zweite Mannschaft der Blauen. Ob es wohl eine Schmerzensgeldzusage diese Saison geben wird?
Stimmen zum Spiel
Terrence Boyd: Wir haben in der zweiten Hälfte nicht mehr so den Willen an den Tag gelegt wie noch in der ersten Halbzeit. Das war ausschlaggebend. Leverkusen wurde gar nicht mal wesentlich stärker oder hatte den größeren Willen. Es lag an uns.
Die Fan-Unterstützung hier bei den Amateuren ist grandios für eine zweite Mannschaft. So etwas habe ich noch nicht erlebt. In Zukunft wollen wir natürlich den Fans für diese Unterstützung auch viel zurückgeben.
Matthias Mink (Trainer Leverkusen II): Das Spiel letzte Woche war schon sehr intensiv, heute auch. Alle jungen Spieler hier waren begeisterungsfähig und enthusiastisch. Das zeigte sich dann auch im sehr körperlichen Spiel und wir hatten in der ersten Hälfte Probleme, Zugriff aufs Spiel zu kriegen und kamen gar nicht in die Zweikämpfe. In der zweiten Halbzeit haben wir uns dann zwangsläufig gute Möglichkeiten erspielt und dann auch genutzt. Wenn man die zweite Hälfte zu Grunde legt, haben wir auch verdient gewonnen.
David Wagner (BVB II): Wer in der Halbzeit nach Hause geht und dann das Endresultat sieht, glaubt es wahrscheinlich nicht. Zunächst haben wir an Lautern angeknüpft und haben nach dem Gegentor gut reagiert. Nach der Halbzeitpause hatten wir dann aber überhaupt keinen Zugriff mehr, wirkten nicht mehr frisch und kamen nicht mehr in die Zweikämpfe. Deshalb haben wir zu viele Zweikämpfe in der zweiten Hälfte zugelassen. Unter dem Strich steht dann eben die Niederlage und die fühlt sich natürlich nicht sehr gut an.
Daten zum Spiel
BVB II (4-2-3-1): Alomerovic – Huebner, Hornschuh, Halstenberg, Unzola (82. Soltanpour) – Paurevic, Vrancic (70. Benatelli)– Hofmann, Treude, Baykan (77. Möllering)- Boyd
Leverkusen II (4-1-4-1): Vollborn – Opper, Weiler, Nauber, Ziesing (46. Lima Ribeiro) – Temeltas (77. Lanwer)– Hirsch, Biada, Riedel, Maouel – Kreyer (87. Kalski)
Tore: 0:1 Kreyer (26., Linksschuss, Vorarbeit Biada), 1:1 Boyd (40., Rechtsschuss), 1:2 Biada (58., Rechtsschuss, dir. Freistoss), 1:3 Kreyer (81., Rechtsschuss, Maouel)
Zuschauer: 845
SR: Schmitz (Xanten)
Chancen: 3:7
Ecken: 7:3
Gelbe Karten: Vrancic (36., Foulspiel), Boyd (48., Ellbogeneinsatz im Luftzweikampf), Halstenberg (72., Foulspiel)
Malte, 12.08.2011