Der Paparazzo unter uns
Am 06.12. traf man sich traditionell in kleinerer Runde zur Fanclub-Weihnachtsfeier. Schon unter Michael Meier eingerichtet, bot die Weihnachtsfeier immer einen Rahmen, um Mannschaft und Vertreter der Fans zusammenzubringen. Auch wenn die sportliche Lage mal nicht gut und die Stimmung dementsprechend auch mal schlechter war, man hat diese Feier jedes Jahr wieder abgehalten. Ein wichtiger Teil dieser Veranstaltung war immer, dass die Presse von diesem Treffen ausgeschlossen war, damit die Atmosphäre ungezwungen sein konnte. Die Medien im BVB-Umfeld folgten dieser Vorgabe all die Jahre auch ohne Probleme.
Dieses Jahr hat sich aber ausgerechnet die Zeitung mit den vier großen Buchstaben dann doch indirekt Zutritt verschafft. Denn vor den Bild-Leserreportern scheint man nirgends mehr sicher zu sein. Für maximal 250 € und einen Tag zweifelhaften Ruhm fotografieren diese sich durch ihr Leben und verkaufen die Privatsphäre anderer. Nun hat es also die BVB-Weihnachtsfeier erwischt. Irgendein Fan aus unserer Mitte hat nichts Besseres zu tun, aus der Einladung des BVBs noch Profit zu ziehen und seine Fotos an die Zeitung zu verkaufen. Das ist schwer enttäuschend für den BVB und auch für seine Mitfans.
Der BVB fragt sich mit Recht, ob man die Veranstaltung in dieser Form weiterführen kann, denn gerade solche Fotos konterkarieren die offizielle Sprachregelung zur aktuellen sportlichen Lage. Über Sinn oder Unsinn dieser Sprachregelung braucht man hier nicht diskutieren, aber dass ausgerechnet ein Fan der Medienmeute die Knochen hinwirft, nach denen sie giert, ist einfach nur peinlich für uns alle. Damit hat eine Person es für lausige 250 € geschafft, eine Tradition in Frage zu stellen, die für die Bindung zwischen Fans und Mannschaft sehr wichtig ist.
Ist der eigene Stolz nur 250,00 € Wert?
Schließlich wurden die Bilder an eben jene Zeitung verkauft, mit denen das BVB-Umfeld sowieso schon seine Schwierigkeiten hat. Legendär sind wohl die verbalen Auseinandersetzungen zwischen Jürgen Klopp und den Bild-Sportreportern, und auch die Fans haben schon häufig ihren Unmut über dieses Blatt geäußert. Es ist für viele Fans völlig unverständlich, wie man ausgerechnet mit dem Blatt paktieren kann, das sich schon mehrfach undifferenziert und negativ über die Anhänger des BVB geäußert hat oder schamlos die Bilder eines tödlich Verunglückten veröffentlicht. Richtig, die Zeitung schlachtete den Moment aus, als einer der Unsrigen aus unserer Mitte gerissen wurde, auf unserer Südtribüne, in unserem Wohnzimmer. Fotos von der verhüllten Leiche und eine schmarotzige Geschichte wurden geschrieben und veröffentlicht, um die Auflage zu erhöhen.
Ist die Gemeinschaft nur 250,00 € Wert?
Solche Aktionen untergraben zusätzlich das Vertrauen der Fans untereinander. Viele schätzen es nicht, in den Medien aufzutauchen. Nicht jeder will, dass sein Arbeitgeber weiß, wie die persönliche Wochenendbeschäftigung aussieht - auch wegen jener Klatschblätter, die dann häufig ihre ganz eigenen Versionen der Geschehnisse präsentieren. Doch nun muss man hinter jedem Handynutzer gleich einen Leserreporter vermuten? Kann man nicht mal auf private Veranstaltungen seines Vereins gehen ohne sicher davor zu sein, am nächsten Morgen in der Zeitung zu sein?
In der Summe bleibt, dass eine Person die Nachbereitung der Weihnachtsfeier zu einer wirklich unerfreulichen Arbeit machte. Ein Einziger hatte es zumindest vorerst geschafft, eine schöne und sinnvolle Tradition in Frage zu stellen und all die anderen Fans mit in Sippenhaft zu nehmen.
mrg, 09.12.2010