Olé Dede
Ein Leonardo Dede auf der Bank? Vor zweieinhalb Jahren noch wäre diese Vorstellung in den Köpfen aller schwatzgelben Anhänger unvorstellbar, geradezu lächerlich gewesen – ausgerechnet unser Dede! Der sympathische Brasilianer, der sich in seinen zwölf Jahren beim BVB mit qualitativ hochwertigem Fußball und durch seine genauso offene wie ehrliche Art in unsere Herzen gespielt hat.
Doch viel Zeit ist seit dem Sommer 2008 ins Land gegangen. Auf Thomas Doll folgte Jürgen Klopp und mit ihm kehrte eine ganz neue Philosophie in die von Pleiten, Pech und Pannen malträtierten Gefilden des Westfalenstadions ein. Oder sollte man lieber sagen, überhaupt eine Philosophie? Sahin, Großkreutz, Bender, Götze, Kagawa, Schmelzer – um nur ein paar zu nennen – sind die neuen Dortmunder Prototypen. Von Volkshelden wie Alex Frei verabschiedete man sich.
Noch trägt unsere Nummer 17 das schwatzgelbe Leibchen mit dem BVB-Emblem auf der Brust. Den BVB hat er in seinen 12 Jahren lieb gewonnen wie kaum ein zweiter. Doch nun drängt sich die Frage nach seiner restlichen Verweildauer bei der Borussia immer mehr in den Vordergrund. Sein Vertrag läuft im Sommer nächsten Jahres aus. Die Leidenszeit des einst unumstrittenen Stammhalters hinten links begann am 16. August 2008, als sein Kreuzband beim Bundesligaauftakt in Leverkusen riss. Seitdem füllte sich die Krankenakte des Brasilianers mit dem einst so guten Heilfleisch stetig, was eine Rückkehr in die Mannschaft unmöglich machte. Weitere Sprunggelenks- und Kapselverletzungen im September verhinderten zudem den erhofften Neustart zum Saisonbeginn.
So bedurfte es also der Schützenhilfe Mike Deans, welche Dede nach langer Wartezeit zurück in die Startelf beförderte. In gewohnter Manier lieferte er am Donnerstag gegen Paris eine solide Defensivleistung ab und konnte sich ein ums andere mal ins Spiel nach vorne einbringen. Untermalt natürlich von „Olé-Dede“-Sprechchören in seinem zweiten Wohnzimmer. Zwar noch nicht ganz der Alte, doch trotzdem sah man: Dieser Dede hat nichts verlernt.
Am Sonntag gegen Hopps Schergen wird er allerdings wieder auf der Bank Platz nehmen müssen. Marcel Schmelzer ist es doch tatsächlich gelungen, sein Vorbild zu verdrängen. Der 22-jährige Europameister von 2009 hat eine rasante Entwicklung hinter sich. Seine defensiven Pflichten erledigt er mit großer Zuverlässigkeit und auch ins Angriffsspiel der Borussia bringt sich der talentierte Linksfuß zunehmend gewinnbringend ein. Auf Dauer wird ihn sein Weg – in einem Land, in dem Linksverteidiger von dieser Qualität Mangelware sich- in die Nationalelf führen.
Kein Platz mehr also für Dede, der mittlerweile ebenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt?
Trotz der aktuellen sportlichen Kräfteverhältnisse kann ein Routinier und waschechter Führungsspieler wie Dede der jungen Mannschaft mit seinem großen Erfahrungsschatz und in Zeiten der – hoffentlich noch lange anhaltenden – Dreifachbelastung sowohl auf, als auch neben dem Platz helfen. Gefühlt alle zwei Tage tritt der BVB auf irgendeinem Fußballplatz in Europa zu einem Pflichtspiel an. Das wird auf Dauer Spuren hinterlassen. Dann wird einer wie Leonardo Dede gebraucht. Es sei, so sagte Klopp, angesichts der Dauerbelastung so einfach wie nie, in die Startelf zu rücken.
Doch – Stand jetzt - wird der 22-jährige Schmelzer auf lange Sicht die Nase dem 32-jährigen Publikumsliebling haben. Gemeckert hat Dede nie, so kennt man ihn. Trotzdem wird er sich mit einem Platz auf der Bank nicht zufrieden geben und auf dem Trainingsplatz richtig Dampf unterm Kessel machen. Kubas ansteigende Formkurve ist ein Beweis dafür, wie sehr Konkurrenz das Geschäft beleben kann.
Im Februar will sich Susi Zorc mit dem Brasilianer über die mögliche Verlängerung seines Kontraktes unterhalten. Fest steht: Leonardo Dede stand 2007 kurz vor einem Wechsel zu AS Rom. Er hat sich damals für den BVB und seine Fans entschieden. Es wäre nur zu wünschen, wenn der BVB sich diesmal für unsere Nummer 17 entscheiden würde.
MalteS, 22.10.2010