Spielbericht Profis

Ein großer Schritt Richtung Europa

03.04.2010, 00:00 Uhr von:  Christoph
Ein großer Schritt Richtung Europa
Kevin macht den Lucas nass

Bei Sonnenschein laufen die beiden Mannschaften zum Warmlaufen in das bereits prall gefüllte Westfalenstadion ein. Beim abschließenden Torschusstraining weht ein kalter Wind durch das Stadion und die Sonne ist hinter grauen Wolken verschwunden. Aprilwetter! Ähnlich wie das Wetter, so auch die Gemütslage vieler Fans. Ein Blick auf die Tabelle verspricht zwischen himmelhoch jauchzend und zu tiefst betrübt alles. Unsere Borussia bestreitet ein „Endspiel“ um die internationalen Ränge gegen den direkten Tabellenkonkurrenten.

Bei einem Sieg könnten die ersten Flüge nach Europa gechartert und gar von der Königsklasse geträumt werden. Eine Niederlage hingegen würde das „Projekt, international zu spielen“ arg gefährden. Aber nicht nur das eigene Spiel steht heute im Mittelpunkt, sondern auch das Spiel unserer Nachbarn gegen den FC Bayern. Bei einem Sieg der „Blauen“ wäre ihnen die Meisterschaft kaum noch zu nehmen. Gesänge der Südtribüne unterstreichen die Gefühlswelt bezüglich des Spiels nur unweit des Westfalenstadions entfernt. Ein lautes „Schalalala …Scheixxe 04“ hallt durch das Stadion. Minuten vor dem Anpfiff kocht die Südtribüne.

Protest auf der Süd durch THE UNITY

Als Schiedsrichter Babak Rafati die Spieler aus den Kabinen bittet, sind beide Mannschaften kaum verändert gegenüber dem letzten Spieltag. Bei Borussia rückt Mats Hummels in die Mannschaft für Felipe Santana. Bei den Hanseaten fehlten mit dem rotgesperrten Frings sowie Niemeyer und Borowski gleich drei Mittelfeldspieler. Dagegen konnte Wiese trotz einer Trainingspause unter der Woche das Tor hüten.

Der BVB spielt mit der gewohnten 4-2-3-1-Formation. Thomas Schaaf stellt wegen der personellen Ausfälle das Spielsystem um. Statt mit einer „Doppelsechs“ läuft Werder in einem 4-4-2-Korsett mit Mittelfeldraute auf.

Protest im Gästeblock durch die Wanderers Bremen

Zum Einlaufen der Mannschaften wird auf der Südtribüne neben zahlreichen Fahnen auch ein Spruchband mit folgendem Spruch im Block 13 präsentiert: „Fans raus - Verbote rein - Soll das Eure Lösung sein? Gegen Pauschalurteile!“ Von Beginn an geben beide Fan-Lager alles, Dauersupport auf beiden Seiten. Auch auf dem Platz geht es munter hin und her. Gleich in der 3. Minute eine gute Möglichkeit für Lucas nach schöner Vorarbeit von Owomoyela, doch Bremen kann in letzter Sekunde klären. Nur eine Minute später ergibt sich eine gute Schussmöglichkeit aus knapp 20 Metern für Kevin Großkreutz. Doch der Schuss gleicht eher einem Rückpass und geht zwei Meter am Tor vorbei. Zwei Minuten später schallt ein lautes „Wir sind alle Dortmunder Jungs“ von der Süd. Unser Dortmunder Junge hat nach hervorragender Flanke von Owomoyela das 1:0 geköpft. Dortmund ist Herr im Haus. Bremen wirkt trotz des Rückstandes bei weitem nicht geschockt, sondern spielt weiter konzentriert nach vorne und erspielt sich in kürzester Zeit drei Ecken. Die Zuschauer erleben ein klasse Fußballspiel mit Chancen auf beiden Seiten.

Jubel um Kevins 1:0

Auf Dortmunder Seite hat Lucas die Gelegenheit, per Kopf auf ein 2:0 zu erhöhen, auf der anderen Seite fällt nach einer Ecke fast der Ausgleich durch Pizarro. Nach einer tollen Flanke von links durch Schmelzer kann ein Bremer so gerade noch vor Lucas zur Ecke klären. Ecke - Kopfball-Tor durch Subotic. Gänsehaut pur! 2:0 nach 24 Minuten. Doch es ist noch lange nicht Schluss. Die Emotionen kochen hoch. Gefühle, für die man zum Fußball geht. Auf der Anzeigentafel erscheint das 0:1 und das 0:2 in Gelsenkirchen. Das GANZE Stadion erreicht die Siedetemperatur. Zurück auf dem Rasen, auf dem unsere Borussia weiterhin den Ton angibt und Fußball wie aus dem Lehrbuch zelebriert. Das Spiel über die linke und rechte Seite sorgt in regelmäßigen Abständen für viel Wirbel im Strafraum der Bremer. Auf Bremer Seite sind es vor allem Marin und Özil, die für Unterhaltung sorgen. Doch am Ende soll es Pizarro sein, der für Jubel im Bremer Block sorgt. Aus dem „Nichts“ taucht er frei vor Weidenfeller auf. Dieser hält den ersten Schuss noch, jedoch zappelt der Nachschuss im Netz. Neben den vielen Bremer Fahnen schwenkt auch der Schiedsrichter-Assistent zur Freude des schwatzgelben Anhangs mit seiner Fahne - Abseits! Durchatmen und mit einer verdienten 2:0-Führung in die Halbzeit gehen.

Jubel um Neven Subotics 2:0

Zur 2. Halbzeit wechseln beide Trainer aus. Auf Seiten der Bremer verlässt Marin für Jensen den Platz. Bei Borussia kommt Bender für Kehl. Kehl muss den Platz verletzungsbedingt verlassen. Eine Reizung des Adduktorenbereichs macht ihm zu schaffen. Sein Einsatz gegen Mainz soll allerdings nicht gefährdet sein.

Bremen kommt mit einer frischen „Nordbrise“ aus der Kabine und erspielt sich binnen der ersten beiden Minuten gleich zwei gute Tormöglichkeiten. Die größte davon hat Pizarro, dessen Schuss nur Zentimeter am Tor vorbeistreicht. Die Südtribüne hingegen erwacht aus ihrem Halbzeitschlaf. „Auf geht’s Dortmund, kämpfen und siegen!“

Hin und wieder ein Ausrufezeichen der Borussia aus der zweiten Reihe. So auch in der 54. Minute von Kuba, der einfach aus 16 Metern Torentfernung einen Schuss abgibt, der knapp über das Tor hinweg geht. Ansonsten läuft die Offensive der Borussia nur schleppend an.

Barrios gegen Meretsacker

Nicht ganz so knapp über das Tor geht der Schuss von Pizarro in der 60. Minute, der mit voller Wucht gegen die Latte knallt. Zuvor hatte sich im Spielaufbau einen katastrophalen Fehlpass erlaubt und dadurch die Chance der Bremer ermöglicht. Der Schlendrian ist bei Borussia eingekehrt. Unnötige Fehlpässe ermöglichen den Bremern immer leichter, vor das Tor der Dortmunder zu kommen. Der Anschlusstreffer war eine ganze Verkettung von Fehlern. Leicht gibt man den Ball in der gegnerischen Hälfte her und bringt ihn erst wieder unter Kontrolle, wenn er im Tornetz zappelt. Aaron Hunt erzielt mit einem satten Schuss den Anschlusstreffer. Das Spiel droht zu kippen, weil Bremen seine alte Liebe zur Offensive entdeckt hat und Dortmund nicht mehr von seinem Fehlpassspiel abrücken möchte (kann). Zidan, der bis dato ein ordentliches Spiel abgeliefert hat, muss verletzungsbedingt den Platz verlassen. Für ihn kommt Hajnal in die Partie. Zehn Minuten später (75. Minute) muss auch Hummels den Platz verlassen, für ihn kommt Santana. Bremen beginnt mehr und mehr in Richtung Dortmunder Gehäuse zu drücken.

Dortmund weiterhin mit viel Leidenschaft, aber zu oft unglücklich und mit kaum Durchschlagskraft nach vorne. „Ole jetzt kommt der BvB“ wird von der Südtribüne angestimmt - der 12. Mann versucht das Spiel in die richtige Richtung zu lenken. Bremen wirft alles nach vorne und schnürt den BvB in seinem Strafraum ein. Wie Haifische umzingeln sie ihr angeschlagenes Opfer und warten auf den richtigen Moment um zuzuschlagen. Selten kommt Dortmund zur Entlastung und wenn, werden beste Konterchancen kläglich vergeben. Das Spielt steht lange auf der Kippe. Knapp 77.000 Zuschauer im ausverkauften Westfalenstadion zittern mit ihrer Mannschaft. Vier Minuten vor Schluss ein Aufbäumen und endlich etwas Entlastung für Borussia. Schmelzer zwingt Wiese aus gut 16 Metern zu einer Glanzparade. Das Stadion steht. Gleich zwei Großchancen für Lucas in der 87. und 89. Minute in Folge. Beide verfehlen das Tor nur knapp. Die Entscheidung hätte inzwischen fallen müssen. Doch Lucas ließ sämtliche Torjägerqualitäten heute vermissen.

Klopp und Neven Subotic

Ein Spiel, das den Titel „ Finale“ zu recht trägt - nein, getragen hat! Dortmund gewinnt verdient 2:1! Leverkusen verliert gegen Frankfurt und Gelsenkirchen verliert gegen die Bayern! Gefühlter Sommer im April im sonnendurchfluteten Westfalenstadion. Und ich verspreche hoch und heilig: Es ist kein Aprilscherz!

Stimmen der Pressekonferenz

Schaaf:
In der 2.Halbzeit hat man ein Spiel gesehen, welches man das ganze Spiel über gerne gesehen hätte. Wir sind zu spät in das Spiel gekommen. Wir haben die erste Halbzeit hergegeben und Dortmund hat uns keine Chance gelassen. In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, dass es auch anders geht.

Klopp an der Seitenlinie

Klopp:
Kaum eine Analyse macht mehr Spaß als die letzten Spiele gegen Werder Bremen. Wir haben tolle Tore in der 1. Halbzeit und in der zweiten Halbzeit haben wir dann einige Fehler gemacht. Wir hätten uns einen großen Gefallen tun können, hätten wir das 3:0 gemacht. Aber wir haben auch nicht erwartet, die Bremer aus dem Stadion schießen zu können.

Noten:

Weidenfeller: Strahlte während des Spiels Sicherheit aus. Zeigte einige sehr gute Paraden und war beim Gegentor machtlos (2+)

Subotic: Solide mit gutem Stellungsspiel und vielen gewonnen Zweikämpfen und einem Tor (2)

Hummels: Ähnlich wie Subotic mit einem guten Stellungsspiel und einer guten Zweikampfführung (2-)

Solide und Zweikampfstark (3+)

Owomoyela: Wandelt immer zwischen Genie und Wahnsinn. Heute überwog das Genie. Besonders in der ersten Halbzeit machte er mächtig Druck über die rechte Seite und bereitete das 1:0 wunderbar vor (2-)

Schmelzer: Fleißig, emsig und zweikampfstark (2-)

Kehl: Übernahm wieder Verantwortung im Mittelfeld und strahlte Sicherheit aus (2-)

Sahin: Viele Fehlpässe und vermochte kaum kreative Impulse zu setzen (4)

Zidan: Immer anspielbereit, allerdings auch mit vielen Stockfehlern (3)

Kuba: Sorgte für viel Wirbel, strahlte aber kaum Torgefahr aus (3)

Läuferisch und kämpferisch top und erzielt das 1:0 (2-)

Großkreutz: Läuferisch und kämpferisch top und erzielte das 1:0 (2-)

Lucas: Unscheinbar bis auf 4 Torschüsse und „verhindert“ die frühzeitige Entscheidung zu Gunsten unserer Borussia (4-)

Bender: Solide und Zweikampfstark (3+)

Hajnal: Viele leichte Fehlpässe und torungefährlich (4-)

Santana: Kommt rein und ersetzt Hummels gleichwertig (2-)

Spieldaten:

Torschüsse: 14:15
Ecken: 5:8
Flanken: 10:16
Ballkontakte: 48%:52%
Zweikämpfe: 50%:50%
Fouls: 14:17
Abseits: 7:5
Die meisten Torschüsse:
Lucas (4)
Pizarro (4)
Die meisten Torschussvorlagen:
Sahin (5)
Özil (6)
Die meisten Ballkontakte:
Owomoyela (85)
Fritz (82)

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