Kaltfüßig ins Finale
Fußballspiele auch unter der Woche – ein weiteres Geschenk, mit dem uns die Borussia in dieser Saison erfreut und solche Reisen wie nach Baku, Lemberg oder Paris sind mehr, als nur angenehme Randerscheinungen dieser grandiosen Saison. Zudem wissen wir seit Donnerstag: Der BVB mischt dank seines Rundum-Sorglos-Sieges gegen die Karpatenhunde aus Lwiw und des 4:2-Sieges von Paris Saint Germain über Sevilla weiter mit um den Einzug in die K.O.-Runde.
Rund ums Westfalenstadion
Die Atmosphäre an diesem frühen Abend in den Dunstkreisen des verschneiten Westfalenstadions ist ruhig, ja fast schon weihnachtlich-besinnlich. Optisch erinnert das ganze an einen bitterkalten Feiertag vor gut einem Jahr. Doch der Ballspielverein hat die 100 längst vollgemacht und dort, wo sich sonst mehr als 80.000 tummeln, haben sich diesmal 40.100 zusammengefunden, was für diesen Rahmen allerdings eine gute Zuschauerzahl ist. Denn man hätte sich auch auf dem Sofa mit ein bis drölf Bier in der Hand gemütlich in die Wolldecke einkuscheln können, um das Spiel im Fernsehen zu verfolgen. Nun verwundert es auch nicht, dass die FIFA-Mafia gerade an solch einem Tag bekannt gibt, ihre Zelte 2018 und 2022 in Russland beziehungsweise Katar aufzuschlagen und vermutlich ebenso schnell wieder abzureißen. Aber hey, Borussia spielt!
Erste Hälfte
Auf dem Platz nämlich versteht es die BVB-Bande – die im Gegensatz zum Gladbach-Spiel mit Großkreutz und Lewandwoski anstatt Jungspund Götze und dem verletzten Barrios aufläuft – die Herzen seiner Anhänger schnell zu erwärmen. Bereits nach fünf Minuten netzt Kagawa, völlig freistehend und nach präziser Sahin-Flanke, mit dem Kopf ein – 1:0. Trotz des frühen Tores allerdings kein schwatzgelbes Anrennen aufs Karpatentor. Vielmehr kontrolliert der BVB Spiel und Gegner und versteht es, mit geschicktem Vertikalspiel und gelungenem Angriffen über die Flügel gezielte Nadelstiche zu versetzen.
Nach 13 Minuten ist es nämlich Robert Lewandwoski, der von der Tatsache, bei Subotics feinem Heber aus dem Halbfeld anscheinend nicht im Abseits gestanden zu haben, so überrascht ist, dass er freistehend aus fünf Metern Keeper Rudenko anschießt. 09 Minuten später benötigt der wieselflinke Shinji nur zwei Körpertäuschungen, um seine Bewacher abzuschütteln. Den anschließenden Schuss aus knapp sechs Metern zieht er leider knapp vorbei. Ebenso Großkreutz, dessen Heber nach einem laaaa[…]ngen Weidenfeller-Freistoß neben das Tor kullert. Einziger Vorwurf in einem Spiel, das unser BVB problemlos dominiert: Die Chancenausbeute ist zu gering.
In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit vergibt Kagawa nämlich eine weitere Gelegenheit aus aussichtsreicher Position, diesmal hatte ihn Kuba schön in Szene gesetzt. Offenbar haben sich die Qualitäten unseres Edeljapaners noch nicht bis in die Ukraine rumgesprochen. Ansonsten gibt es keine Erklärung, warum er abermals vollkommen allein gelassen wird.Auf der anderen Seite ist vom heraufbeschworenen Siegeswillen der Karpatentruppe wenig zu spüren. Die Defensive um den heute bärenstarken Mats Hummels lässt in gewohnter Manier kaum etwas zu und auch einen Elfer bekommt Lwiw kurz vorm Halbzeitpfiff zurecht nicht. Versüßt wird der Gang in die Kabine von der frohen Kunde, dass Paris zur selben Zeit mit 3:2 gegen Sevilla führt (nachdem die Pariser zuvor eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben hatten).
Zweite Hälfte
Die letzten 45 Minuten werden mit einem mittlerweile vertrauten Ereignis eingeläutet: Abermals gelingt es unserer Borussia, kurz nach Wiederanpfiff eine Bude zu machen. Sahins butterweicher Freistoß von halb-rechts findet haargenau den Kopf von Mats Hummels, der die orangefarbene Kugel gekonnt unter die Latte befördert. Ein Tor zu einem perfekten Zeitpunkt. Unser frisch gebackener Nationalspieler krönt damit seine herausragende Leistung, bevor er sechs Minuten später noch einen drauf setzt, als er sich den Ball in der gegnerischen Hälfte erobert, zwei Mann austanzt und den dritten nach feinem Zusammenspiel mit Lukasz Piszczek tunnelt. Szeneapplaus von den Tribünen. In Minute 67 erhebt sich das Stadion auch für den agilen Shinji, der neben Sahin und Hummels an diesem Abend einer der herausragenden Akteure ist. Sein gelungenes Comeback nach monatelanger Pause darf Mo Zidan feiern. Seine solide Leistung lässt hoffen, dass der Ägypter den Verteidigern sicher nicht erst im Januar wieder Knoten in die Beine spielen wird. In diesem Sinne: Herzlich Willkommen zurück!
Während Lwiw weiterhin kein probates Mittel gegen die BVB-Bande findet, greifen die BVB-Fans, ausgehend von der Südwest-Ecke, zur Situationskomik: „Wir haben eiskalte Füße!“ und „Wir woll’n ne Fußbodenheizung!“ schallt es durch die Weiten des Westfalenstadions. Wirklich lustig und kreativ. Generell passt die Stimmung sich an diesem Abend, bis auf ein paar laute Momente, immer mal wieder den flachen und ereignislosen Phasen des Spiels an. Gerade in solchen Situationen wäre es im Sinne aller wünschenswert, wenn auf den Tribünen im Süden mehr miteinander als gegeneinander gesungen wird. Kurzzeitig war man dort in drei Gesangsverbunde geteilt.
Dem sicheren Sieg vor Augen folgen gegen Ende des Spiels zwei Schüsse von Mo (78.) und Lewandowski (79.), bevor Piszczek nach schönem Doppelpass mit dem Erzatz-Panther aus aussichtsreicher Position verzieht. In Minute 89 ist es eben jener Lewandwoski, der mit seinem Tor zum 3:0, ein abgefälschter Schuss aus 15 Metern war’s, den Schlusspunkt eines nie gefährdeten Sieges setzt. Den Pass gab wieder einmal Nuri Sahin. Besonders schön mit anzusehen: der Jubelpulk aller elf Borussen im Anschluss an das dritte Tor. Als würden die Jungs sich nach getaner Arbeit noch auf ein Pils in der Innenstadt treffen.
Fazit
Nach diesem hoch verdienten Sieg gegen Lwiw kommt es also zum erhofften Endspiel am 15. Dezember in Sevilla. Ein Sieg und man ist weiter. Erstaunlich ist die Entwicklung unserer jungen Mannschaft seit dem Hinspiel in Lemberg. Stand man dort trotz 2:0-Führung kurz vor einer Niederlage, wurde das Ding am Donnerstagabend mit bemerkenswerter Ruhe nach Hause gefahren. Wir halten fest: Das Team muss im Hinblick auf das Finale in Sevilla keine kalten Füße bekommen. Und das liegt nicht an den frühlingshaften Temperaturen in Spanien.
Aufstellungen und Tore
BVB: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender (67. da Silva), Sahin - Kuba, Kagawa (67. Zidan), Großkreutz (80. Le Tallec) - Lewandowski.
Lwiw: Rudenko - Fedetskiy, Checher, Tubic, Danilo Avelar - Godwin (77. G. Baranets) - Tkachuk, Khudobyak - Kozhanov (86. B. Baranets), Kuznetsov, Kopolovets (62. Guruli).
Schiedsrichter: Braamhaar (Niederlande)
Tore: 1:0 Kagawa (5., Sahin), 2:0 Hummels (49., Freistoß Sahin), 3:0 Lewandowski (89., Sahin).
Gelbe Karten: Kopolovets und Godwin.
Noten
Lukasz Piszczek: Defensiv mit kleinen, jedoch folgenlosen Unsicherheiten. Brachte sich dafür aber gewinnbringend in die Offensive ein. Note 3
Neven Subotic: Trug dazu bei, dass es durch die Innenverteidigung kein Durchkommen gab. Note 2
Mats Hummels: Eine super Leistung des Nationalspielers. Hinten verdammt zweikampfstark, vorne krönte er seinen Einsatz mit dem 2:0. Note 1,5
Marcel Schmelzer: Nur wenige ukrainische Angriffe kamen über seine Seite. Wenn, dann war er zur Stelle. Nach vorne ging allerdings kaum etwas. Note 3
Sven Bender: Hielt Spielmacher Nuri Sahin mit einer soliden Leistung einmal mehr den Rücken frei und konnte auch offensiv Akzente setzen. Note 2,5
Nuri Sahin: Über ihn lief (fast) alles im Spielaufbau, bereitete alle drei Tore vor. Note 1,5
Jakub Kuba: Wenn es beim BVB über die Flügel ging, dann meist über rechts und somit auch über ihn. Legte Kagawa kurz vor der Halbzeit stark auf. Note 2,5
Shinji Kagawa: Mal wieder bärenstark am Ball und eine der Dortmunder Schlüsselfiguren. Erzielte per Kopf das 1:0 und hätte noch weitere Tore folgen lassen können. Note 1,5
Kevin Großkreutz: Engagierte Leistung des Dortmunder Jungen, sowohl hinten als auch vorne. Note 3
Robert Lewandowski: War oft mittendrin, wenn es Richting gegnerisches Tor ging. Das wurde am Ende mit dem 3:0 belohnt. Note 2
Mohamed Zidan: Zeigte in Ansätzen seine großen Talente. Fürs erste ein gelungenes Comeback nach monatelanger Verletzung. Note 3
Toni da Silva: Kam wie Zidan in der 67. Minute und blieb weitgehend unauffällig. Er muss sich ja nicht jedes mal einen Traumpass aus dem Fußgelenk schütteln. Note 3,5
Damien Le Tallec: Auch er feierte die Rückkehr ins Team, allerdings erst zehn Minuten vor Schluss. Dafür gibt's keine Note.
Trainerstimmen
Jürgen Klopp: "Ich bin mit dem Ergebnis und unserer Herangehensweise sehr zufrieden. Wir waren, bis auf ein, zwei Situationen, über 90 Minuten hoch konzentriert, was Spielaufbau und Ballkontrolle angeht. Nicht all unsere Chancen sind rein gegangen, aber das ist normal. Wichtig war, dass die Zeitpunkte der Tore perfekt waren: Eins kurz nach Anpfiff, eins kurz nach der Pause und eins kurz vor Schluss. Karpaty ist eine tolle Mannschaft und ich gehe davon aus, dass sie Paris schlagen werden."
Oleg Kononov: "Ich kann meinem Team keinen Vorwurf
machen, wir haben heute gegen das stärkste Team Deutschlands gespielt.
Doch ich bin mit dem Schiedsrichter nicht zufrieden, meiner Meinung nach
waren die Tore eins und drei irregulär. Zudem haben wir heute ohne
unsere fünf Besten gespielt. Mit den Verletzten und einer anderen
Schiri-Leistung wäre das Ergebnis anders gewesen. Deshalb bin ich nicht
zufrieden mit dem Spiel"