Am Ende von der Schanz gefallen
Mal wieder Flutlichtatmosphäre in der altehrwürdigen Roten Erde und mal wieder setzt es eine Heimniederlage. Diesmal durch den Aufstiegskandidaten FC Ingolstadt. So weit, so normal könnte man denken. Doch ganz so einfach ist die Wahrheit nicht. Denn die Amateure vom BVB 09 agierten über weite Strecken der Partie auf Augenhöhe mit dem höher eingeschätzten Gegner und das Gegentor fiel, als man sich eigentlich bereits auf ein Unentschieden geeinigt zu haben schien.
Der Gegner: FC Ingolstadt 05-01 der kleine Bruder von VW
Zu Gast in der Roten Erde heute Abend die Schanzer aus Ingolstadt, denen von der örtlichen VW-Tochter finanziell unter die Arme gegriffen wird. Der Club ist aus der Fusion der Fußballabteilungen zweier Sportvereine im Jahr 2004 hervorgegangen. Auch wenn die Endung dieser Jahreszahl im Vereinsnamen natürlich wirklich übel klingt, muss man anerkennen, dass sie sich auf das Fusionsjahr bezieht und nicht auf irgendeine urzeitliche Gymnastiktruppe, wie man es in Heiden- oder Hoppenheim vorgemacht hat, um eine nicht vorhandene Tradition vorzutäuschen.
Im Moment wird auf der Schanz an einem Stadion-Neubau mit dem Arbeitstitel Auto-Sportpark, Sportauto-Parkplatz oder so ähnlich gewerkelt. Gebaut wird das Parkhaus natürlich vom Walter Hellmich aus Meiderich auf einem sanierten Raffineriegelände. Schön, dass erneut eine deutsche Industriebrache einer sinnvollen Verwendung zugeführt wird. Die für den Sommer geplante Einweihung würde man gerne als Zweitligist feiern.
Trainer Michael Wiesinger ist einigen vielleicht noch als einer der vielen Spieler bekannt, die woanders überragten, um dann beim FC Bayern auf der Bank zu verschimmeln. Er ist Nachfolger von Horst Köppel, dem bereits in der Hinrunde unter anderem die Heimniederlage gegen seine ehemalige Mannschaft, Borussia Dortmunds Amateure, zum Verhängnis geworden war. Siegtorschütze damals übrigens der leider immer noch nicht wieder einsatzfähige Yasin Öztekin. Ein Spieler, der den Amas mit seiner Schnelligkeit, Technik und Abschlussstärke schmerzlich fehlt.
Bekanntester Name bei den Schanzern ist vielleicht „Zecke“ Neuendorf, der jedoch das heutige Spiel komplett von der Bank verfolgte. Dafür stand ein ehemaliger Borusse in der Startelf: jaa, der alte Holzmalte Metzelder lebt noch, der im defensiven Mittelfeld spielte. Beeindruckend ist insbesondere die Offensivstärke der Ingolstädter, die nicht nur mit dem jungen Moritz Hartmann den Führenden der Torschützenliste, sondern auch das insgesamt torgefährlichste Team der Liga stellen.
Ausgangslage:
Nach drei sieglosen Spielen konnte Ingolstadt am Samstag sein Heimspiel mit 1:0 gegen die Kickers aus Offenbach gewinnen. Schütze des Siegtores war in der 90. Minute der bundesligaerfahrene Mittelfeldspieler Fabian Gerber. In der immer noch unübersichtlichen Tabelle belegte Ingolstadt vor dem Spiel den Relegationsplatz drei.
Die Amas haben die Scharte der Heimklatsche gegen Jena mit einem hart erkämpften Auswärtssieg im Sechspunktespiel beim WSV wieder ein wenig auswetzen können und etwas Luft im Abstiegskampf gewonnen. Nach den Siegen der Mitkonkurrenten aus der unteren Tabellenhälfte, Wuppertal und Stuttgart II am Dienstag, ist diese Luft aber schon wieder etwas dünner geworden.
Theo Schneider wechselte wie üblich kräftig durch, da zum einen Hünemeier und Koch spielen konnten, die Samstag noch im Profikader standen, und andererseits Feulner und Rangelov nach ihren Verletzungen in der dritten Liga Spielpraxis sammeln sollten. Dafür fiel der Torschütze von Wuppertal, Marcel Großkreutz, mit Rückenbeschwerden aus.
Bei frühlingshaftem Wetter hatten sich leider nur 1031 Zuschauer eingefunden, darunter eine PKW-Ladung Schanzer. Im Gästeblock waren vier von ihnen zu finden, mit zwei Zaunfahnen, einem unermüdlichen Fahnenschwinger und einem, dessen Shirt ihn als „Fanbetreuer“ auswies, was wohl in Bayern so viel heißt wie „Der muss fahren“. Auf den Sitzplätzen wussten sie mit einem ausdauernd lauten Meckerrentner mit unverständlichem Dialekt zu gefallen. Mal wieder Unterhaltung auf drittklassigem Niveau, aber die Fahrt aus Ingolstadt nach Dortmund ist an einem Mittwochabend natürlich auch lang. Demgegenüber die Ultras von die Amateure wieder mit reichgeschmücktem Block, vielen Fahnen und ausdauerndem Gesang. Neben Stammgast Teddy de Beer und Co-Trainer Zeljko Buvac waren auch Sebastian Kehl und Tamas Hajnal zur Unterstützung der Amas erschienen, mit denen sie ja selbst erst kürzlich in Unterhaching ein Unentschieden erkämpft hatten.
Erste Halbzeit:
Zunächst spielen beide Teams auf dem schweren Boden abwartend. Ingolstadt kommt zu zwei Freistößen, die aus dem Halbfeld in den Strafraum geschlagen werden, aber nicht für größere Gefahr sorgen. Dann bricht Rangelov auf Links durch, doch sein Drehschuss vom Strafraumeck streicht knapp am langen Pfosten vorbei. Insgesamt präsentiert sich Rangelov beweglich und stets bemüht, für Unruhe zu sorgen, auch wenn er wenige verwertbare Bälle bekommt. Einmal zeigt er aber auch den „fliegenden Dietmar“, doch Schiedsrichter Glasmacher bleibt unbeeindruckt und lässt weiter spielen.
Nach einer Viertelstunde muss Lasse Sobiech am Spielfeldrand mit einer blutenden Kopfwunde behandelt werden. Er kann das Spiel aber nach einigen Minuten fortsetzen und trägt nun einen Turban, der Erinnerungen an Abwehrlegenden wie Willi Burgsmüller und Günter Kutowski wach ruft.
Nach einem weiten Einwurf von Nottbeck kommt Koch mit dem Hinterkopf an den Ball doch der geht knapp übers Tor. Als nach einer halben Stunde der Dortmunder Stimmungsblock zum ersten Mal Luft holt, melden sich prompt die Schanzer von der Gegengerade mit zaghaften Rufen zu Wort. Kurze Zeit später läuft Rangelov nach einem Fehlpass in der Ingolstädter Abwehr allein auf Torwart Sejna zu, doch der bekommt noch sein Bein an den Ball und kann abwehren. Dann taucht Ingolstadt das einzige Mal in Halbzeit eins gefährlich vor dem Dortmunder Tor auf, doch Wohlfahrt schießt in Bedrängnis knapp drüber. Noch ein Freistoß von Rangelov aus 20 Metern in die Wolken und das wars dann fürs Erste.
Zur Halbzeit ein 0:0 der normalen Sorte. Beide Teams neutralisieren sich weitgehend, Dortmund mit einem leichten Chancenplus, Ingolstadt vielleicht mit einer etwas reiferen Spielanlage. Während Rangelov sich einige Male zeigen konnte, lief die Partie an Markus Feulner so ziemlich vorbei.
Zweite Halbzeit:
Die Schanzer scheinen sich in der Halbzeit etwas vorgenommen zu haben, denn sie drängen den BVB nun vermehrt in die Defensive. Aber bis auf einen Freistoß aus guter Position, der direkt in der Mauer landet, springen keine Chancen dabei heraus. Dann ein Freistoß auf der anderen Seite nach Foul an Nottbeck. Feulner nimmt aus 17 Metern Maß und setzt den Ball an den linken Innenpfosten. Das wäre es gewesen, verdammt. Kurze Zeit später probiert er es nochmal aus dem Spiel heraus und verzieht knapp.
Nach einer guten Stunde Spielzeit kommt Ginczek für Rangelov ins Spiel, der in der zweiten Halbzeit etwas abgetaucht ist. Auch Michael Wiesinger wechselt und bringt Gerber für Wohlfahrt. Das Spiel plätschert nun ereignislos dahin, sogar der Fahnenschwinger aus Ingolstadt hat inzwischen die Lust verloren. Beide Mannschaften scheinen nichts dagegen zu haben, heute einen Punkt mit nach Hause zu nehmen. Als Schneider aber Kullmann für Tyrala einwechselt, scheint seine Mannschaft das als Signal zu verstehen, doch noch den Sieg zu erkämpfen. Anstatt jedoch eigene Chancen heraus zu spielen, werden den Ingolstädtern Räume zum Kontern geboten, indem man kopflos nach vorn rennt. Eine erste Gelegenheit wird noch leichtfertig vergeben, doch drei Minuten vor Schluss ist es Gerber, der nach einem Konter einen sehenswerten Treffer erzielt und damit den Schanzern erneut im Endspurt drei Punkte einfährt.
Fazit:
Wieder einmal sind die Amateure Opfer ihrer Unerfahrenheit geworden. Man hatte den Aufstiegsaspiranten mit Autosponsor weitgehend im Griff und steht trotzdem am Ende mit leeren Händen da, weil kurz vor dem Abpfiff die Ordnung aufgegeben wurde, die doch über weite Strecken des Spiels so gut funktioniert hatte. In solchen Spielen muss man die wenigen Tormöglichkeiten, die man bekommt, aber auch mal nutzen. Beim Freistoß von Feulner war es Pech und sonst noch ein paar Mal knapp, aber insgesamt springt bei den Offensivbemühungen der Jungs einfach zu wenig Ertrag raus. Da fehlt es oft an der nötigen Zielstrebigkeit.
Ingolstadt nun auf Platz zwei mit Kontakt zur Spitze, der BVB punktgleich mit Wehen, und die liegen schon auf dem ersten Abstiegsplatz. Gegen Stuttgart II folgt jetzt ein ganz entscheidendes Heimspiel, das unbedingt gewonnen werden muss. Leider findet die Partie am Samstag statt, so dass ein erheblicher Teil des Stammpublikums verhindert ist. So wird den Amateuren mal wieder die Gelegenheit genommen, ihr Heimspiel auch in einer entsprechenden Atmosphäre auszutragen.
Um so dringender der Appell an die Daheimbleiber, am Samstag um 14 Uhr die Rote Erde zu besuchen. Der Frühling ist gekommen, da gibt es keine Ausreden mehr.
Statistik:
Borussia Dortmunds Amateure:
Marcel Höttecke - Kai Bastian Evers , Uwe Hünemeier , Julian Koch , Lasse Sobiech , David Vrzogic - Markus Feulner , Marcel Kandziora (83. Sebastian Hille), Lukas Nottbeck , Sebastian Tyrala (79. Christopher Kullmann) - Dimitar Rangelov (66. Daniel Ginczek)
F.C. Autostadt 03+01:
Marco Sejna - Tobias Fink , Malte Metzelder , Mathias Wittek - Andreas Buchner (78. Ersin Demir) , Robert Fleßers , Markus Karl , Stefan Leitl , Patrick Mölzl - Moritz Hartmann (90. Robert Braber), Steffen Wohlfarth (66. Fabian Gerber)
Tor: 0:1 Gerber, 87. Minute
Gelbe Karten: Hünemeier (5.) - Wohlfahrt, Mölzl
Stimmen:
Daniel Ginczek:
Wir sind oft besser, aber bringen es nicht aufs Papier. Häufig fehlen die Ideen nach vorne und das liegt auch an uns Stürmern. Auch bei mir stimmen die Laufwege im Moment nicht.
Wir sollten jetzt aber nicht die Köpfe hängen lassen, denn wir haben schon gesehen, dass wir immer wieder zurück kommen können.
Jetzt geht es gegen Stuttgart II. Das ist wieder so ein Endspiel wie gegen Wuppertal. Ich denke, das werden wir gewinnen und dann sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Eigentlich wollten wir heute nach den zwei verlorenen Heimspielen gegen Bremen und Jena bei den Fans etwas gut machen.
Die englischen Wochen sind hart, aber heute sind mit Rangelov und Feulner zwei aus der ersten Mannschaft runter gekommen, die das Spiel auch beleben konnten. Und auch in den nächsten Wochen werden wir viel rotieren, weil gegen Ende der Saison die Kräfte nachlassen. Aber da müssen wir jetzt durch, es wird ja auch entsprechend dosiert trainiert, damit wir auch unter der Woche fit sind. Auch wenn wir vielleicht heute Abend noch über das Spiel nachdenken, müssen wir spätestens morgen nur auf Samstag schauen und ich denke, da wird es auch besser laufen.
Michael Wiesinger:
Wir freuen uns, dass wir hier in den letzten Minuten noch die drei Punkte mitnehmen konnten. Das Spiel ist für mich schwer zu bewerten. Es war ein sehr schwieriges Geläuf, für beide Mannschaften war nicht viel Fußballspielen möglich. In der ersten Halbzeit hatten wir auch Glück, dass der Rangelov den Fehler von Matthias Wittek nicht ausgenutzt hat. Da hätten wir auch schnell 0:1 in Rückstand geraten können. Wir haben auch die ein oder andere Standardsituation schlecht ausgeführt, wo man mehr daraus hätte machen können. In der zweiten Halbzeit haben wir noch einmal alles mobilisiert und hatten dann auch die Chance durch Moritz Hartmann. Aber letztlich lief dann alles auf ein Unentschieden hinaus, und das wäre auch o.k. gewesen. So hat Fabian Gerber dann wieder seine Vollstrecker-Qualitäten bewiesen. Jetzt haben wir den zweiten 1:0-Sieg innerhalb von drei Tagen und deshalb fahren wir hochzufrieden nach Hause.
Theo Schneider:
Ich denke, das war heute eine sehr unglückliche Niederlage. Wir hatten uns sehr viel vorgenommen und wollten zunächst sehr diszipliniert stehen und auf unsere Chancen warten. Das ist uns auch gut gelungen, denn wir haben in der ersten Halbzeit kaum etwas zugelassen und waren auch in den Standardsituationen gegen einen körperlich überlegenen Gegner sehr präsent und hellwach. Wir hatten in der ersten Halbzeit auch ein, zwei Chancen.
In der zweiten Halbzeit haben wir sogar noch zugelegt und uns ein optisches Übergewicht erspielt. Leider haben wir im Moment nicht das Glück, wie z. B. bei dem Freistoß von Markus Feulner, der vom Innenpfosten zurück springt. Am Ende passiert dann eine Unachtsamkeit, als wir viel zu offensiv agiert haben und dann in einen Konter gelaufen sind. Wir werden in diesen Situationen immer bitter bestraft. Das war die einzige klare Chance für Ingolstadt, die aufgrund unserer Unordnung in der Defensive entsteht. Das wurde eiskalt bestraft und wir stehen wieder mit leeren Händen da.
Die kämpferische Leistung der Mannschaft macht mir aber Hoffnung für Samstag. Das Heimspiel gegen Stuttgart müssen wir unbedingt gewinnen. Die Ergebnisse in der Liga zeigen, dass unser Kampf bis zu Letzt weiter gehen wird. Wir müssen uns jetzt sammeln und dann am Samstag hier mit einer großen kämpferischen Leistung Stuttgart schlagen.
Web 24.03.2010