Der Wahnsinn regiert
Die Amas setzen ihren Aufwärtstrend mit einem verdienten 3:2 über Mainz II fort. Der Sieg hätte deutlich höher ausfallen können, doch in den letzten Minuten wurden die eigentlich harmlosen Mainzer durch Fehler in der Dortmunder Hintermannschaft wiederholt ins Spiel zurück gebracht, so dass man am Ende auf Dortmunder Seite froh sein musste, nicht noch den Ausgleich kassiert zu haben.
Ausgangslage
Nach dem verkorksten Saisonstart hatten die Amas sich zuletzt mit zwei Siegen gegen die Zweitvertretungen von Bielefeld und Düsseldorf ins Mittelfeld der Tabelle empor gearbeitet. Bei einem weiteren Sieg gegen Mainz II könnte man auch wieder nach oben in Richtung der Spitzenplätze schielen. Die Mainzer hatten ihrerseits aber auch zuletzt gegen Bielefeld II gewonnen und hatten die Möglichkeit mit einem Sieg in der Tabelle am BVB vorbei zu ziehen.
Bei den Amas heute nach zwei Kurzeinsätzen zum ersten Mal Damien Le Tallec in der Startformation, dafür fehlte Marco Stiepermann im Kader. Auch Nedim Hasanbegovic, der gegen Düsseldorf noch nach dem Aufwärmen passen musste, konnte heute mitwirken. Er rückte neben Marvin Bakalorz ins defensive Mittelfeld. Ansonsten bot die Aufstellung von Coach Theo Schneider keine weiteren Überraschungen, wenn man mal davon absieht, dass Marc Klopp nach seiner Leistung gegen Düsseldorf II erneut den Vorzug vor Sevdal Selmani erhielt.
Bei Mainz stand Fabian Götze in der Startformation, der hier in Dortmund den Meisten nur als großer Bruder des Megatalents Mario Götze in Erinnerung geblieben ist. Seit seinem Wechsel nach Mainz im letzten Winter hat er noch keine Gelegenheit erhalten, sein Können bei den Profis unter Beweis zu stellen. Ansonsten hatte Mainz noch zwei Spieler im Aufgebot, die dem geneigten Bundesligakenner ein Begriff sind. Den Ex-Blauen Toni Tapalovic im Tor (auch er hat einen etwas bekannteren Bruder) und das Abwehr-Urgestein Marco Rose, der in Mainz noch unter Jürgen Klopp gespielt hat.
Während im Gegensatz zu der parallel angesetzten Begegnung gegen Düsseldorf letzte Woche der Dortmunder Stimmungsblock leidlich gefüllt war, sind die Mainzer völlig ohne als solche erkennbare Fans angereist. Da scheint der Karnevalszug durch die Bundesliga keine Kraft mehr zur Unterstützung der Reserve übrig zu lassen. Insgesamt hatten bei gutem Wetter 670 zahlende Gäste den Weg in die Kampfbahn gefunden. Das ist sicher noch deutlich ausbaufähig.
Erste Halbzeit
Die Mainzer wurden schon dadurch auffällig, dass sie klassisch von 1-11 durchnummeriert waren. Die Kosten, die Trikots der Reserve mit Namen zu beflocken, werden wohl am Bruchweg gescheut. Das sieht man heutzutage in der Regionalliga auch nicht mehr oft. Zudem hatten sie ganze drei Feldspieler auf der Ersatzbank, die dann auch alle zum Einsatz kommen sollten. Fabian Götze spielte übrigens nicht wie zu Dortmunder Zeiten Linksverteidiger sondern durfte im linken Mittelfeld ran. Dortmund im von den Profis gewohnten 4-2-3-1 mit Le Tallec zentral hinter der einzigen Spitze Daniel Ginczek.
Die ersten Minuten plätscherten recht ereignislos dahin, da beide Teams Probleme im Spielaufbau hatten und sich bereits ab der Mittellinie die Fehlpässe häuften. Als Dortmund gerade begann das Heft in die Hand zu nehmen, wären sie auch schon fast in Rückstand geraten. Marc Hornschuh unterlief einen Mainzer Befreiungsschlag und Mertinitz tauchte frei vor Focher auf. Er überlupfte den herausgeeilten Torwart, doch Hornschuh konnte seinen Fehler so gerade noch wieder gut machen und kratzte den Ball von der Linie.
Kurz darauf dann die Führung für den BVB. Daniel Ginczek setzte erfolgreich gegen den weit heraus gekommenen Tapalovic nach, gewann den Ball und zog am Torwart vorbei. Auch durch die Klammerversuche eines Verteidigers ließ er sich nicht mehr am Torschuss hindern und schob die Murmel in den leeren Kasten. In der Folgezeit verdiente sich die Borussia die Führung. Mainz spielte zwar weiter ordentlich mit, schien aber von einer Strafraumallergie befallen. Regelmäßig ging der Ball verloren, bevor man in Tornähe gelangen konnte. Der BVB kam dagegen immer wieder zu Chancen über den stets beweglichen Le Tallec und Daniel Ginczek, der unter der Woche ja schon mal im Westfalenstadion ein wenig Europapokal Atmosphäre schnuppern durfte. Zum Einsatz kam er gegen Sevilla zwar nicht, doch die Berufung in den Kader schien ihn immer noch zu beflügeln.
Auch Marc Hornschuh hatte per Kopf die große Chance die Führung auszubauen, doch Tapalovic konnte mit einer Glanzparade klären. Le Tallec testete dann nochmal das Aluminium auf Bruchfestigkeit. Seine Flanke wurde von Tapalovic direkt vor seine Füsse abgewehrt. Damien zog direkt ab und der Ball landete als Aufsetzer mit viel Effet auf der Latte. Auch Yasin Öztekin konnte vor des Gegners Kasten für Unruhe sorgen, doch auch hier klärte Tapalovic in höchster Not. Der BVB ging mit einer verdienten Führung in die Pause. Die Mainzer konnten sich zwar einige Ecken aber bis auf Hornschuhs Blackout keine einzige wirkliche Torchance heraus spielen.
Zweite Halbzeit
Auch nach der Pause gab der BVB den Ton an in der Roten Erde. Insbesondere Yasin Öztekin hatte sich scheinbar richtig etwas vorgenommen für die zweiten 45 Minuten. Immer wieder setzte er Mainz über den linken Flügel unter Druck und drang gefährlich in den Strafraum ein. Oftmals war er nur durch Fouls zu bremsen, doch zwei Freistöße aus gefährlicher Distanz wurden von Kalle Eggert knapp über den Kasten gesetzt. Nach einer Stunde Spielzeit machte Yasin dann mal alles richtig. Er dribbelte unaufhaltsam Richtung Strafraum und zog aus 16 Metern trocken ab. Tapalovic hatte gegen seinen Hammer ins lange Eck nicht den Hauch einer Chance und die Messe schien gelesen, zumal sich die körperlichen Vorteile der Dortmunder nun verstärkt bemerkbar machten.
Le Tallec ließ nach Vorarbeit von Kandziora aus 25 Metern ein amtliches Pfund los das nur knapp über den Winkel strich. Es schien nur eine Frage der Zeit bis die Dortmunder Führung ausgebaut wird. Dann vertändelte Eggert kurz vor dem eigenen Sechzehner den Ball und konnte seinen Gegenspieler nur noch festhalten, damit der nicht allein aufs Tor geht. Da war er mit Gelb ziemlich gut bedient. Den folgenden Freistoss setzte der eingewechselte Mario Vrancic über das Tor.
Zehn Minuten vor Schluss wurde Damien Le Tallec unter großem Applaus verabschiedet. Er konnte beweisen, dass er schon eine echte Verstärkung für die Offensive der Reserve ist, es bleibt aber fraglich, wie lange er braucht, um sich wieder an den Profikader heran zu kämpfen. Für ihn kam Kullmann und es brach der Wahnsinn aus.
Nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung geschah das Unerwartete: Kullmann traf ins Tor. Leider in das Falsche. Ob er zur Ecke klären wollte oder ihm der Ball einfach verssprungen ist, blieb ungeklärt, jedenfalls passte der Ball genau ins Toreck und Focher hatte keine Abwehrchance. Nun witterte Mainz wieder Morgenluft. Eigentlich schon längst geschlagen, war man plötzlich wieder mitten im Spiel. Und sie kamen sogar zu Torchancen. Sliskovic verstolperte den Ball in aussichtsreicher Position und Kirchhoff fand am Ende eines unwiderstehlichen Alleingangs in den Strafraum keinen Mitspieler mehr.
Den direkten Gegenzug schloss Ginczek mit der vermeintlichen Entscheidung ab. Nach einem schönen Solo ließ er Tapalovic keine Abwehrchance. Doch Mainz hatte immer noch nicht genug. Der eingewechselte Walthier legte noch mit einem Sonntagsschuss aus 16 Metern das 3:2 in der Schlussminute nach. In der Nachspielzeit dann noch fast der Ausgleich. Sliskovic drang über Rechts in den Dortmunder Strafraum ein. Sein Schuss verlief parallel zur Dortmunder Torlinie und fand mehr zufällig den am langen Pfosten lauernden Jeffrey. Doch der schaffte es nicht, das Leder ins leere Tor zu schieben und setzte den Ball ans Außennetz. Die Schlussphase war beste Unterhaltung für das Publikum (in dem sich auch Jürgen Klopp und Neven Subotic befanden) dürfte aber beiden Trainern einige zusätzliche graue Haare beschert haben. Mal wieder konnte man erst mit dem Schlusspfiff aufatmen.
Fazit
Die Amateure konnten ihren Aufwärtstrend fortsetzen. Die Mannschaft wirkte deutlich eingespielter als noch zu Saisonbeginn und Leistungsträger wie Ginczek, Öztekin und die wieder genesenen Hasanbegovic und Le Tallec haben ihre Form gefunden und zeigen, dass diese Truppe das Potential hat, um die Spitze der Regionalliga mitzukämpfen. Wie weit nach oben es absehbar noch gehen kann, dürfte nach den nächsten zwei Spielen fest stehen. Denn zunächst geht es in zwei Wochen zu den ambitionierten Sportfreunden aus Lotte und dann kommt der Tabellenführer aus der Emscherstadt zum Derby Besuch. Hoffentlich raffen sich zu diesem Anlass dann mal wieder ein paar BVB Fans mehr auf und bringen die altehrwürdige Kampfbahn zum kochen. Nach dem Spiel heute kann man den Besuch der Amas, wirklich jedem empfehlen, es sei denn man ist herzkrank oder muss aus anderweitigen Gründen Aufregung vermeiden. Dann heißt es einen großen Bogen um die Strobelallee machen, wenn die Reserve antritt. Denn dann regiert der Wahnsinn die Rote Erde.
BVB II: Focher - Kandziora (68. Selmani), Eggert,
Hornschuh, Klopp - Hasanbegovic, Bakalorz - Öztekin, Treude (87.
Boztepe), Le Tallec (78. Kullmann) - Ginczek
Mainz II: Tapalovic - Riske, Rose, Kirchoff, Schneider - Jeffrey,
Kröner - F. Götze (74. Grimm), Meißner (64.
Walthier) - Sliskovic, Mertinitz (64. Vrancic)
Tore: 1:0 (18.) Ginczek, 2:0 (62.) Öztekin, 2:1 (81.) Kullmann
(Eigentor), 3:1 (85.) Ginczek, 3:2 (90.) Walthier
Zuschauer: 670 (Kampfbahn Rote Erde)
Schiedsrichter: Jan-Eike Ehlers (Weyhe)
Gelbe Karten: Bakalorz, Eggert / Meißner, Rose
Web 01.10.2010