Stotterstart für Dortmunds Zweite
Trotz großer Fan-Unterstützung, die selbst der Gastgeber nur bewundernd zur Kenntnis nehmen konnte, verlor unsere zweite Mannschaft nach einer insgesamt enttäuschenden, von individuellen Fehlern geprägten Leistung mit 1:3 bei der U23 des 1.FC Köln.
Als normaler Passant konnte man gegen 11 Uhr am Dortmunder Hautbahnhof denken, die Bundesligasaison hat früher als angekündigt begonnen. Denn es war schon mehr als ordentlich, was sich da in der Bahnhofshalle versammelte. Um die 800 BVB-Anhänger machten sich auf dem Weg zum ersten Pflichtspiel der neuen Regionalliga West ins Rheinland. Man sorgte sogar für ca. 30 Minuten Verspätung des Regionalzugs, jedenfalls laut Bahnansage, die diese Zeit „mit dem überraschend hohen Fahrgastaufkommen" den Mitreisenden erklärte.
Alle waren richtig heiß, dass es endlich wieder losgeht und da konnten die wieder einmal zahlreich mitreisenden und in Köln wartenden Freunde der Polizei nichts dran ändern (was will man als Polizist auch sonst samstags tun, wenn nicht Borussia gucken)? In Köln selbst ging heute der letzte Tag der „Gay Games" zu Ende; aus diesem Grund waren die vielen Marathonläufer zu erklären. Insgesamt waren es tolle Bedingungen, denn bei schönem Wetter war das Franz-Kremer-Stadion, eingebettet in einen Sportpark, sehr nett anzuschauen. Diese Wohlfühlatmosphäre nutzten die BVB-Fans denn auch direkt, um sich den Gastgebern mit handgemachten Liedgut vorzustellen. Die wenigen Köln-Anhänger konnten nur staunen ob dieser Vorstellung und man merkte deutlich, dass sie diesen Support in der letzten Regionalliga-Saison so oft nicht erlebt haben. Fairerweise sei jedoch auch erwähnt, dass die Kölner Profis praktisch zur gleichen Zeit ein Testspiel im großen Stadion um die Ecke gegen Sampdoria Genua austrugen.
Klopp darf noch nicht
Zum sportlichen Aspekt: Nach den drei Auftaktunentschieden gestern Abend, unter anderem von den Mitfavoriten aus Lotte sowie Münster und Wuppertal im direkten Duell, wären drei Punkte zum Auftakt sicher nicht schlecht gewesen. Auf Kölner Seite, die vertreten von Trainer Schaefer den BVB als „echten Gradmesser" zum Saisonauftakt betrachten, waren vier Spieler dem Nicht-Kölner, aber Fußballinteressierten bekannt: Die Routiniers Cullmann und Niedrig, der angolanische Nationalspieler Vunguidica sowie der deutsche U17-Europameister mit dem typisch-ottonischen Namen Bienvenue Basala-Mazana. Der BVB im „Profi"-4-2-3-1-System, wobei Stiepermann etwas hinter Kullmann agierte. Auf den Außen offensiv spielten Kandziora und Boztepe. Die Innenverteidigung war mit den „früheren" defensiven und erfahrenden Mittelfeldspielern Eggert und Hasanbegovic etatmäßig gut besetzt. Die Neuverpflichtung Marc Klopp hatte noch keine Spielberechtigung und saß lediglich in Zivil auf der Bank.
Bei dieser Heimspielatmosphäre für den BVB ärgert man sich noch mehr über die ewigen Doppelansetzungen mit den Profis. Das macht sicherlich ein paar Punkte mehr pro Saison aus. Vielleicht haben wir ja mehr Glück diese Saison, denn das einzig Positive am Abstieg ist sicherlich die Tatsache, dass wieder mehr „erreichbare" Auswärtsspiele für die Masse der Fans mitzunehmen sind. Doof nur, wenn das Sportliche nicht mitmacht. Nach einer Flanke von Dennis Schulte boxt Focher den Ball weg, doch leider Richtung Torlinie, wo Vunguidica nur noch einschieben brauchte. Schwerer Torwartfehler und sicher kein guter Start in die neue Saison für Johannes Focher (14).
Zwei Gastgeschenke durch Focher und Hermes
Und es ging erschreckend weiter: Auf der linken Abwehrseite verliert Hermes völlig bekloppt den Ball gegen Terodde, der sofort in die Mitte auf Uth passt. Der kann den Ball sogar noch annehmen, Focher macht sich ganz groß, doch kann er den Schuss nicht mehr entscheidend ablenken. 2:0 nach zwei individuellen Fehlern. Ganz bitterer Auftakt! Für den Kölner an sich wurde es erst nach fast dreißig Minuten nach einer Freistoßflanke Stiepermanns fast von der Mittellinie gefährlich, die an Freund und Feind vorbei ging, aber gerade noch von Schwabke pariert werden konnte.
Spielbestimmend und einfach besser waren die Kölner. So hatten die Schwatzgelben noch Glück, dass Terodde in der 44. Minute nicht per Kopf zur 3:0-Entscheidung einnetzen konnte. Vorangegangen war wieder einmal ein verlorener Zweikampf von Hermes gegen Bouallal sowie eine Kopfballvorlage des starken Vunguidica. Auch Focher irrte mehr im Strafraum, als dass er sicher wirkte. Eine insgesamt mehr als ernüchternde Auftakthalbzeit. Hinten vogelwild, vorne nur mit Zufallsstandards mal ansatzweise gefährlich.
Zur Halbzeit reagierte Schneider und brachte den noch angeschlagenen Sobiech völlig zurecht für den desolaten Hermes. Dies zeitigte einige Umstellungen: Sobiech hinten rein für Eggert, der vor ins Mittelfeld und dafür Kandziora nach hinten links gegen Bouallal, der jedoch nach zwei Minuten direkt wieder für Gefahr sorgte. Dann verletzte sich auch noch Kandziora, sodass Bouallal mit Selmani seinen dritten Gegenspieler heute bekam. Auf Selmanis rechte Seite rückte der eingewechselte Jan-Niklas Temme. Ansonsten tat sich nicht viel. Köln wollte und brauchte auch nicht mehr, der BVB konnte nicht mehr viel zusetzen. Mal ein Schüsschen aus 25 Metern oder ein Versuch aus spitzem Winkel jeweils von Kullmann war da schon das Höchste der Gefühle (59./61.).
Fans als Lichtblick
Im Gegenzug wieder Vunguidica brandgefährlich als Solist, seine Vorlage konnte Terodde aber nicht verwerten. Diesmal hielt Focher gut. Die anschließende Ecke konnte Selmani entschärfen, indem er den Schwellenbach-Kopfball auf der Linie klärte (63.). Dann versuchte Stiepermann Schwabke mit einem schnell ausgeführten Freistoß zu überlisten, doch der war auf der Lauer und hielt souverän. Alles in allem nichts wirklich Durchdachtes und Strukturiertes. Der einzige Lichtblick war weiter auf den Rängen in Form des BVB-Anhangs zu sehen, der trotz des Rückstands weiter sich feierte.
Also musste eine Einzelaktion herhalten, für die diesmal Tim Treude sorgte, indem er wirbelnd durchs Mittelfeld zog, die Lücke sah und Bakalorz bediente. Der blieb vor Schwabke eiskalt und überlupfte den heute guten Torwart der Gastgeber. Geht da doch noch einmal was? Erst einmal musste in der 82. Minute noch einmal durchgeatmet werden. Der überragende Bouallal wurde von Uth mustergültig bedient, doch schoss er nicht ins leere Tor, sondern Hasanbegovic auf der Torlinie an. Doch dann war der Kuchen letztlich für den FC verdient gegessen. Schneller Gegenstoß nach doofem Abspielfehler Stiepermanns. Dick bedient Terodde, der per rechts in die lange Ecke einschiebt. Wieder Focher zwar noch dran, jedoch nicht mehr entscheidend.
Man muss richtiggehend froh sein, dass das nächste Spiel erst in zwei Wochen ist. Trainer Schneider muss jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen – vom Torwart bis zur Sturmspitze -, um sein Team wieder auf Kurs zu bringen. Der erste Heimgegner wird dann der ambitionierte SC Verl sein. Anstoß ist am Samstag in zwei Wochen um 14 Uhr in der Roten Erde.
Trainerstimmen zum Spiel
Theo Schneider: Wir sind sehr konzentriert ins Spiel gestartet und standen sehr gut. Nach dem Gegentor durch einen individuellen Fehler haben wir dann in unserer neuformierten Mannschaft insbesondere in der Defensive Schwächen gezeigt und waren nicht mehr so selbstbewusst. Das 2:0 war dann eine ähnliche Situation durch den fatalen Fehlpass vom Tim Hermes. In dieser Phase bekamen wir dann richtig Probleme und ich war froh über den Halbzeitpfiff. Mit Sobiech wurde es dann insbesondere in der Luft besser. Nach dem Anschlusstreffer waren wir dann noch einmal drauf und dran, aber dann kommt es eben wie so oft: Du machst hinten auf und fängst dir dann einen Konter. Ich hoffe, dass wir in zwei Wochen gegen Verl zu unserem Erfolgserlebnis kommen werden.
Frank Schaefer: Auftaktspiele haben immer ihren eigenen Charakter, weil du dich richtig reinbeißen musst. Zunächst hatten wir noch etwas zu viel Respekt, sind dann aber immer besser ins Spiel gekommen. Wir haben uns dann durch das 1:0 und das 2:0 direkt danach auch belohnt. In der zweiten Hälfte haben wir das dann hinten ganz gut gemacht; der BVB hatte die ganz klaren Torchancen auch nicht mehr. Von daher war es zwar ein enges Spiel, aber aufgrund der klareren Torchancen haben wir doch verdient gewonnen.
Daten zum Spiel
1. FC Köln U23 (4-4-2): Schwabke – Basala-Mazana (70. Dick), Schwellenbach, Cullmann, Schulte – Bouallal (85. Hector), Bisanovic (74. Wernscheid), Niedrig, Vunguidica – Terodde, Uth
Borussia Dortmund II (4-2-3-1): Focher – Selmani, Hasanbegovic, Eggert, Hermes (46. Sobiech) – Bakalorz (81. Schnier), Treude – Boztepe, Stiepermann, Kandziora (56. Temme) – Kullmann
Tore: 1:0 Vunguidica (14., Linksschuss, Vorarbeit Focher), 2:0 Uth (24., Linksschuss, Terodde), 2:1 Bakalorz (70., Rechtsschuss, Treude), 3:1 Terodde (90., Rechtsschuss, Dick)
Zuschauer: 1.400
SR: Stieler (Obertshausen – Assistenten: Blos, Jöllenbeck)
Chancen: 7:3
Ecken: 5:7
Gelbe Karte: Cullmann (8., Foulspiel am durchgebrochenen Bakalorz)
MalteD, 07.08.2010