...Otto Addo: "Im Jugendbereich ist alles professioneller geworden"
Sechs Jahre lang streifte sich Otto Addo, in Hamburg geboren und aufgewachsen, das schwatzgelbe Trikot über. Zahlreiche Verletzungen verhinderten allerdings, dass der ehemalige ghanaische Nationalspieler öfter als 75-mal für die Borussia auflief. Nach Stationen in Mainz und Hamburg als Spieler ist er heute als Co-Trainer der U19 des HSV tätig. schwatzgelb.de traf den einstigen Mittelfeldspieler am Rande des Ennepetaler Spax-Cups, bei dem sein Team auftrumpfte und als Turniersieger die Konkurrenz aus Mönchengladbach (2:0-Finalsieg), Wolfsburg, Prag und Glasgow hinter sich ließ. Mit uns sprach er unter anderem über den BVB, die Ausbildung junger Talente und die anstehende Weltmeisterschaft.
schwatzgelb.de: Sie haben von 1999 bis 2005 beim BVB gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie noch an Stadt, Fans und den Verein?
Otto Addo: Sehr, sehr gute Fans. An unglaubliche Fans, die in guten und in schlechten Zeiten immer zum Verein gehalten haben, und an Erfolge wie die Meisterschaft natürlich. Es war eine sehr gute Zeit, aber ich war leider auch sehr oft verletzt. Ansonsten hat mir das Umfeld gefallen und es war eine schöne und auch lehrreiche Zeit.
schwatzgelb.de: Besonders in Erinnerung geblieben ist Ihr Tor mit Kreuzbandriss gegen Austria Wien 2003 im Uefa-Cup (1:2-Auswärtssieg). Wird man da heute noch drauf angesprochen?
Otto Addo: Ja, schon mal, denn viele erinnern natürlich noch an die Szene. Es war so, dass ich einen unglaublich hohen Adrenalinspiegel hatte. Man versucht, sich die Schmerzen weg zu denken und dann hatte ich auch noch Glück, dass der Ball dann reingeht.
schwatzgelb.de: Verfolgen Sie heute noch die Entwicklung des BVB?
Otto Addo: Ja, klar. Ich kenne auch noch viele, die in Dortmund wohnen. Auch viele Freunde, denn ich habe in den sechs Jahren dort sehr viele Freundschaften geschlossen und stehe da immer noch in regem Kontakt. Mit Dede telefoniere ich ab und zu mal und auch mit Patrick Owomoyela, den ich noch aus meiner Hamburger Zeit kenne. Ansonsten trifft man sich, wenn ich in Dortmund bin, mal mit Roman Weidenfeller, mit Sebastian Kehl oder mit Neven Subotic, den ich sehr gut aus Mainz kenne. Im Moment läuft es ja auch richtig gut. Ich denke mal, Dortmund hat eine ziemlich erfolgreiche und zufrieden stellende Saison gespielt und ist jetzt auch wieder international vertreten. Das ist ganz wichtig.
schwatzgelb.de: Heute sind Sie als Co-Trainer der U19 des HSV tätig. Gibt es Unterschiede zwischen der Ausbildung, die sie heute vermitteln, und der, die Sie früher selbst bekommen haben?
Otto Addo: Es gibt große Unterschiede, generell ist das alles professioneller geworden. Das geht im Jugendbereich los, wo man in Deutschland eine Liga aufgebaut hat, die überregional ist. Früher hat man bis zur A-Jugend nur gegen Gegner aus der eigenen Stadt gespielt. Heute wird in der B-Jugend-Bundesliga in ganz Norddeutschland gespielt, gegen Mannschaften aus Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Dann sind die Anforderungen natürlich auch höher: Man trainiert häufiger, macht sich mehr Gedanken und der Umgang mit den Spielern, der Aufbau und das komplette Drumherum werden natürlich professioneller. Auch vom Management und der sportlichen Leitung. Es gibt überall in Deutschland Leistungszentren und auch der Trainingsaufwand ist höher: Man hat einen Trainer, einen Reha-Trainer, Co-Trainer und Betreuer. Nehmen wir als Beispiel die physiotherapeutische Behandlung: Ich hatte bis zu meinem ersten Profijahr noch nie einen Physiotherapeuten gesehen und heute geht das schon in der C-Jugend los. Was Tempo, Taktik und Disziplin angeht werden die Ansprüche über die Jahre natürlich auch immer höher. Das was meine Jungs hier heute zum Beispiel spielen und was generell in der A-Jugend gespielt wird, hat ein viel höheres Tempo als vor 15 Jahren.
schwatzgelb.de: Inwieweit wird auch auf die Persönlichkeitsbildung Einfluss genommen?
schwatzgelb.de: Sie waren 2006 bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland dabei. Ghana hatte sich erstmals qualifiziert, und in diesem Jahr ist die Mannschaft wieder dabei. Wie würden Sie ihre Chancen in diesem Jahr beurteilen?
Otto Addo: Der Druck ist relativ gering, man hat nichts zu verlieren und eine sehr gute Mannschaft. Ich glaube schon, dass die Mannschaft aufgrund des Trainers auch taktisch sehr diszipliniert auftreten wird. Das hat man schon beim letzten Afrika-Cup gesehen, wo fast die komplette Stammelf gefehlt hat, man aber trotzdem weit gekommen ist (Anmerkung der Redaktion: Erst im Finale unterlag man Ägypten mit 0:1). Das zeugt von einer taktischen Finesse des Trainers. Ich glaube schon, dass Ghana aufgrund der ungewohnt disziplinierten Defensivstärke – auch nach vorne ist man immer kreativ – den Schritt in die nächste Runde schaffen kann.
schwatzgelb.de: In Hamburg sind Sie geboren und aufgewachsen. Besteht noch Kontakt nach Ghana?
Otto Addo: Ja, klar. Also ein Großteil meiner Familie wohnt noch in Ghana und ich versuche, mindestens einmal und manchmal sogar zwei- oder dreimal im Jahr dorthin zu fliegen.
schwatzgelb.de: Was sind Ihre persönlichen Wünsche für die Zukunft? Könnten Sie sich vorstellen, bald eine Bundesligamannschaft zu trainieren?
Otto Addo: Auf so etwas gucke ich gar nicht. Natürlich hat man persönliche Ziele und will sich auch als Trainer weiterentwickeln, aber allzu große setze ich mir nicht und gucke von Saison zu Saison. Diese versuchen wir jetzt vernünftig zu beenden. Wir stehen auf dem sechsten Platz und probieren, in den letzten Spielen noch so hoch wie möglich zu klettern, und schauen dann in der nächsten Spielzeit weiter. Ich bin da ganz entspannt und mache einen Schritt nach dem anderen.
schwatzgelb.de: Wir danken für das Gespräch