Eiserner Besen mit Vernunft
Es war angekündigt und nun wird es durchgezogen. Kurz vor Saisonbeginn sagte Trainer Jürgen Klopp, dass der BVB bereit sei zu reden, wenn ein Spieler bei einem anderen Verein bessere Chancen für sich sehen würde. Martin Amedick und Markus Brzenska nahmen das „Angebot“ damals an und verabschiedeten sich Richtung Duisburg und Kaiserslautern. Und nun nehmen auch Diego Klimowicz und Giovanni Federico ihren Hut. Und vielleicht auch Marc-André Kruska?
Was nach eisernem Besen an der Strobelallee klingt, ist aber vielmehr vernünftige Personalplanung. Jürgen Klopp hatte von Anfang an seine Vorstellungen von einem funktionierenden Team. Klar, dass er diese auch durchsetzen möchte. Zumal ihm der Erfolg bisher recht gibt. Außerdem: Die Türen sind ja nicht zu für Markus Brzenska und Giovanni Federico. Diese beiden Spieler sind lediglich ausgeliehen.
Der bekennende BVB-Fan Giovanni Federico, mit großer Hoffnung und Bock auf Einsatzzeiten im Sommer 2007 von Karlsruhe nach Dortmund gewechselt, hat die Thomas Doll-Ära wohl am meisten zu schaffen gemacht. Der Ex-Übungsleiter setzte irgendwie nie so richtig auf den sensiblen Mittelfeldstrategen, der sowohl geniale Ideen als auch grenzenlose Lethargie produzieren kann.
Immer wenn es nicht lief, und das war unter Doll ziemlich oft der Fall, durfte Federico auf den Platz mit dem Hinweis, dass er nun mal zeigen solle, warum er einen Stammplatz haben wolle. Und Federico zeigte es einige Male. Unvergessen sein Knaller kurz vor Schluss gegen die Bochumer. Als sich das gesamte Stadion schon mit einem ernüchternden 1:1 zufrieden gab, nahm der Hagener Maß. Und pflasterte das Leder unhaltbar in den Giebel. Da staunte selbst Mladen Petric Bauklötze.
Auch sein Treffer gegen Hansa Rostock am Anfang der Saison war enorm wichtig. Schon da zeigte der BVB eine mehr als miese Leistung. Und hier bewies Federico zum ersten Mal, dass er auch mal eine Stunde unauffällig über den Platz traben kann, um dann im richtigen Moment einen Geistesblitz zu haben. Ansonsten erinnert sich der BVB-Fan noch an den einen oder anderen klugen Querpass, den Petric oder Frei verwandelte. Und ohne Federico wäre Delron Buckleys Torausbeute in schwatzgelb heute noch bei 0.
Andererseits konnte Giovanni aber auch maßlos enttäuschen. Denn wenn er nicht nur 60 Minuten, sondern 90 Minuten ohne geniale Idee über den Platz schlich, dann war er dem Aufbauspiel der Mannschaft so dienlich wie eine Eckfahne. Leider zeigte er solch eine Leistung öfters. Und unter Jürgen Klopp konnte er seine – zugegeben wenigen – Einsatzzeiten nicht gewinnbringend für sich nutzen. Tamas Hajnal, kurioserweise bei Karlsruhe sein Nachfolger, erstritt sich auch beim BVB die Vorreiterrolle im zentralen Mittelfeld. Trotzdem hätte Ex-Trainer Doll es gut und gerne sein lassen können, Federico als Bauernopfer beim DFB-Pokalfinale aus dem Kader zu streichen. Aber das ist ein zum Glück beendetes Thema.
Dass Diego Klimowicz den BVB verlässt, ist eine nachvollziehbare, für beide Seiten vernünftige Entscheidung. Auch wirtschaftlich. Klimo hätte nach dieser Saison wahrscheinlich eh keinen Anschlussvertrag vorgelegt bekommen. Da nimmt man das Geld vom VfL Bochum doch gerne mit. Und Klimo bekommt mit Mimoun Azaouagh einen potentiellen Passgeber. Denn den Schlappen hinhalten, das kann der Argentinier. Hat er oft genug bewiesen. Zuletzt im DFB-Pokal gegen Hertha BSC Berlin, als er in der Verlängerung das 2:1 erzielte.
Auch wenn viele BVB-ferne Kritiker meinten, dass Klimos Zeit im letzten Sommer schon abgelaufen sei, so erzielte er noch eine stattliche Anzahl Tore in der letzten Saison. Gegen Werder Bremen schoss er beim nahezu sensationellen 3:0-Heimsieg ein wunderschönes, wichtiges Tor. Der etwas hüftsteif wirkende Angreifer machte nie einen Hehl daraus, dass er technisch nicht zu den begabtesten gehört. Und in seiner gesamten BVB-Zeit produzierte er keinerlei Skandale. Da sollen ja Südamerikaner beim BVB oder anderen Ruhrgebietsvereinen schon viel divenhafter aufgetreten sein. Nicht so Klimo: Im Gegenteil. Sein kleiner Sohn rannte stolz im BVB-Trikot über das Trainingsgelände in Brackel, während Papa trainierte. Und als Fotomodell machte sich Klimo jr. auch ganz gut.
Ebenso unzufrieden mit der Hinrunde zeigte sich Marc-André Kruska. Gegen Sebastian Kehl oder Tinga hatte er einfach keine Chance. Er soll nun einen Vertrag beim belgischen Dauermeister FC Brügge unterschrieben haben. BVB-Fans diskutieren zwar darüber, ob es nicht besser gewesen wäre, Kruska zunächst einmal auszuleihen. Aber wenn man ehrlich ist, hatte der Mittelfeldspieler ziemlich viel Einsatzzeit beim BVB. Zwar oft aufgrund von Verletzungen anderer Spieler, aber das ist ja nun mal zweitrangig. Er spielte auch immer sehr solide. Nicht weniger, leider aber oft auch nicht mehr.
Auch wenn ich mir jetzt eventuell einige Feinde mache, aber ich bin seit zwei Jahren eher enttäuscht von der Entwicklung Kruskas. Vielleicht stagnierten seine Leistungen, weil er einfach zu lange beim BVB war. Vielleicht taten ihm die häufigen Trainerwechsel nicht gut. Ein Problem ist sicherlich, dass der Sechser irgendwie noch als A-Jugendlicher beim BVB gilt. Gelegentliches Übernehmen von Verantwortung, als er beim legendären 3:1-Sieg in Bremen den Elfer kurz vor Schluss versenkte, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Deswegen wird ein Ortswechsel Marc-André gut tun. Dann wird sich zeigen, wie es mit dem gebürtigen Castrop-Rauxeler weitergeht: Madrid oder Mainz.
Für uns Fans stellt sich aber jetzt so langsam die Frage, ob der Kader nicht etwas zu dünn besetzt ist. Das Verletzungspech war dem BVB auch in dieser Saison ein treuer Partner. Wenn das auch in der Rückrunde so weiter geht, wird Trainer Jürgen Klopp nicht nur staunend und den Rabatz bewundernd vor der Südtribüne stehen, sondern dann wird er auch den ein oder anderen Fan dort fragen müssen, ob er zufällig Fußballschuhe dabei hat.
DvB, 09.01.2009