Planwirtschaft oder Übergangsjahr auf hoher See?
In Dortmund macht sich so etwas wie Langeweile, Ernüchterung und leise Enttäuschung breit. Ist für Borussia Dortmund die Saison 2008/2009 wirklich schon vorbei? Im stillen Kämmerchen hatten wohl doch viele Anhänger gehofft, dass die Zahlen am 23. Spieltag der Saison 2008/2009 eine andere Sprache sprechen würden.
Dazu ein Vergleich der letzten fünf Jahre (mit Hinrunde 2008/2009)
- Saison 2004/2005 - 23. Spieltag - 29 Punkte - Platz 11 (Trainer: Bert van Marwijk)
- Saison 2005/2006 - 23. Spieltag - 29 Punkte - Platz 10 (Trainer: Bert van Marwijk)
- Saison 2006/2007 - 23. Spieltag - 28 Punkte - Platz 09 (Trainer: Jürgen Röber)
- Saison 2007/2008 - 23. Spieltag - 29 Punkte - Platz 13 (Trainer: Thomas Doll)
- Saison 2008/2009 - 17. Spieltag - 29 Punkte - Platz 06 (Trainer: Jürgen Klopp)
- Saison 2008/2009 - 23. Spieltag - 33 Punkte - Platz 09 (Trainer: Jürgen Klopp)
Was kann und darf man aus diesem Zahlenwerk jetzt ableiten? Borussia Dortmund hat in dieser Saison eine sehr vernünftige bis gute Hinrunde gespielt. Enttäuscht haben in der Hinserie Mannschaften wie Gelsenkirchen, VfB Stuttgart, VfL Wolfsburg und der SV Werder Bremen. Alles Mannschaften, die zu Beginn der Winterpause noch hinter uns gestanden haben. Davon ist im März 2009 nicht mehr viel übrig. Lediglich der SV Werder Bremen irrlichtert weiter in gänzlich unbekannten Regionen umher. Eine versandete Weserflotte mit einem versoffenen Ausguck auf der Sailing des Untermastes mag auf dem ersten Blick tröstlich erscheinen, hilft Borussia Dortmund aber sportlich auch nicht weiter.
Die ersten Zweifel kamen bereits vor der Winterpause auf, nach den Punkteteilungen gegen Hannover 96 / VfL Bochum im eigenen Stadion und dem mauen 0:0 auf der Bielefelder Alm. Das wird in der Rückrunde nicht reichen. Die Gefahren lauern in der Tabelle hinter uns. Der Heimsieg gegen den überaus harmlosen Abstiegskandidaten aus Mönchengladbach, verbunden mit 29 Punkten auf der Habenseite, hatte die Gemüter kurz vor Weihnachten erst einmal wieder beruhigt. Die Pause konnte kommen, leise Gedankenblitze und Zweifel wurden auf die letzten Sektoren der externen Festplatte verbannt.
Nach den, für Dortmunder Verhältnisse, besinnlichen Feiertagen meldeten sich diese ungebetenen Plagegeister allerdings prompt wieder zurück. Neue Runde, neues Glück. Diese Quälgeister auf der Schulter schafften ihrer Aufwartung gleich mit einem Sammelsurium an Fragen Gehör. Wirf doch mal einen Blick auf das Startprogramm? Fällt Dir nicht was auf? Fehlt Dede nicht noch immer? Wurde nicht der Kader nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vielleicht zu sehr ausgedünnt? Meinst Du immer noch, Borussia könnte zwischen 55-58 Punkten die Ziellinie überqueren?
Es scheint, als hätten die Zweifler und Schultersitzer diese Übergangssaison (auch wenn dieses strapazierte Wort niemand mehr hören mag) richtig bewertet und eingestuft.
Für eine Ausbeute von 58 Punkten müsste Borussia jetzt also aus den letzten elf Partien stolze 25 Punkte holen. Man müsste also mindestens sieben Partien gewinnen - ohne eine Niederlage. Gewinnt man acht Partien, kann man sich sogar noch zwei Niederlagen erlauben.
Hochrechnung hin, Statistik her. Dieser Fall wird nicht eintreten. Nimmt man den bisherigen Saisonverlauf (mit sieben Siegen und zwölf Unentschieden) erscheint diese Aufgabe unlösbar. Die direkte Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb ist neun Punkte entfernt. Auch die unter Umständen rettenden Lichter des Leuchtturms - wir werden Tabellensechster - sind auf dem offenen Meer kaum noch auzumachen. Dafür hat die Niederlage in Stuttgart gesorgt. Mit seinem Heimsieg hat der VfB (6 Punkte Vorsprung + bessere Differenz) gestern erst einmal alle Leinen gekappt. Wäre die Erde eine Scheibe, Steuermann Klopp und Kapitän Kehl könnten auf ihrer Kommandobrücke weder Land noch Rand sehen.
Eigentlich sollte im Frühjahr 2009 wieder gelassene Ruhe in unseren Reihen einkehren. Abstiegsendspiele gegen Bielefeld und Mönchengladbach wird es nicht geben - und Gelsenkirchen wird auch im Jahr 2009 die Meisterschale nur den Geschichtsbüchern der Stadtbibliothek entnehmen können. Es hätte uns also weitaus schlimmer treffen können. Aufreibend war es in den letzten Jahren oft genug. 2007 die Niederlage in Bielefeld, verbunden mit dem Absturz auf den 17. Tabellenplatz, das Beinahe-Endspiel in Wolfsburg, das drohende Horror-Szenario gegen Gelsenkirchen im eigenen Stadion.
Wer in der Kür patzt (bis zum jetzigen Zeitpunkt durfte man nur zwei Siege gegen die ersten acht Mannschaften der Bundesliga verbuchen), der muss dafür halt seine Pflicht mit Bravour erfüllen. Sonst wird das nichts mit dem internationalen Geschäft.
Aus diesem Grund gibt es jetzt so etwas wie gepflegte Langeweile. Na und? Die sitzen wir einfach stoisch bis zu den anstehenden Hochrechnungen der nächsten Saison aus.
Rolf, 10.03.2008