Spielbericht Profis

Das sportliche Ende einer schweren Woche

01.02.2009, 07:33 Uhr von:  Redaktion
Das sportliche Ende einer schweren Woche
Gedenkspruchband von THE UNITY während der Gedenkminute

Der Bericht dieses Spiels sollte mit Kevin beginnen. Vor dem sportlichen Teil.

Dieser hochemotionale Abschied von Kevin hat wohl keinen der 73.200 Zuschauer kalt gelassen. Die Betroffenheit, die tiefe Trauer über seinen viel zu frühen Tod war schon vor dem Spiel deutlich am und im Stadion zu spüren. Ein eher getragenes „You'll never walk alone", die gesenkten Fahnen auf dem Spielfeld, ein schwarzgelbes Meer auf der Südtribüne, die Einblendungen auf den Anzeigetafeln, die unzähligen Transparente, Banner und Schals, diese förmlich greifbare Stille in der Schweigeminute. So laut kann Stille sein. Kevin, die Bundesliga wird nur für kurze Zeit innehalten. Dein Platz aber wird für immer gemeinsam mit uns auf der Südtribüne sein.

Auch wenn es nicht leicht ist, kommen wir zum sportlichen Teil.

Auf dem Spielfeld entwickelte sich in der ersten Halbzeit ein Schlagabtausch der intensivsten Sorte. Nicht hochklassig, aber aufreibend und um jeden Meter kämpfend. Borussia in dieser ersten Halbzeit sogar mit leichten Vorteilen. Die Leverkusener haben den Kampf auch angenommen, aber das ist nicht ihre Art Fußball zu spielen. Das hat man sehr deutlich gemerkt.

Schwacher Auftritt der Ultras Leverkusen

Die 1:0 Pausenführung durch Alex Frei war von daher nicht einmal unverdient. In der 36. Minute war Alex zur Stelle, als Sinkiewicz im eigenen Strafraum den Ball gegen Owomoyela vertändelte. Rechnet man die große Ausgleichschance von Barnetta in der 45. Minute hinzu, war die Führung vielleicht etwas glücklich, aber nicht ganz unverdient. Die Gäste bis zu diesem Zeitpunkt doch ein wenig enttäuschend.

Eher unterdurchschnittlich auch der Auftritt der Leverkusener Fans. Gab man sich zu Beginn der Schweigeminute noch versöhnlich, wurde das Ende dieser Besinnung mit bekannten & dümmlichen Liedgut aus der untersten Schublade eingeläutet. Freunde, das war ein recht mieser Griff in die Jukebox. Bei schönstem Wetter hatten allerdings auch nur knapp 3.000 Fans aus Leverkusen die doch enormen Reisestrapazen über die A1 auf sich genommen. Für den Rückrundenstart, gleichzeitig noch ein brisantes Verfolgerduell, ist das schlicht und ergreifend zu wenig. Leverkusen hätte mit 35 Punkten direkt zur Spitze aufschließen können. Vielleicht täte da ein wenig Support mal ganz gut.

Weidenfeller hielt stark, hier gegen Helmes

Blicken wir zurück auf die zweite Halbzeit. Dieser Durchgang sollte ein völlig anderes Bild bieten. Leverkusen kam wie verwandelt aus der Kabine. Enger am Mann, mehr und mehr die spielerische Überlegenheit ausspielend. Erst eine Riesenchance von Patrick Helmes, kurz darauf ein Kopfball von Kießling an die Latte. Folgerichtig dann auch der Ausgleich nach knapp einer Stunde. Nach wunderschöner Vorarbeit durch Barnetta, der auf seiner linken Seite zum besten Mann auf dem Platz avancierte, hatte Nationalstürmer Helmes keine große Mühe zum verdienten 1:1 auszugleichen. Der Druck sollte allerdings nach diesem Ausgleichstreffer nicht weniger werden.

Von diesem Dauerdruck konnte sich Borussia in den letzten 30 Minuten des Spiels kaum noch befreien. Angetrieben immer wieder von Barnetta und dem enorm starken Rolfes, drängte Bayer bis zur letzten Sekunde auf den Siegtreffer. Fast wären sie für diesen Offensivdrang in der 87. Minute bestraft worden, aber Alex Frei konnte die Chance kurz vor Spielende leider nicht nutzen.

Was bleibt von diesem sportlichen Nachmittag zu Beginn der Rückrunde? Die Einsicht, dass man in Dortmund wohl ganz gut mit diesem glücklichen Punktgewinn leben kann. Das unglaublich harte Startprogramm ins Jubiläumsjahr dürfte nun auch dem Letzten Vernunft gelehrt haben. Werder Bremen, Bayer Leverkusen, Bayern München, Gelsenkirchen, Hoffenheim, Stuttgart. Gespielte Gegner und Aufgalopp der nächsten Wochen. Den Start in dieses Programm kann man wohl nur sehr wohlwollend als völlig gelungen bezeichnen. Misslungen sollte man ihn aber auch nicht so einfach abstempeln. 30 Punkte bis zu diesem Zeitpunkt sind mehr als zufriedenstellend. Die sportlichen Wochen der Wahrheit führen uns am nächsten Sonntag nach München. Da wird es schwer genug, diese 30 Punkte auszubauen. Eine etwas optimalere Ausbeute zu diesem Zeitpunkt hat man in der Hinrunde 2008 gegen andere Gegner verspielt.

Die Spieler im Überblick

Weidenfeller und Santana hatten allerhand zu tun

Weidenfeller: Ein guter Auftritt. Mit kleinen Unsicherheiten bei hohen Bällen, verteilt auf beide Halbzeiten. Da musste man mal kurz durchschnaufen. In anderen Situation auf dem Posten. Von daher eine 3

Lee: Hat schon weitaus bessere Spiele auf seiner Seite abgeliefert. In der schnellen Vorwärtsbewegung nicht so aktiv wie gewohnt. Hinten gab es Schwerstarbeit. Eine glatte 4

Subotic: Der junge Mann kann an die Form der Hinrunde nicht anknüpfen. Da standen ab und an die Haare zu Berge. Aufbaufehler, Zweikämpfe, bei denen er noch die Cleverness und Standfestigkeit der Hinrunde vermissen lies. Das war wohl eher eine 5

Owomoyela: Die zwei Seiten einer Medaille. In den ersten Minuten von allen guten Geistern verlassen, beim Führungstreffer sehr gut nachgesetzt und vorbereitet, in der zweiten Halbzeit mehrmals vom bärenstarken Barnetta düpiert - und fünf Minuten nach dem Leverkusener Ausgleich auf der Linie gegen Barnetta gerettet. Ein ständiges Auf und Ab. Belohnt mit einer 3

Kringe gegen Renato Augusto

Kringe: Florian läuft schon fast die ganze Saison seiner Form hinterher. Da wird er in dieser Form wohl noch einen weiten Weg zurücklegen müssen. Wenig inspiriert auf seiner Position. Eine 5

Tinga: Das war auch heute nicht sein Tag. Zu viele Fehler im Aufbauspiel, zu viele Fehler in der Abräumarbeit. Das wirkt momentan etwas glücklos. Auch hier lediglich eine 4

Zidan: An diesem Neuzugang werden sich wohl noch einige Zeit die Geister scheiden. Eigentlich kann man ihm ja nicht viel vorwerfen. Der Einsatz stimmt ja. Aber - er gewinnt zu wenig Zweikämpfe, traut sich vielleicht auch nicht genug zu - und kann somit einem schnellen Spiel kaum Impulse verleihen. Das wirkt oft unglücklich. Von daher auch hier eine 5

Boateng hinterlässt einen starken Eindruck

Frei: Der Schweizer ist auf dem richtigen Weg. Macht seine unschönen EM-Erinnerungen und die folgende Hinrunde mehr und mehr vergessen. Hat in Sachen Spritzigkeit ganz deutlich zugelegt. Wird belohnt mit einer 2

Boateng: Man muss berücksichtigen, dass er eine verlorene Zeit bei den Spurs verbracht hat. Nach zwei Einsätzen über die volle Distanz kann das noch nicht auf oberstem Level sein. Unmöglich. Dafür ist die Bundesliga zu stark. Hat nach starken Beginn mehr und mehr abgebaut. Offenbar reicht es im Moment nur für eine Stunde. Von daher eine 4

Sahin: Nun ja. Gesellen wir ihn zu seinen Mitstreitern Kringe und Tinga. Mit diesem Los hatte er es an diesem Tag schon schwer genug. Eine schwache 4

Santana: Hatte in einer geforderten Abwehr auch nicht seinen besten Tag. Der Druck der Leverkusener war aber ab Minute 46 auch enorm. So einen Dauerdruck können nicht viele Teams entfachen. Von daher auch hier eine 4

Die Kurzeinsätze von Öztekin und Valdez verpufften in der Leverkusener Belagerung. Nicht wirklich zu bewerten.

Stimmen zum Spiel:

Frei und Klopp nach dem Spiel

Jürgen Klopp: Auch wir sind nicht ganz zufrieden. Leverkusen ist eine sehr, sehr spielstarke Mannschaft. Wir haben in der ersten Halbzeit noch ganz gut dagegen gehalten. Im zweiten Abschnitt ist uns das nur noch selten gelungen. Wir wollten uns bestimmt nicht am Strafraum verrammeln, aber ab der 50. Minute haben wir mehr und mehr das Vertrauen in unser System verloren. Da klappte nicht mehr viel im Aufbau, vielleicht hatten wir auch zu viel Respekt. Das gehört aber zu unserer Entwicklung. So ein Fehlverhalten gehört ganz einfach dazu, die Entwicklung meiner Mannschaft ist nicht nach einer Vorrunde abgeschlossen. Unmöglich. Wir haben jetzt ein schweres Auswärtsspiel. Auf dieses Spiel in München freuen wir uns.

Bruno Labbadia: Das war in der ersten Halbzeit ein sehr intensiv geführtes Spiel. Das hatte ich meiner Mannschaft aber vorher gesagt. Hier in Dortmund, in diesem Stadion geht es zur Sache. In der zweiten Halbzeit haben wir Borussia eingeschnürt. Wir hatten viele Chancen, die Ausbeute war heute zu gering. Das tut mir leid für meine Mannschaft. Da hätte meine junge Mannschaft mehr verdient gehabt. Wir haben hier heute zwei Punkte verschenkt.

Florian Kringe: Eigentlich war das eine gute erste Halbzeit. In der zweiten Halbzeit waren wir einfach nicht konsequent genug. Wenn es hart auf hart kam, wenn es mal richtig zur Sache ging, dann sind die Bälle immer bei den Leverkusenern gelandet. Die können auch natürlich unglaublichen Druck entfachen. Gegen solche Gegner spielt man nicht oft. Wir haben dann schon etwas den Überblick verloren.

Adler stoppt Frei recht unfair

Rene Adler: Wir haben in der ersten Halbzeit den Arsch nicht richtig hochbekommen. Wenn ich das mal so sagen darf. Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Vor dieser Kulisse war da vielleicht ein wenig Respekt. Das haben wir dann im zweiten Durchgang abgelegt. Am Ende haben wir zwei Punkte verloren.

Statistik:

Aufstellungen:

BVB: Roman Weidenfeller - Young-Pyo Lee, Neven Subotić, Patrick Owomoyela, Felipe Santana, Florian Kringe, Tinga, Kevin-Prince Boateng, Nuri Şahin (70. Nelson Valdez), Mohamed Zidan (70. Yasin Öztekin), Alexander Frei

Leverkusen: René Adler - Manuel Friedrich, Lukas Sinkiewicz, Michal Kadlec, Gonzalo Castro, Simon Rolfes, Tranquillo Barnetta, Renato Augusto, Arturo Vidal, Patrick Helmes, Stefan Kießling

Tore:
1:0 Alex Frei (36.Minute / Owomoyela)
1:1 Patrick Helmes (63.Minute / Barnetta)

Schiedsrichter:
Florian Meyer, Assistenten: Thomas Frank, Carsten Kadach

Gelbe Karten:
Vidal (31.Minute / Leverkusen)
Boateng (53. Minute / Borussia Dortmund)

Zuschauer: 73.200

Die Fotostrecke findet Ihr auf unserer BVB-Fotoseite.

geschrieben von Rolf

Fotostrecke BVB - Bayer Leverkusen

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