Das Ende trister Samstage
Zu Beginn dieses Artikels ist es Freitag Abend. Genau 22:01 Uhr und dem Autoren dieser Zeilen wird wieder einmal schmerzlich bewusst, dass die Sommerpause eine verdammt unangenehme Erfindung ist. Wieder steht ein trister Samstag ohne wirkliche Struktur ins Haus. Man geht einkaufen, putzt die Bude oder das Auto, verbringt Zeit mit der Familie und erledigt die Dinge, zu denen man unter der Woche nicht gekommen ist. Irgendwie kriegt man den Tag schon kaputt.
Trotzdem fehlt diesen Sommerpausen-Samstagen irgendwie alles, was einen Samstag erst so richtig sinnvoll macht: Das Aufstehen mit dem Kribbeln im Bauch, der Gang zum Stadion, die Bratwurst, das Fachsimpeln mit den Freunden, Gesänge, die elf schwatzgelb gewandeten Kicker auf dem Platz, der Torjubel - kurz gesagt, der Fußball. Gut, die letzten Spielzeiten haben uns Fans die Sommerpause eher herbei sehnen lassen, aber dieser Zustand ist zum Glück immer nur vorübergehend und die fußballfreie Zeit wird schnell wieder zur quälenden Abstinenz. Allen, die genau so empfinden, vorab eine gute Nachricht: Von dieser Sorte gilt es nur noch nulldreipluseins zu überstehen und dann geht's wieder los.
Und es geht sofort in die Vollen. Keine Tingeltour in der ersten Runde des DFB-Pokals in die bayrische Landesliga, wo die Plätze unter der Woche als Kuhweiden genutzt und leicht zu demontierende Stahlrohrkonstruktionen als Behelfstribünen aufgebaut werden. Es geht nach Essen. Nunja, genau genommen geht es gegen Rot-Weiss-Essen. Wohin die Reise letztendlich führt, steht noch nicht fest, die schöne Essener Hafenstraße wird es wohl leider nicht werden. Dennoch gleich zum Auftakt ein echter Knaller. Der alte und mittlerweile leider konstant kränkelnde Traditionsverein, der Spieler wie den „Boss" Helmut Rahn, Willi „Ente" Lippens oder Schlitzohr Frank Mill hervorgebracht hat, ist immer noch ein überaus attraktives Los. Stimmung und Atmosphäre sind bei diesem Spiel garantiert und die Anfahrt dürfte wohl innerhalb von 30 Minuten zu schaffen sein. Ein echter, schöner und rassiger Pokalfight erwartet uns. Halbe Kraft und lockeres Warmlaufen können sich weder unsere Kicker, noch wir Fans leisten. Für mich geht mit diesem Spiel schon sowas wie ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung. Ein echtes Traumlos. Gott, was freu ich mich schon auf dieses Spiel.
Und dann, eine Woche später, wird sie endlich angepfiffen. Die Bundesligasaison 2008/2009. Ja, endlich wieder leben. Und auch hier gibt's zum Auftakt kein langes Vorspiel. Auswärts Leverkusen - es gibt durchaus leichtere Aufgaben. Leider erfüllt sich der Traum von Auswärtsheimspiel nicht. In Leverkusen baut man aufgrund der riesigen Euphorie rund um den einstigen Werksclub das Stadion auf das Fassungsvermögen unserer Trainingsanlage in Brakel aus. Schade, dass man das Stadion unterm Bayer-Kreuz zum Anpfiff so weit aufgeräumt hat, dass dort eine Bundesligapartie ausgetragen werden kann und man nicht nach Düsseldorf ausweichen muss. Das wäre sonst ein Festessen mit fünfstelliger Besucherzahl in der Gästekurve für uns geworden. Aber man kann ja nicht alles haben.
Das Wochenende darauf öffnen sich zum ersten Heimspiel der Saison endlich wieder die Pforten unseres geliebten Westfalenstadions. Und man wird sie weit öffnen müssen. Die Münchener Bayern begeben sich nach Westfalen, um sich dort bereits am zweiten Spieltag die erste Saisonniederlage abzuholen. Ausverkauft ist sowieso und der Laden brummt. Endlich wieder die in den gelben Farben strahlende Wand der Südtribüne. Endlich wieder das Brüllen der Mannschaftsaufstellung und das Heja-BVB vor dem Anpfiff. Ich freue mich schon auf dieses heimelige Gefühl, endlich wieder „zuhause" zu sein, auf die ähnlich Bekloppten rings um einen herum und 90 auf Minuten Fußball Marke Borussia auf dem Rasen. Ich werde es wieder lieben, dieses Gefühl in mir aufsaugen und wie jedes Jahr wieder glücklich denken: „So soll ein Samstag sein".
Danach wird's hässlich im Doppelpack. Cottbus auswärts und Derby daheim. Besticht die erste Partie eigentlich nur durch die Aussicht, traditionell drei Punkte einzufahren, steht zweitere wie wohl kein anderes Spiel für eine hitzige Atmosphäre und Adrenalin pur. Das Blaukraut wird gewohnt zahlreich vor Ort sein und alles fokussiert sich auf 90 Minuten Derbykampf. Schönheitspreise werden woanders vergeben, hier geht es einzig und allein darum, nach Abpfiff den Platz als Sieger zu verlassen. Das fühlt sich so unheimlich gut an, dass man davon gar nicht genug bekommen kann. Von mir aus könnten die sofort morgen, ach was, gleich schon anpfeifen.
So geht sie los, die neue Saison. Und sie geht gut los. Der Schwierigkeitsgrad ist zwar nur schwer zu toppen, aber sie bietet sofort alles, was das Fußballherz begehrt. All das, was wir Fußballsüchtel so schmerzlich vermisst haben, gibt es sofort in der vollen Dosis. So soll es sein.
Wer jetzt bei diesem Text eine tiefgründige Analyse der Neuzugänge und eine Prognose der Saison erwartet hat, wird wohl bitterlich enttäuscht sein. Ich persönlich habe es aufgegeben, unsere geliebte Wundertüte BVB vor der Saison zu bewerten. Am Ende kommt es eh immer anders als gedacht.
Ich weiß nur eins: Bald rollt der Ball wieder. Das Fußballherz schlägt wieder im gewohnten Rhythmus und pumpt BVB durch die Adern meines Körpers. Man geht Montags zur Arbeit und kann sich durch die Vorfreude auf das nächste Spiel wieder durch die Woche treiben lassen. Endlich wieder klare Eckpunkte für die Wochenendplanung. Endlich wieder Fußball. Durchhalten, lange dauert es nicht mehr und die tristen Sommerpausen-Samstage sind Geschichte. Endlich.