Standardisiertes Unentschieden gegen Berlin
In einem kampfbetonten, teilweise aber auch recht ansehnlichem Spiel, trennen sich die Berliner Hertha und Borussia Dortmund mit einem 1:1-Unentschieden. Der Ausfall von Kuba raubt der Borussia die Allzweckwaffe und verhilft Berlin zu einem im Endeffekt glücklichen Punkt.
Der BVB hatte im Sonntagsspiel gegen die von Lucien Favre trainierte Hertha genau zwei Änderungen im Vergleich zum aufreibenden Spiel in Bremen vorgenommen. Mats Hummels, der wiedergenese Innenverteidiger, rückte für den angeschlagenen Kovac in die erste Elf, während Hajnal anstelle von Alexander Frei begann. Damit griff Jürgen Klopp taktisch wieder auf die bewährte Raute zurück. Der Ungar Hajnal sollte das Spiel lenken, Kuba agierte wieder als leicht zurückgezogene Spitze. Gar kein Platz im Kader blieb dagegen Santana, Federico oder auch Kruska.
Bei Berlin reüssierte der zuletzt auf die Tribüne verbannte Unsympath Marko Pantelic, Voronins verletzungsbedingter Ausfall ließ Favre beim eher dünnbesetzten Kader kaum eine andere Möglichkeit. Nationalspieler Arne Friedrich erholte sich nach seinem Auswechslung im Uefa-Cup rechtzeitig und begann wieder in der Innenverteidigung. Ansonsten lief die Berliner Mannschaft auf, von der man es gewohnt ist.
Das Westfalenstadion war mit 66.600 Zuschauer für ein Sonntagsspiel ordentlich gefüllt. Doch die Stimmung wirkte etwas müde. Auch die eher unnötigen BVB-Anfeuerungsrufe von Nobby und den einzelnen Tribünen änderte das nicht. Nachdem dem Rassismus von den Spielern einheitlich die rote Karte gezeigt wurde, begann die Partie.
1. Hälfte
Und Dortmund begann gut. Muntere Kombination, vor allem von Hajnal, Kehl und Valdez sorgten zu Beginn für einige sehenswerte Aktionen. Eine Hackenablage von Valdez auf Tinga, der den Ball aber über den Kasten hob, war die bis dato schönste Aktion gewesen (5. Minute). Nur eine Zeigerumdrehung später versuchte sich Kehl mit einer Direktabnahme, verfehlte das Tor aber deutlich. Auch Kringe schloss einmal ansatzweise gefährlich ab. In den ersten Minuten schien es, als könne der BVB ein ähnliches Feuerwerk wie gegen den VfB Stuttgart abbrennen und das Spiel deutlich für sich entscheiden. Auch die Fans hatten so langsam das Gefühl, dass die Borussia das Feld als Sieger verlassen würde. Zu dominant war das Spiel von Hajnal und Co., zu platt die auf Konter lauernde Hertha. Die BVB-Fans, die eher gemächlich in den Spieltag gestartet waren, wurden nach zehn Minuten aktiver. Daran hatte vor allem die Mannschaft auf dem Platz einen Anteil. Von da an tönten die schwarzgelben Sprechchöre etwas lauter. Die Anhänger aus der Hauptstadt, die zahlenmäßig ein eher schwaches Bild ablieferten (650 Fans waren mitgekommen), sangen monoton, aber immerhin mit langem Atem ihre ein bis zwei Liedstrophen. Etwas einfallslos, aber immerhin mit großem Durchhaltevermögen.
Ihrer Mannschaft ging es ähnlich. Nach einer knappen Viertelstunde aber kamen auch sie das erste Mal gefährlich vor das Tor von Roman Weidenfeller. Subotic klärte einen Schuss von Raffael im letzten Moment für seinem Schlussmann (14.), bei der darauffolgenden Ecke wurde Schmelzer zum Retter in höchster Not. Ciceros Ball kratzte er von der Linie.
Nachdem sich der BVB langsam wieder freigeschwommen hatte, der nächste Rückschlag. Stein traf Kuba im Gesicht, und es ging nicht mehr weiter für den in letzter Zeit so gut aufgelegten Polen. Der Schweizer Frei ersetzte ihn nach zwanzig Spielminuten. Der fügte sich sofort gut ein, indem er einen Pass von Hajnal volley aus der Luft nahm. Jaroslav Drobny konnte gerade so parieren (22.). Der BVB übernahm langsam aber sicher wieder das Heft des Handelns. Drei Minuten später schaltet sich auch Paraguayer Valdez ernsthaft in die Dortmunder Angriffsbemühungen ein. Sein harter Schuss aus nahezu 30 Metern verfehlte das Tor nur knapp.
Wer das Tor vorne nicht macht, wird hinten bestraft. Und so war es Raffael, der nach einer guten halben Stunde schön von Pantelic in Szenen gesetzt wurde und von Weidenfeller nur noch mit einem Foul gestoppt werden kann. Der eigentliche Fehler war aber Hummels passiert, als er bedingt durch schlechtes Stellungsspiel nur noch am Ball vorbeigrätschen konnte. Cicero ließ dem BVB-Torwart keine Chance (31.). Das 0:1 allerdings stellte den Spielverlauf etwas auf den Kopf.
Der BVB reagierte geschockt auf den Rückstand. Fehlpässe wurden häufiger, das Spiel ungenauer und die Flügel total vernachlässigt. Die Folge: Chancen blieben Mangelware. Das Ausscheiden von Kuba tat da sein Übriges. Eine einzige Tormöglichkeit hatten die Schwarzgelben vor der Halbzeitpause noch. Und die hatte es dafür in sich. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte konnte Chahed nach einer abgefälschten Frei-Ecke mit dem Unterarm auf der Linie klären, Hajnals Nachschüsse parierte Hertha-Keeper Drobny glänzend. So blieb es zur Pause beim knappen und unverdienten Rückstand für die Klopp-Elf.
2. Hälfte
Nach der Pause verstärkte der BVB den Druck noch, ohne dabei aber ins offene Messer zu laufen. In der 50. und 69. Minuten tauchte Mats Hummels jeweils nach einer Ecke gefährlich vor dem Berliner Tor auf, verfehlte das Tor aber beide Male knapp. Das Spiel über die Außen Lee und Schmelzer, später dann Owomoyela, wurde forciert. Trotzdem tat sich der BVB unheimlich schwer damit, die Abwehr der Hertha auszuspielen. Bis auf Pantelic verteidigten alle Berliner und ließen kaum etwas zu. Die klare Überlegenheit konnten die Hausherren deswegen nicht in große Torchancen ummünzen.
Bei Standards allerdings blieben die Dortmunder gefährlich, Einen Freistoß vom etwas abgetauchten Frei hielt Drobny noch (61.), einem Subotic-Freistoß konnte er nur noch hinterher gucken. Allerdings zischte auch dieser Hammer knapp über die Torlatte (65.). In der 71. Minute dann die Erlösung. Eine Ecke von links, hereingetreten von Alex Frei, fällt auf den Kopf von Kehl. Der Ex-Freiburger kommt im Fünfmeterraum vor Drobny an den Ball und muss nur noch einnicken. Der Hertha-Keeper, der vorher einige Male stark reagiert hatte, machte dabei alles andere als eine glückliche Figur.
Angetrieben von diesem Treffer drängte der BVB noch einmal auf den Siegtreffer. Und die Berliner schwimmen plötzlich in der Defensive, allerdings fehlt Dortmund in Gestalt von Hajnal, Valdez und dem eingewechselten Zidan die letzte Konsequenz vor dem Tor.
Die Hertha wiederum gibt sich auch mit diesem einen Punkt zufrieden und schindet noch mal mächtig Zeit (Drobny, Pantelic). Und das Unentschieden halten sie auch bis zum Schlusspfiff.
Fazit
Wieder einmal lässt der BVB zwei Punkte liegen, die durchaus verdient gewesen wären. Mit dem dritten Unentschieden in Folge verliert Dortmund langsam aber sicher den Anschluss an die absolute Spitzengruppe der Liga. Ein Sieg gegen Köln ist Pflicht, wenn man sich zumindest im oberen Drittel der Tabelle festsetzen will. Das Engagement und einzelnen Phasen der Partie machen für die Zukunft Mut. Jetzt zählt es, gerade die Partien, in die man als Favorit hineingeht, für sich zu entscheiden.
Einzelbewertung
Weidenfeller: Sicherer Rückhalt seiner Mannschaft. Verursacht zwar den Elfmeter, wird aber von seiner Abwehr in dem Moment auch alleine gelassen. Hatte aber auch nicht wirklich viel zu tun. Note 3
Lee: Mal wieder eine mehr als solide Leistung der Neuverpflichtung. Nicht nur in der Defensive stabil, sondern auch das ein oder andere Mal mit klugen Aktionen nach Vorne. Sehr ballsicher. Note 3
Owomoyela: Konnte sich nach seiner Einwechslung nicht effektiv in das Spiel seiner Mannschaft einbringen. Verlor zudem zu viele Bälle, einmal haarsträubend. Muss nach seiner Verletzungsserie noch seine Form finden. Note 4,5
Hummels: Nicht schuldlos beim Gegentor, bei dem er durch ein schlechtes Stellungsspiel nicht mehr an den Ball kommt und Raffael alleine ziehen lassen muss. Ansonsten aber sehr aktiv, auch in der Offensive (Ecken). Machte von hinten das Spiel. Note 4
Subotic: Scheint wieder die Form aus den ersten Spielen zu erlangen.
Beschränkte sich heute in der Anfangsphase nur mit dem Wesentlichen,
drosch auch den ein oder anderen Ball konsequent weg. Wohl auch in
Gedenken an seinen Lapsus im Pokalspiel gegen die Hertha weitaus
geradliniger. Note 2
Schmelzer: War sehr bemüht
und oft am Ball, allerdings spielte er auch das ein oder andere Mal
einen Fehlpass. Entwickelt sich trotzdem mehr als ordentlich und wird in
Zukunft noch viel Spaß machen. Note 3,5
Kehl:
Sehr präsent, ballsicher, zweikampfstark. Nur in den ersten Minuten nach
der Pause mit zwei, drei Fehlpässe, ansonsten auch hier stark
verbessert. Nicht nur dank des Tors eine Leistung, die an den alten Kehl
vor der Verletzung erinnern. Note 2
Kringe: Arbeitete viel, hatte auch die ein oder andere gelungene Aktion. Hat aber auf jeden Fall noch Potential nach oben. Note 3,5
Tinga:
Nicht der Tag des Brasilianers. Zu Anfang sehr offensiv und
torgefährlich. Dann schlichen sich aber immer mehr Abspielfehler in sein
Spiel ein. Hemmte den Spielfluss etwas. Folgerichtig ausgewechselt. Note 4,5
Hajnal:
Ein Aktivposten im Offensivspiel, leitete viele Angriffe gekonnt ein,
holte sich viele Bälle weit in der eigenen Hälfte. Am Ende etwas
untergetaucht, trotzdem nach der Verletzung einen gute Leistung. Note 2,5
Frei: Holte sich die Bälle immer wieder von hinten, arbeitete viel und hatte auch die ein oder andere Chance. Bereitete mit der Ecke zudem den Ausgleich von Kehl vor. Note 3
Valdez: Starke Anfangsphase, unauffälliger Mittelteil, ordentliche Schlussphase. Spielte meist ganz gut mit, ohne aber gefährlich vor das Tor zu kommen. Note 4
Kuba: Diesmal musste er leider schon nach zwanzig Minuten wegen eines
Nasenbeinbruchs vom Platz. Deswegen ohne Bewertung. Gute Besserung,
Kuba! keine Note
Zidan: Kam noch das ein oder
andere Mal gefährlich vor das Tor, bereitete Hajnals Doppelchance gut
vor. Wollte zu oft mit dem Kopf durch die Wand. keine Note
Stimmen
Lucien Favre: " Nach dem schweren Spiel gegen Lissabon am Donnerstag
haben wir immerhin ein 1:1 in Dortmund erreicht. Wir waren natürlich ein
bisschen müde. Die erste Halbzeit fand ich okay. Aber irgendwann hatten
wir nicht mehr viel Kraft. Nach vorne haben wir dann zu wenig getan,
obwohl wir mit dem ein oder anderen Konter auch noch das 2:1 hätten
machen können. Das Ergebnis ist alles in allem gerecht, ich kann damit
gut leben."
zu den Streitigkeiten beim Elfmeter: "Es war immer
geplant, das Cicero und nicht Chahed schießt. Das stand fest. Können Sie
nicht über Fussball reden, über Taktik zum Beispiel? Das hier ist doch
unwichtig. Cicero sollte schießen."
Jürgen Klopp: "Ich kann
verstehen, dass die Hertha am Ende mit diesem 1:1 zufrieden ist. Wir
haben so viel investiert, aber wieder einmal nicht den verdienten Lohn
bekommen. Die Berliner standen in der Defensive sehr gut und wir haben
uns in manchen Situationen das Leben selbst schwer gemacht. Ich habe
heute viele gute Ansätze gesehen, die wir beibehalten wollen, aber auch
viele Dinge, die wir abstellen müssen. Nach der Verletzung von Kuba
haben wir zuviel durch die Mitte gespielt - das habe ich auch in der
Halbzeit so angesprochen - aber da waren auch einige gute Kombinationen
dabei."
zur Verletzung von Kuba: "Die Nase ist gebrochen und stand ab in alle Richtungen. Die Maske ist schon bestellt."
zum Schiedsrichter-Team: "Bei den Fehlentscheidungen macht das ganze keinen Spaß mehr. Der Linienrichter meinte zu mir, dass wir auch schon bevorteilt worden wären. Ich weiß sehr wohl, dass wir gegen Schalke auch Glück damit gehabt haben, aber das war - auch wenn es ein Derby war - nur ein Punkt. Gegen Hannover und heute, das wären schon vier Punkte gewesen. Damit könnte ich besser leben."
Aufstellungen
BVB: Weidenfeller - Lee, Subotic, Hummels, Schmelzer (60. Owomoyela) - Kehl - Tinga (71. Zidan) , Kringe - Hajnal - Kuba (20. Frei), Valdez
Hertha BSC: Drobny - Chahed, Friedrich, Kaka, Stein - Lustenberger (61. Dardai), Kacar - Cicero, Nicu - Raffael, Pantelic (77. Domovchiyski)
Tore: 0:1 Cicero (31., FE, Weidenfeller an Raffael), 1:1 Kehl (71., Kopfball, Vorarbeit Frei)
Gelbe Karten: Valdez - Drobny, Stein, Chahed
Schiedsrichter: Florian Meyer (Burgdorf) - Note 4
Zuschauer: 66.600
geschrieben von Daniel R.