Unsa Senf

Kirch-Krise: Erhalten die Proficlubs jetzt eine Bürgschaft vom Land?

06.04.2002, 00:00 Uhr von:  Guido
Kirch-Krise: Erhalten die Proficlubs jetzt eine Bürgschaft vom Land?
Kirch-Krise

Im Falle einer möglichen Insolvenz der Kirch-Gruppe erwägen der Bund und mehrere Landesregierungen nun, Bürgschaften in Höhe von 200 Millionen Euro für die 36 Fußball-Bundesliga-Vereine zu leisten, um den Bankrott zahlreicher Profi-Vereine zu verhindern. Dies bestätigte am Donnerstag ein Sprecher der nordrhein-westfälischen Landesregierung. So soll das Land Nordrhein-Westfalen grundsätzlich bereit sein, sich gemeinsam mit anderen Bundesländern und dem Bund an einer Bürgschaft für die Liga zu beteiligen.

In Bankenkreisen hieß es, nur die noch möglichen Investoren um den australischen Medientycoon Rupert Murdoch (rechts) und den Silvio Berlusconi (links) könnten mit Zugeständnissen die drohende Pleite von Leo Kirch's (mitte) Kirch-Gruppe verhindern.
In Bankenkreisen hieß es, nur die noch möglichen Investoren um den australischen Medientycoon Rupert Murdoch (rechts) und den Silvio Berlusconi (links) könnten mit Zugeständnissen die drohende Pleite von Leo Kirch's (mitte) Kirch-Gruppe verhindern.

Die Bundesliga will mit Hilfe der Politik verhindern, dass sich die Krise bei dem hoch verschuldeten Medienunternehmen Kirch bis auf den Profifußball durchschlägt. Laut Informationen der „BZ“ (Berliner Zeitung) will Firmeninhaber Leo Kirch spätestens am Freitag den Gang zum Insolvenzrichter antreten, nachdem in den letzten Tagen die Verhandlungen zwischen Banken, Investoren und der Kirch-Gruppe ergebnislos abgebrochen wurden. Auch eine Verhandlungsrunde zwischen Kirch und der Filmindustrie in Hollywood blieben ergebnislos. Sollte sich nicht in letzter Minute doch noch eine Lösung der Kirch-Krise ergeben, sei der Konkurs unvermeidlich, hieß es aus Unternehmenskreisen.

Dies würde wiederum schon recht kurzfristig ein finanzielles Problem für den deutschen Profifußball ergeben. Nach ersten Verhandlungen auf Arbeitsebene zwischen Politik, vertreten von Wirtschafts- Staatssekretär Alfred Tacke, und Ligaverband, vertreten vom Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga, Wilfried Straub, deutet sich eine überraschende Lösung an.


Die Kirch-Gruppe und die Bundesliga
Die Kirch-Gruppe und die Bundesliga

Tacke und der NRW- Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) haben angeblich in Absprache mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bereits Mitte Februar mit dem Liga-Vorsitzenden Werner Hackmann, Straub und weiteren Fußball-Managern gesprochen. Bei diesem Treffen sollen angeblich u.a. Reiner Calmund und Michael Meier teilgenommen haben. „Bei diesen Gesprächen ist verhandelt worden, dass Bund und Länder der Bundesliga ein halbes Jahr Liquidität verschaffen wollen, damit in dieser Zeit die TV-Vermarktung neu geregelt werden kann“, zitierte die BZ Miriam Meckel, Medien-Staatssekretärin in NRW. Die nächsten Raten des Kirchkonzerns für die Übertragungsrechte in Höhe von je knapp 100 Millionen Euro sind Anfang Mai und Anfang August fällig. Kirchs Gesamtvertrag mit der DFL läuft sogar bis Mitte 2004. Bis dahin müssen insgesamt 900 Millionen Euro den Besitzer gewechselt haben.

Bundesliga Logo
Bundesliga Logo

Um eben diese knapp 100 Mio. EUR für die DFL, sowie rund weitere 100 Mio. EUR hat sich die Lage zugespitzt. Die Gläubigerbanken HypoVereinsbank, BayernLB, DZ Bank und Commerzbank sind im Grundsatz bereit, Kirch Media zu helfen, um die Insolvenz zu vermeiden. Sie wollen aber, dass sich auch die Investoren an einem Überbrückungskredit beteiligen. Die Banken forderten von den Investoren, 40 Prozent von dieser Summe zu übernehmen. Die beiden Minderheitsgesellschafter, der australische Medienunternehmer Rupert Murdoch und Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, können sich jedoch nicht mit den Banken auf ein Konzept für eine Zwischenfinanzierung einigen. Mit der Commerzbank und DZ Bank sind aus diesem Grund bereits zwei Gläubiger ausgestiegen. Laut Financial Times seien auch keine neuen Gespräche mit den Minderheitsaktionären geplant.

Offenbar spekulieren die beiden Medienmogule Berlusconi und Murdoch darauf, bei einem Konkurs der Kirch-Media für eine Übernahme von Unternehmensteilen insgesamt weniger bezahlen zu müssen. Darunter befinden sich unter anderem Fernsehsender wie Pro7, Sat1, DSF, aber auch Rechte an Filmen, Serien und Sportereignissen. Darunter u.a. die Fußball-Bundesligarechte bis einschließlich der Saison 2003/2004 sowie der WM 2002 und 2006. Potenzielle solvente Käufer gibt es wenige. Immer wieder fallen die Namen Murdoch und Berlusconi, die sich beide offensichtlich deshalb so querstellen, um mehr Anteile zu Schnäppchenpreisen zu ergattern. In Deutschland gibt es dagegen wenig finanzkräftige Interessenten für den angeschlagenen Konzern. Zwar werden die Deutsche Telekom und der Essener WAZ-Konzern genannt, zugetraut wird es beiden, für die der Fernseh- und Rechtemarkt Neuland wäre, jedoch nicht.

Highlights der Kirch-Gruppe

Insbesondere auf Seiten der Politik, aber auch der Fußballbundesliga gibt es jedoch einige Bedenken bezüglich eines Engagement von Berlusconi oder Murdoch.

FC Bayern-Manager Uli Hoeneß dazu besorgt: „Aus England hören wir, Murdoch sei ein Hai. Einer, der nicht den Fußball, sondern die eigene Kasse liebt, und der morgen bereit ist, für fünf Mark Verlust das Ding wieder wegzuschmeißen.“ Dabei dürfte der FC Bayern, neben Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund noch die geringsten Sorgen haben. Selbst ein Verein, wie der FC Schalke wird bei einem Zahlungsausfall angesichts hoher Tilgungskosten für den Bau der Arena in Finanzprobleme kommen.

Auf der anderen Seite sitzt grade beim FC Bayern auch einer der Verantwortlichen für die Kirch-Krise im Aufsichtsrat, nämlich der bayrische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union Edmund Stoiber (CSU). So haben die Bayerische Landesbank sowie diverse bayerische Politiker in den Aufsichtsräten, nicht rechtzeitig erkannt, wie sich der Kirch-Konzern immer weiter finanziell aufgebläht hat, ohne dass es hierfür eine Absicherung gab. Insbesondere sind hierbei die überteuerten Rechte für die Fußball-WM sowie die Rechte für die Formel 1 zu nennen.

Während die Bundesliga ihre Probleme mit Murdoch hat, hat die Politik wiederum ihre Probleme mit Silvio Berlusconi, seines Zeichen italienischer Regierungschef und Außenminister am rechten äußeren Rand. Während es in Deutschland undenkbar wäre, dass ein Politiker die Medien für eigene Machtspiele missbraucht, so sieht die Situation in Italien anders aus. Dort macht Berlusconi seit Jahren Politik über seine Fernsehsender und Tageszeitungen und erreichte mit Hilfe dieser Propaganda bei den letzten Parlamentswahlen die Mehrheit in Italien. Vor einer solchen Machtausbreitung der italienischen Regierung haben deutsche Politiker selbstverständlich Angst und daher ist die derzeitige Allianz zur Rettung der "Deutschen liebstes Kind" durchaus verständlich.

Leo Kirch hat sich im heimischen Ismaning derweil schon von seinem „Baby“ verabschiedet. Und er weiß dabei auch, wem er die momentane ausweglose Situation zu verdanken hat: „Dann frisst er mich eben. Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Die Knochen wird auch Murdoch mir schon lassen“, so der wankende Mogul Leo Kirch.

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel