Spielbericht Profis

Ohne Glanz und Kraft, aber mit Erfolg

03.11.2001, 00:00 Uhr von:  Arne

Effizient - mit diesem Wort lässt sich die Spielweise des BVB in den letzten beiden Spielen in Cottbus und heute im heimischen Westfalenstadion gegen den VfB Stuttgart wohl am ehesten beschreiben, gelang es der Borussia doch auch gegen die Schwaben wieder, mit einer unglaublich schwachen Leistung und praktisch nur einer echten Torchance das Spiel für sich zu entscheiden und somit die drei Punkte nach Hause zu fahren.

Während Matthias Sammer exakt der Mannschaft das Vertrauen schenkte, die schon eine Woche zuvor in der Lausitz gegen Energie Cottbus angetreten war, änderte VfB-Coach Felix Magath sein Team im Vergleich zum vergangenen Spieltag zumindest auf einer Position und brachte den wiedergenesenen Krassimir Balakow anstelle des leicht angeschlagenen Jochen Seitz in die Anfangsformation.

Zweikampfsieger: Krassimir Balakow gegen den recht schwachen Evanilson
Zweikampfsieger: Krassimir Balakow gegen den recht schwachen Evanilson
© Bild: Onlinesport

Die Stuttgarter begannen dann auch von Beginn der Partie an druckvoll und es war deutlich zu spüren, dass sie sich etwas vorgenommen hatten und sich keinesfalls vor der scheinbaren Übermacht der Schwatzgelben verstecken wollten. Zwar gehörte die erste nennenswerte Aktion des Spiels dem BVB, als sich Amoroso nach einem Rosicky-Befreiungsschlag aus der eigenen Hälfte gekonnt auf der rechten Seite durchsetzen konnte, dann aber mit einem zu ungenauen Pass den sich freilaufenden Ewerthon nicht fand, doch ansonsten agierten die Borussen in dieser Anfangsphase viel zu passiv und harmlos. Keinerlei Akzente vermochte die Mannschaft zu setzen und es war eindeutig die Mannschaft in Weiß, die zu Beginn im Westfalenstadion den Ton angab:
Wirkte der Stuttgarter Konter in der vierten Minute, nachdem Metzelder den Ball weit in der generischen Hälfte vertendelt hatte, noch relativ unbeholfen, so musste Dede eine Minute später schon in höchster Not klären und den völlig freistehenden Viorel Ganea in letzte Sekunde vom Ball trennen.

Beim BVB dagegen blieb vieles Stückwerk. Zwar herrschte kurzfristig Aufregung, als Ewerthon aus vollem Lauf über die rechte Seite eine Flanke nach innen zog und VfB-Keeper Hildebrand noch so gerade eben vor Koller klären konnte, doch wirklich zwingend erschienen die Aktionen der Borussen absolut nicht, und so dauerte es ganze 13 Minuten, bis Lars Ricken es nach einer Kombination über die linke Seite als erster Borusse mal mit einem Torschuss vom Strafraumeck aus probierte - insgesamt jedoch viel zu ungefährlich, so dass Hildebrand keinerlei Probleme damit hatte, diesen Ball festzuhalten.

Hildebrand muß eingreifen - ein seltenes Bild an diesem Tage
Hildebrand muß eingreifen - ein seltenes Bild an diesem Tage
© Bild: Onlinesport

Ganz anders dagegen die Mannschaft von Felix Magath, die viel gradliniger und mit deutlich mehr Zug zum Tor aufspielte. Nach einem nichtgeahndeten Handspiel des sehr stark spielenden jungen Weißrussen Alexander Hleb im Mittelfeld, genoss Zoldo im Mittelfeld seien Bewegungsfreiheit Dank nicht angreifender Gegenspieler und legte den Ball auf die rechte Seite zum ebenso völlig freistehenden Tiffert, der erst Dede aussteigen ließ und dann den souveränen Jens Lehmann mit einem Schuss aus etwa 10 Metern prüfte.

Eine Minute später dann die Riesenchance für den VfB, aus der spielerischen Überlegenheit Kapital zu schlagen. Ganea bekam völlig freistehend den Ball, konnte an Lehmann vorbeiziehen, scheiterte dann jedoch am zu spitzen Winkel und schob den Ball an das Außennetz. Ein Treffer wäre in dieser Phase gar nicht einmal unverdient gewesen.

Doch auch diese Schrecksekunde sorgte für keine Initialzündung im BVB-Spiel. Die Schwatzgelben spielten weiterhin behäbig, ohne erkennbare Offensivbemühungen. In der Verteidigung ließ man den Gegenspielern zudem viel zu große Freiräume, die vor allem der quirlige Ganea immer wieder zu nutzen versuchte. So auch in der 28. Minute, in der Christian Wörns dem frei vor dem Tor stehenden Rumänen noch gerade den Ball abnehmen konnte und so Schlimmeres verhinderte.

Mit der schwachen Leistung sind die 11 Borussen auf dem Platz jedoch nicht allein gewesen. Auch die Fans im Stadion zeigten in der ersten Halbzeit ihre schwächste Saisonleistung und vielen durch ihren Null-Support ebenso negativ auf wie die Mannschaft auf dem grünen Rasen. Fast schien es so, als wolle man sich auf den an der Anfiel Road gesammelte Lorbeeren ausruhen und sich kollektiv den Bauch bepinseln lassen, was für eine tolle Fangruppe man doch ist.
In der 38. Minute dann aber kollektiver Jubel im Westfalenstadion und gleichzeitig Entwarnung an alle, die davon ausgegangen waren, die Schlafkrankheit hätte in Dortmund 25.000 Opfer gefordert. Was war passiert? Tor für Borussia? Mitnichten! Der BVB war gerade eben nur mit Glück und Lehmann einem Rückstand entgangen, nachdem einmal mehr Alexander Hleb auf den heranstürmenden Jens Todt abgelegt hatte und dieser mit einem Direktschuss aus 20 Metern Entfernung beinahe für die Führung der Gäste gesorgte hätte. Nein, der Jubel bezog sich lediglich auf die eingeblendete Führung der Kölner im Vogelkäfig zu Gelsenkirchen-Buer. Traurig, wenn man sein Fansein ausschließlich über den Hass zum Rivalen definiert...

Klar zu sehen: Hildebrand hat den Ball
Klar zu sehen: Hildebrand hat den Ball
© Bild: Onlinesport

Kurz vor der Pause dann eine extrem knifflige Situation. Nach Einwurf von Evanilson, verlängerte Koller per Kopf zu Amoroso, der mit einem schönen Volleyschuss aufwarten konnte. Hildebrandt konnte nicht festhalten, Ricken grätschte in den Abpraller hinein und nach einem undurchsichtigen Gerangel landete der Ball im Tor. Regelwidrig, wie Schiedsrichter Stark zurecht erkannte, da Stuttgarts Keeper den Ball bereits in den Händen gehalten hatte. Das auf diese Aktion folgende "A****loch-W*chs*r-H*rens*hn" bildete den akustischen Höhepunkt der gesamten ersten Hälfte - jeglicher sonstiger Kommentar dazu sollte überflüssig sein.

Wer geglaubt hatte, in der zweiten Hälfte würde man eine anders auftretende Borussenmannschaft zu Gesicht bekommen, der wurde enttäuscht. Weiterhin verhielten sich die Schwatzgelben eher passiv und zurückhaltend und der VfB zeigte sich bemüht, auch nach der Pause das Heft in die Hand zu nehmen.

Daraus wurde jedoch nichts, denn in der 51. Minute fiel dann wie aus heiterem Himmel die Führung für den BVB: Nach einem schönen Rosicky-Pass hatte Koller den Ball elegant mit der Hacke zum freistehenden Ricken weitergeleitet, der Hildebrandt im Tor mit einem Volleyschuss keinerlei Chance ließ.

Verwandelten das Spiel einmal mehr in einen Hexenkessel: Die "besten Fans der Liga"
Verwandelten das Spiel einmal mehr in einen Hexenkessel: Die "besten Fans der Liga"

Doch belebenden Einfluss auf das Spiel hatte dieses Tor keineswegs. Die Stuttgarter zeigten sich fortan geschockt und brauchten lange Zeit, bis sie diesen unverhofften Rückschlag verarbeitet hatten. Auf der Gegenseite bemühte sich die Borussia ebenso nur noch, die Führung über die Runden zu bringen und spielte lediglich ihren Stiefel herunter. Der ohnehin schon mäßigen Qualität des Spiels gab dies den Todesstoß, denn ab sofort tat sich gar nichts mehr auf dem Grün des Westfalenstadions. Dafür aber umso mehr auf den Rängen, denn während die BVB-Fans nach dem Tor für 5 Minuten lautstarke Gesänge angestimmt hatten (böse Zungen mögen uns ein "you only sing, when you're winning" an den Kopf werfen, aber ich behaupte, dass jeder einzelne der 25.000 auf der Süd noch heiser von Liverpool war), gingen sie nun verstärkt dazu über, die eigene Mannschaft auszupfeifen - vermutlich ein Novum bei einer 1:0-Führung, dass an dieser Stelle aber nicht weiter kommentiert werden soll, um nicht allzu sehr in die Fäkalsprache abzugleiten.

Auf Stuttgarter Seite war nur selten noch ein Aufbäumen zu verspüren, einzig Alexander Hleb, den die Dortmunder Verteidigung auch nie wirklich in den Griff bekam, wirbelte über den Platz und versuchte oftmals durch Einzelaktionen, doch noch die drohende Niederlage abzuwenden. Zählbares kam jedoch auch bei seinen Aktionen nicht heraus und so blieb der Spielstand bis zum Schlusspfiff unverändert.

"Hauptsache, wir haben 3 Punkte" - Rosicky mit Matchwinner Ricken
"Hauptsache, wir haben 3 Punkte" - Rosicky mit Matchwinner Ricken
© Bild: Onlinesport

Eine Chance, ein Tor! Cleverness und Abgebrühtheit - ausgerechnet die Eigenschaften, die die Schwatzgelben in den vergangenen Championsleague-Begegnungen so sehr vermissen ließen -sicherten den Borussen nun schon zum zweiten Mal in Folge den Sieg.

Was den Zuschauern heute über die kompletten 90 Minuten geboten wurde, das war keineswegs Fußball aus der Feinkostabteilung, sondern eher biedere Hausmannskost. Und die vom BVB zubereitete lag einem zusätzlich auch noch lange Zeit schwer im Magen.

Matthias Sammer zeigte sich in der anschließenden Pressekonferenz zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft. Zwar habe das Spiel nicht schön ausgesehen, doch dürfe man nicht vergessen, dass die Mannschaft am Dienstag in Liverpool einen Rückschlag erlitten und diesen offenbar gut verarbeitet habe. Dem Vorwurf, die Mannschaft habe nicht genug Einsatz gezeigt, entgegnete Sammer mit dem Hinweis darauf, dass er noch nie einen Brasilianer mit einem Wadenkrampf gesehen habe und wertete dies somit als deutliches Indiz dafür, dass der Einsatz seines Teams durchaus gestimmt habe.

Fazit:

Beim BVB muss man derzeit froh sein, dass die Spiele gegen die ganz großen Gegner in der Hinrunde schon weg sind. Zu schwach präsentiert sich die Mannschaft derzeit und offenbarte erneut auf erschreckende Art und Weise, dass man mit dem Rhythmus von Championsleague und Bundesliga auf die Dauer nicht fertig wird. Dabei kann zwar die zuletzt extreme Belastung mit 7 Spielen innerhalb von 21 Tagen als entlastend gewertet werden, eine Erklärung, warum aber beispielsweise ausgerechnet der in der Championsleague nicht spielberechtigte Ewerthon in den vergangenen Ligaspielen konstant der schwächste Mann auf dem Platz war, liefert dieser Lösungsansatz jedoch nicht.

Derzeit kann man beim BVB allenfalls positiv konstatieren, dass man sie schwachen Spiele aber immerhin zu gewinnen und derzeit auch aus wenigen Chancen seine Tore zu erzielen weiß. Das ist aber auch das einzige, was die Borussia derzeit mit einer Spitzenmannschaft gemeinsam hat.

Die Daten zum Spiel:

Borussia: Lehmann (2,5) - Evanilson (4), Wörns (3), Metzelder (4,5), Dede (3,5) [80. Madouni (-)] - Stevic (4,5), Rosicky (3,5), Ricken (2,5) - Ewerthon (5) [68. Sörensen (-)], Koller (4), Amoroso (3,5) [90. Oliseh (-)] - Trainer: Sammer

Stuttgart: Hildebrand - Hinkel, Marques, Bordon, Wenzel - Soldo, Todt [75. Meißner], Hleb, Balakov, Tiffert [46. Carnell] - Ganea [61. Adhemar] - Trainer: Magath

Gelbe Karten: Evanilson, Ricken, Ewerthon - Todt

Tore: 1:0 Ricken (51., Vorlage durch Koller)

Schiedsrichter: Stark, Note 2 - Unauffälliger und guter Leiter der Partie. Lag vollkommen richtig mit seiner Entscheidung, in der 41. Minute nicht auf Tor zu entscheiden.

Zuschauer: 66.000

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