Im Gespräch mit...

...Evanilson Aparecido Ferreira: Problemas de adaptacao, Senhor Evanilson?

29.04.2001, 13:00 Uhr von:  Klopfer Gastautor

Evanilson Aparecido Ferreira - 25 Jahre alt, brasilianischer Nationalspieler, Position: rechte Außenbahn. Wer kennt schon mehr von diesem sympathischen Familienmenschen und absolut professionellen Fussballer? Genau das war der Anlass dieses Interviews: schwatzgelb.de wollte mehr wissen über den Spieler, den die Öffentlichkeit scheinbar noch nicht so richtig wahrgenommen hat und herausbekommen, mit welchen Problemen er seinen Beruf beim BVB ausübt und was er von den Fans hält.

Evanilson beim BVB in Action

"Ein Interview mit Evanilson? Oh - das wird schwierig." Der freundliche Torsteher am Eingang zum Trainingszentrum konnte es nicht ganz glauben. Ausgerechnet Evanilson. "Hey, hört mal", rief er seinen Kollegen im Pavillion zu, "die wollen zu Eva". Ungläubige Gesichter überall, aber wir meinten es ernst und ließen keinen Zweifel daran aufkommen.

Wir, das sind Helmut, BVB-Fan, wohnhaft in Sao Paulo und zufällig gerade auf Deutschland-Urlaub und ich, der es sich in den Kopf gesetzt hatte ausgerechnet Eva zu einem Interview zu bitten. Dazu waren wir natürlich angemeldet, über Paolo, Evas Berater und Dolmetscher, aber der weilte gerade in Schweiz und hatte es wohl versäumt, diesen Termin mit Eva abzusprechen. Und so wusste niemand etwas von unseren Erscheinen - am allerwenigsten Evanilson selbst. Also hieß es erst einmal abwarten, zumal Eva noch trainierte. Bis 17:30 Uhr, statt bis zu den vereinbarten 17 Uhr, denn ein halbes Dutzend Spieler verlängerten noch freiwillig das Training - und Eva gehörte dazu.

Damit war Zeit genug eine wichtige Bekanntschaft zu machen: Ronaldo

Und da wir - zur Hälfte zumindest - in der Lage waren, diesen offensichtlich brasilianischen Herren auf portugiesisch anzusprechen, verschwand die Zurückhaltung uns gegenüber wie im Fluge. Ronaldo ist Evanilsons Schwiegervater und wollte ihn vom Training abholen. Nun hatte er endlich jemanden gefunden, mit dem er sich hier unterhalten konnte und machte regen Gebrauch davon, indem er auch die Verbindung zwischen Belo Horizonte (Ronaldos Heimatort) und Sao Paulo mit Geschichten über die größten Verkehrsstaus Südamerikas herstellte. Natürlich mussten wir ihn auch fotografieren und als dann Eva hinzukam, waren wir bereits Bekannte der Familie.

Eigentlich hatten es die beiden ja eilig, aber da wir sie nun schon mal kannten, wollte uns Eva dann doch 15 Minuten seiner kostbaren Zeit gönnen. Leider viel zu wenig Zeit, um all das, was uns interessiert zu erfahren, aber immerhin mehr als nichts.

schwatzgelb.de: Ich lebe in Sao Paolo. Ich habe dir gerade schon mal geschildert, wie schwierig sich für mich die Anpassung in Brasilien gestaltet hat. Ich möchte dir speziell zu diesem Thema ein paar Fragen stellen, z.B. über das Klima und die völlig andere Mentalität..

Eva: Ja? Die Mentalität und die Lebensumstände sind wirklich total unterschiedlich. Das gilt ganz bestimmt auch für Leute von hier, die nach Brasilien gehen. Am Anfang lebst du dich nur sehr langsam ein. Absolut an alles gewöhnt hast du dich sicher erst nach einer ganz langen Zeit - das ist normal.

schwatzgelb.de: Ja, so sehe ich das auch. In den ersten drei Monaten ist komplett alles neu. Danach fängst du an Vergleiche zu ziehen, ist dir das ähnlich ergangen und hast du irgendetwas gemacht, was dir die Anpassung erleichtert hat ?

Evanilson

Eva: Ob ich hier irgendetwas mache? Nein, ich bleibe meistens zu Hause. Ich gehe schon mal einkaufen, aber sonst gehe ich wenig aus, weil ich nicht erkannt werden möchte. Speziell wenn es kalt ist, gehe ich überhaupt nicht raus, da bleibe ich mit meiner Familie daheim, da habe ich meine beiden Töchter.

schwatzgelb.de: Ach ja? Und wie alt sind die?

Eva: Die älteste ist drei Jahre alt und die andere einen Monat und ein bisschen.

schwatzgelb.de: Meinen Glückwunsch. Ich komme jetzt mal zu unseren Fragen zum Fußball zurück. Erzähl doch mal etwas über deine Erfolge in der brasilianischen Nationalmannschaft..

Eva: Ich denke, dass ich da sehr erfolgreich bin, allerdings haben wir jetzt einen neuen Trainer bekommen.

schwatzgelb.de: Leao.

Eva: Ja , Leao ist der neue Trainer. Der alte war Wanderlay Luxemburgo. Ich denke Wanderley hat mir ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Und so warte ich momentan, dass Leao die Möglichkeit wahrnimmt, mich wieder einzuladen wie es Wanderlay getan hat.

schwatzgelb.de: Die BVB-Fans vergleichen natürlich deine Spiele beim BVB mit deinen Auftritten in Brasilien und in der Nationalmannschaft. Viele glauben, du würdest dort besser spielen als für Dortmund. Würdest du dem zustimmen?

Eva: (zögert) Das ist schwer zu erklären. Es ist etwas völlig Anderes ist, ob du in Brasilien spielst oder hier, schon weil die Umstände in Brasilien ganz andere sind. Und dann ist noch mal unterschiedlich, ob du in der Nationalmannschaft oder im Verein spielst.

schwatzgelb.de: Ist das auch von den unterschiedlichen Fans abhängig?

Eva: Nein, das denke ich nicht. Mit den Fans hat das nichts zu tun. Es ist einfach so, wenn du auf dem Spielfeld bist, spielt sich das meiste unter den Spielern ab. Ich denke, dass es manchmal wirklich schwierig ist, sich zu verstehen. Sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft musst du wissen wie deine Kollegen reagieren, wie sie die Pässe spielen, usw.

schwatzgelb.de: Als wir dich gerade beim Training beobachtet haben, hatte ich den Eindruck, dass du viel Spa? im Spiel mit deinen Kollegen hattest. Wie ist denn dein Verhältnis zu ihnen?

Eva: Ja, die sind alle ganz okay. Aber du weißt, dass ich kaum Deutsch spreche und so muss ich Fußball spielen ohne zu reden und das Problem ist, dass mir das manchmal fehlt, denn man muss natürlich miteinander reden. Dann sind die Spieler hier überhaupt etwas reservierter. Du weißt wie das ist. In Brasilien gehen die Spieler meistens gemeinsam zum Abendessen oder gehen gemeinsam aus.

schwatzgelb.de: Ich kenne das, in Brasilien öffnen sich die Leute sehr schnell. Hier dauert das länger, aber dafür hast du dann Freunde fürs Leben. Nimmst du eigentlich Deutschunterricht ?

Evanilson in der brasilianischen Nationalmannschaft

Eva: Ja, ich habe Privatunterricht. Die Lehrerin kommt zu uns nach Hause. Sie lehrt nicht nur mir, sondern auch meiner Frau und meiner Tochter Deutsch. Meine älteste Tochter kommt ja mit ihren 3 Jahren im Juli in die Vorschule. Allerdings hat das mit dem Unterricht für einige Zeit nicht funktioniert, weil meine Frau schwanger war. Da waren eine ganze Menge anderer Dinge zu erledigen. Das war für mich aber kein Grund damit aufzuhören, das geht jetzt weiter.

schwatzgelb.de: Noch mal zu den Fans: Du spielst bei jedem Heimspiel vor eine Kulisse von 60000 Zuschauern. Wie war damals der erste Eindruck der vollbesetzten Südtribüne?


Eva: An so etwas war ich schon gewöhnt. In Brasilien waren es normalerweise 100.000 Zuschauer und auch die Kritik war oft viel stärker als hier. In Brasilien entzündet sich das Temperament im Stadion eben viel leichter. Hier weiß ich die Unterstützung der Fans sehr zu schätzen und ich hoffe, dass ich ihnen etwas zurückgeben kann.

schwatzgelb.de: Du hast jetzt bald die zweite Saison in Dortmund hinter dir. Ich denke du weißt mittlerweile, was für die BVB-Fans besonders wichtig ist. Es gibt hier ganz spezielle Emotionen und Rivalitäten, z.B. das Verhältnis zu Schalke.

Eva: Auch das habe ich schon in Brasilien so erlebt. In Belo Horizonte gibt es ähnliche Rivalitäten. Hier in Dortmund ist es eben Schalke. Ich denke, solche Dinge muss man verstehen und mitmachen. Ich glaube, dass eine solche Rivalität positiv ist und dass das so sein muss. Das ist gut für Dortmund und wird auch wohl für Schalke gut sein.

schwatzgelb.de: Hast du das Gefühl, von den Fans in letzter Zeit zu kritisch behandelt worden zu sein oder dass sie dir nicht genügend Unterstützung geliefert haben?

Eva: Nein, die Fans behandeln mich nicht schlecht. Ich glaube, dass sie bei mir völlig normal reagieren. Da gibt es Fans, die mich sehen wollen, weil ich Brasilianer bin und um zu sehen, wie ich spiele - um zu sehen, wie ein Brasilianer agiert, eben nicht wie ein Deutscher. Und so sehen sie auch, dass alle nur Menschen sind und niemals perfekt. Jeder sieht, dass ich auch Fehler habe, aber ich mache alles um gut zu sein und die Ziele des Vereins zu erreichen - und ich bin noch weitere 3 Jahre beim BVB.

Evanilson im Einsatz
schwatzgelb.de: In der letzten Zeit pfeifen einige Zuschauer immer häufiger einzelne Spieler aus - was uns nicht so gefällt. Fühlst du dich betroffen?

Eva: Häufig ist es so, dass wir auf dem Feld die Dinge ganz anders sehen, als die Leute auf der Tribüne. Es gibt eben Fans, die mögen es zu pfeifen und zu buhen. Ich denke, das ist ganz und gar normal.

schwatzgelb.de: Was sind deine Wünsche hinsichtlich des Vereins und seinen Fans?

Eva: Ich denke, die Fans sind gut so. Mein Wunsch ist es, Meister zu werden. Und ich setze alles daran, das zu erreichen. Ich bin hierher gekommen, um Meister zu werden. Dafür tue ich alles und diesmal ist auch die Chance für uns sehr groß.

schwatzgelb.de: Kennst du schwatzgelb.de ?

Eva: Nein, noch nicht. Aber ich werde mal reinschauen - danke für den Tipp.

Helmut u.Klopfer: Wir danken fürs Interview - und Grüsse an die Familie


Infomationen über Evanilson findet ihr hier.

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