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Tatort Bundesliga - der 15. Spieltag: Der Nikolaus kommt......aber nicht für alle hat er Punkte im Gepäck

04.12.2000, 13:00 Uhr von:  Micha B.
Tatort Bundesliga - der 15. Spieltag: Der Nikolaus kommt......aber nicht für alle hat er Punkte im Gepäck
Tatort Bundesliga

Das Topspiel des Wochenende hatte es werden sollen, doch wieder einmal entpuppte sich das Aufeinandertreffen der vermeintlichen "Giganten" Bayern und Leverkusen als Mogelpackung. Der Stiefel, den viele Fussballfans vor die Tür gestellt hatten, er blieb zumindest für die Mannschaft des Vizemeisters ungefüllt, präsentierte sich die Werkself doch traditionell mit frühem Gegentor, wenig Einsatz und unglücksbehaftetem Personal beim Rekordmeister.

So konnte Carsten Ramelow nach dem Spiel auch treffend formulieren: "Wenn wir so spielen, brauchen wir nie wieder nach München kommen." Gerne dagegen scheinen die Münchner ihren Dauerkonkurrenten der letzten Jahre im Olympia-Stadion zu begrüßen, entpuppte sich Bayer 04 schließlich auch in der Nach-Daum-Ära wieder einmal als kläglicher Punktelieferant.

Im Gedächtnis bleibt dem geneigten Fussballfan und PREMIERE-Abonnenten nach dem Schlußpfiff jedoch weniger das Ergebnis, als das Verhalten einzelner Bayern-Spieler.

Carsten Jancker benimmt sich daneben

Herausragend in der Kategorie "Wie benehme ich mich richtig daneben" war überraschenderweise mal nicht Stefan Effenberg, der lediglich in der Halbzeitpause das "Gespräch" mit dem ehemaligen Bundestrainer suchte und ihm mitteilte, er könne auch gerne Zweiter hinter Bayern werden, sondern vielmehr "Nationalspieler" Carsten Jancker, der es sich nach seinem Tor nicht nehmen ließ, auf die Bayer-Bank zuzustürmen und einige Haßtiraden in Richtung Vogts loszulassen. Was man davon zu halten hat? Es sei jedem selber überlassen, "dieses ungebührliche Verhalten" einzuordnen.

Jens Jeremies wechselte die Farbe

In die Kategorie "Oskarverdächtig nominiert" drängelten am Wochenende allerdings auch wieder einige Spieler mit Elan. Waren es in den letzten Wochen die Herren Hristow und Kehl, die mit Flugeinlagen hofften, Hollywood auf sich aufmerksam zu machen, so war am 15. Spieltag Zeit für Gefühle. Erst sank im "Topspiel" Jens Jeremies zu Boden, nachdem er den Brasilianer Robson Ponte so lange provoziert und traktiert hatte, bis sich dieser zu einer leichten Kopfnuß hinreißen ließ, dann zeigte beim Ost-Derby der Cottbusser Franklin, dass sich Schauspielerei in unseren Landen nooch immer lohnt. Vom Rostocker Schwedenhappen Wibran beim Gerangel um den Ball angerempelt, schlug sich der Brasilianer die Hände vor's Gesicht und stürzte derart theatralisch zu Boden, als habe Dr. Faust, alias einer der eisernen Klitschko´s höchstpersönlich seine rechte Gerade in Franklins Gesicht versenkt. Was solche Einlagen noch mit sportlicher Fairness zu tun haben, wird wohl auf ewig das Geheimnis der schindenden Spieler beleiben. Hier gehört das DFB-Schiedsgericht aber langsam mal wieder an den runden Tisch, bei Andrea Möller ging das doch seinerzeit auch ganz schnell...

Zurück zum sportlichen Geschehen:

An der Tabellenspitze drängeln sich auf den ersten fünf Plätzen die Etablierten der Branche, getrennt durch lediglich 2 Punkte, wobei noch beachtenswert ist, dass sich der neue Tabellenführer Hertha BSC seine Position "lediglich durch ein Unentschieden erarbeitete".

Die Kölner konnten jubeln

Überraschender Sechster ist dann aber eine Mannschaft, die man vor der Saison sicher nicht dort erwartet hätte, wo sie nun steht ? nämlich der 1. FC Köln. Nachdem Trainer Ewald Lienen in den ersten Spielen versuchte, seine Neuverpflichtungen einzubauen, ist man nun wieder zu beinahe jenem Team zurückgekehrt, das letzte Saison den Aufstieg so grandios zu Wege brachte. Die junge und erfolgshungrige Mannschaft um den frisch gebackenen 5 Mio.- Kapitän Dirk Lottner eilte nach dem 0-6-Debakel in Wolfsburg von Sieg zu Sieg. Gefährlich kann es für die Elf aus der Domstadt in nächster Zeit wohl nur werden, wenn das "jecke Umfeld" wieder einmal abhebt und anfängt, von Meisterschaft und Europapokal zu träumen.

Stuttgarts Rangnick am Boden

Ein Blick in den Tabellenkeller fördert überraschende Mannschaften zu Tage. Stuttgart und 1860 München - Teams, die in dieser Saison mit die meisten Spiele machen mußten, haben sich mehr oder weniger selbstverschuldet dort eingefunden - ihnen droht derzeit eher die Rute von Knecht Ruprecht als ein gefüllter Stiefel. So steht in Stuttgart wieder einmal der Trainer zur Debatte. Ralf Rangnick hat Probleme. Probleme in erster Linie mit seinem eigenwilligen "Star" Balakow. Der Bulgare, der schon einige Trainer in Stuttgart den Job kostete, hat trotz reichlich Blutauffrischung in den eigenen Reihen immer noch eine ganze Menge Freunde im Kader, die jede noch so große Disziplinslosigkeit des Mittelfeld-Regisseurs schön reden (Soldo) und immer wieder auf den Einsatz des weit über seinem Zenit befindlichen bulgarischen Ex-Nationalspielers drängen. Dies hat einen Autoritätsverlust beim Trainer zur Folge, der auch Rangnick letztendlich wohl zum Verhängnis werden wird. Abgerutscht auf den letzten Tabellenplatz wird es dem "Professor" wohl auch nichts mehr nützen, daß sein größter Gegner im Verein, Gerhard Mayer-Vorfelder, mittlerweile in den Startlöchern zum DFB-Präsidenten sitzt. Rangnicks Schicksal, dessen fachliche Qualitäten unbestritten sind, hängt am seidenen Faden - und wohl nur überzeugende Vorstellungen gegen Rotterdam und den Gelsenkirchener Vorortverein werden seine Entlassung abwenden - trotz oder aber wegen seiner Stellung innerhalb der Mannschaft.

Neue Besen kehren [nich immer] gut

Werner Lorant ratlos
Anders die Situation in München. Werner Lorant tauschte seit dem kometenhaften Aufstieg der Löwen zurück in Deutschlands höchste Spielklasse (1995) immer wieder in großen Stil sein Personal aus, scharrte Ja-Sager um sich und steht nun, da es eng wird für ihn, doch ziemlich alleine da! Die Mannschaft ohne Mumm und Selbstvertrauen, das Präsidium durch eine verhängnisvolle Nibelungentreue an den Trainer gebunden, steht der Verein vor der wohl schwersten Krise seit dem Aufstieg. Lust habe Lorant selbstverständlich noch, betont der Mann mit der weißgrauen Mähne, doch seine Augen sprechen eine andere Sprache. Ratlos, sprachlos, ideenlos steht er einem Team gegenüber, das in der letzten Saison am Leistungslimit gespielt hat, und nun erkennt, daß Häßlers Freistöße nicht ausreichen, um wieder in die Champions League einzuziehen - was noch im Sommer kühn als Saisonziel ausgegeben wurde.

Was Trainerwechsel bringen, oder was das Festhalten an denselben - für ersteres gibt es in der Geschichte der Liga sicherlich Unmengen, zwei positive Beispiele aber für letzteres kann man derzeit in der Liga beobachten. Zum einen ist da die Hertha aus Berlin, bei welcher es Hoeneß entgegen allen Irrungen und Wirrungen gelang, Jürgen Röber als Trainer zu behalten. Die Früchte erntet man nun.

Ähnliches kann man beim Gelsenkirchener Vorortverein beobachten. Zwei magere Jahre stehen zu Buche, zwei Jahre, in denen neue Spieler alsbald als Fehleinkäufe abgestempelt wurden, der Trainer nicht zuletzt von den Fans zum Teufel gewünscht wurde. Man mag dem Manager dieses Vereins gegenüber stehen wie man will, man mag zweifeln, ob es plausible Gründe für den dortigen Aufschwung gibt - mit dem Festhalten an Huub Stevens scheint Rudi A. keinen Fehler gemacht zu haben - darüber kann auch die verdiente und in der Höhe noch viel zu niedrig ausgefallene Niederlage beim VfL Wolfsburg nicht hinweg täuschen.

Wirft man aus Sicht von Borussia einen Blick auf die Tabelle, kann es einem schon schwindelig werden. Hätte man gegen 1860 nicht kurz vor Schluß noch das 2-3 hinnehmen müssen, und wäre das Heimspiel gegen den FCK nicht verloren, sondern gewonnen worden, was in Anbetracht der damals vorhandenen Chancen durchaus möglich gewesen wäre - Borussia stände heute mit 2 Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze. Unglaublich? Ein Indiz für die schwache Bundesliga? Es darf gerätselt werden - bis zum nächsten Spieltag - dann hoffentlich wieder mit einem gefüllten Stiefel für unsere Borussia.

So bleibt als Fazit des Spieltages:

Nichts ist derzeit so beständig wie die Unbeständigkeit der Liga. Keine Mannschaft kann sich nach oben absetzen, keine ist schon abgestiegen. Hoffen wir also, daß es so bleibt und die Spannung uns einmal mehr bis zum 34. Spieltag erhalten bleibt.

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