Im Gespräch mit...

"Es war schon immer ein Traum, für den BVB zu kicken"

26.08.2022, 18:30 Uhr von:  Tim K Malte S.
Portrait von den BVB-Spielerinnen Ann-Katrin Lau und Ana Schönenberg. Sie stehen Rücken an Rücken und lächeln in Richtung der Kamera
© Mareen Meyer

Während Ann-Katrin Lau schon seit 2021 für den BVB aufläuft und in der 1. Mannschaft beheimatet ist, stieß Ana Schönenberg erst in diesem Sommer zum Ballspielverein und läuft künftig für die 2. Frauenmannschaft auf. Im Interview mit den beiden Freundinnen sprechen wir über ihre fußballerische Laufbahn, ihren Wechsel zum BVB und generelle Entwicklungen im Frauenfußball.

schwatzgelb.de: Anka, du hast in deiner Jugend in einem Team gespielt, in dem außer dir ausschließlich Jungs spielten. Wie lange war das so und wie war das für dich?

Anka: Bis zur D-Jugend habe ich bei den Jungs gespielt, war aber in diesem Alter schon parallel bei der B-Jugend der Mädchen. Dadurch war es eine große Umstellung für mich. Ich kam aus der D-Jugend, die noch auf einem ganz kleinen Feld spielt, und spielte in der darauffolgenden Saison mit den B-Juniorinnen gleich auf dem Großfeld. Die Mannschaft war gerade neu gegründet worden und da wurde ich direkt gefragt, ob ich mitspielen möchte. Das war schon ein krasser Schritt für mich. Sonntags habe ich dann in der Regel doppelt gespielt. Zu dieser Zeit machte es mir auch bei den Jungs noch mehr Spaß, die Mädchen waren mir zu zickig. (lacht)

Welche Regelung gab es für die Kabinen während deiner Zeit bei den Jungs?

Anka: Generell hatte ich mein eigenes Trikot und kam dann schon umgezogen zum Spiel. Wenn wir auswärts gespielt haben und ich geduscht habe, hatte ich jedoch auch meine eigene Kabine. Meistens war das dann die Schiri-Kabine. Das war aber schon blöd, da man abseits vom Rest der Mannschaft war.

Die B-Juniorinnen stiegen mit euch zusammen in die Westfalenliga auf. Wie lange hat es gedauert, bis das Team durch zwei Aufstiege von einem Kreisliga- bis zu einem Westfalenliga-Team wurde?

Anka: 2006 wurde die Mannschaft gegründet und schon drei Jahre später kamen Spielerinnen aus Lüdenscheid dazu. Ana war eine davon. Die erste Saison gab es nur “Haue” und das auch echt hoch. Aber nach zwei bis drei Jahren sah das schon recht gut aus. Da haben wir in der Kreisliga oben mitgespielt, sodass wir dann auch recht schnell aufgestiegen sind.

Ana, du hast den SC Drolshagen dann jedoch nach zwei Jahren, 2011, wieder verlassen und bist zum VfL Bochum gewechselt. Wie war die Zeit für dich? Schließlich ist es aus dem Sauerland bis nach Bochum für eine Schülerin ja auch eine weite Strecke …

Ana: Ja, auf jeden Fall. Das mit der Schule in Einklang zu bringen, war schwierig. Wir haben in Bochum vier Mal pro Woche trainiert. Dieser Sprung war schon enorm, schließlich hatten wir in Drolshagen nur zwei Mal pro Woche Training. In Bochum war ein ganz anderes Niveau als in Drolshagen.

Woran kann man die Niveauunterschiede genau festmachen?

Ana: Schon allein, wie das Training abgelaufen ist. Und äh …

Anka: … die Spielerinnen waren besser. (lacht)

Ana: (lacht ebenfalls) Es war halt einfach ganz anders. In Bochum waren wir deutlich mehr Spielerinnen als in Drolshagen. Da war der Konkurrenzkampf ein ganz anderer.

Nach meiner Zeit musste das Frauenteam des VfL Bochum aufgrund der prekären Lage des Vereins sogar zwangsabsteigen

Wie war die sportliche Situation, als du nach Bochum gekommen bist?

Ana: Am Anfang haben wir in der U17-Regionalliga gespielt. Das war die Zeit, in der die Juniorinnen-Bundesliga gegründet wurde. Damals haben wir um den Aufstieg mitgespielt. Ich bin dann aber in die Frauenmannschaft aufgerückt und habe dort Regionalliga gespielt. Wir sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen, dann kam jedoch mein Kreuzbandriss.

Wie lange warst du mit der Verletzung raus?

Ana: Ein ganzes Jahr. Im August, also mitten in der Vorbereitung, wurde ich operiert. Theoretisch hätte ich die letzten beiden Spiele der Saison noch spielen können. Allerdings hatte ich Probleme mit dem Knie und dann entschieden, dass ich das nicht mache. Das war mir zu riskant. Ziel war es, in der darauffolgenden Saison anzugreifen. Letztendlich bin ich dann aber gewechselt.

Während deiner Zeit beim VfL hat das Männerteam in der 2. Bundesliga gegen den Abstieg gespielt, was eine stete Bedrohung für den Verein war. Habt ihr das gespürt? Stand eventuell im Raum, die finanziellen Möglichkeiten der Frauenabteilung zu verringern?

Ana: Gespürt hat man das auf jeden Fall. Nach meiner Zeit musste das Frauenteam aufgrund der prekären Lage des Vereins sogar zwangsabsteigen.

Du hast die Reha nach der Verletzung gerade angesprochen. Wie geht man damit um, wenn man so lange kein Fußball spielen kann?

Ana: Für mich war das sehr schwer. Damals war schon klar, dass wir aufsteigen würden. Da war die Verletzung ein echter Tiefschlag. Für die kommende Saison war eigentlich schon alles geklärt. Der Vertrag war unterschrieben, und dann passiert es an einem Freitag im Training. Diagnose: Kreuzbandriss. Es war sehr schwierig, emotional wegzustecken, dass ich mindestens ein halbes Jahr kein Fußball spielen kann. Damals war auch schon klar, dass es nach einer solch langen Pause schwierig werden würde, wieder in die 1. Mannschaft reinzukommen.

Gab es denn in Bochum auch psychologische Unterstützung?

Ana: Psychologische Unterstützung gab es nicht. Ich hatte natürlich die Reha in Bochum, wo ich sehr viel betreut wurde. Aber das Psychologische war eigentlich nie eine Sache, die angesprochen wurde.

Wie lange hast du dir Hoffnungen gemacht, dass es mit dem Profifußball klappen könnte?

Ana: Nach meinem Kreuzbandriss hatte das eigentlich aufgehört. Nachdem ich ein ganzes Jahr raus war, war mir klar, dass das wohl nichts mehr werden würde. Im Anschluss wollte ich dann schon noch durchaus höherklassig spielen. Ein Angriff nach ganz oben war dann aber nicht mehr realistisch.

Dennoch bist du nun in die Kreisliga gegangen. Vor allem wegen der Gelegenheit, für Borussia Dortmund zu spielen?

Ana: Klar. Es war immer schon ein Traum von mir, für den BVB zu kicken. Als dann die Möglichkeit da war, wollte ich das auf jeden Fall machen.

Quasi zwischen Tür und Angel haben wir die Bewerbungsvideos für den BVB gedreht

Im Sommer 2021 ging dann endlich die Frauenabteilung des BVB an den Start. Ihr hattet euch damals beidepandemiebedingt per Video beim BVB beworben. Eine von euch wurde zum Probetraining eingeladen und später Teil der Mannschaft, die andere nicht. Nehmt uns mal mit in eure damalige Gefühlswelt.

Anka: Das Video haben wir zusammen gedreht, das war vor allem Anas Idee. Sie wies mich kurz nach meiner Reha darauf hin, dass die Bewerbungsfrist bald ablaufen würde. Kurz danach musste Ana in Reha, weshalb es ein kurzes Zeitfenster war, in dem wir das Video zusammen machen konnten. Quasi zwischen Tür und Angel haben wir die Videos gedreht und im Anschluss habe ich das geschnitten. Auf gut Glück haben wir sie dann weggeschickt. In der Folge haben wir die Website, auf der man den Status seiner Bewerbung einsehen konnte, ständig aktualisiert. Bei mir änderte sich der Status irgendwann auf “Vorstellungsgespräch”. Dann habe ich Ana gleich angerufen, doch ihre Bewerbung war leider nicht erfolgreich. Das brachte dann schon gemischte Gefühle mit sich. Doch Ana hat mir sofort gesagt, ich solle zum Sichtungstraining fahren und einfach alles geben. Sie hat sich schon damals für mich gefreut, aber dieses Jahr ist es schöner.

Ein Jahr später hast du es dann trotzdem nochmal versucht, Ana. Wie kam das?

Anka: Ich habe nicht locker gelassen … (beide lachen)

Ana: Ich habe echt überlegt, ob ich mich wieder bewerben soll, da ich Sorge vor einer erneuten Absage hatte. Allerdings stand ich auch ständig mit Anka in Kontakt und sie hat mir gesagt, ich solle es auf jeden Fall nochmal versuchen. Wenn nicht, würde ich es definitiv bereuen. Damit hatte sie auf jeden Fall Recht. Deswegen bin ich froh, dass sie mich mehr oder weniger dazu überredet hat.

Wie lief der Auswahlprozess diesmal ab?

Ana: Diesmal lief das anders ab. Zwar musste man sich wieder online bewerben, allerdings konnte jede Bewerberin zum Probetraining erscheinen.

Heute spielt ihr beide für Borussia Dortmund und tragt beide die Nummer 13. Wer hatte denn die Idee dazu?

Anka: Das hat Borussia so ausgewählt …

Ach wirklich?

Ana: Ich konnte mehrere Wunschnummern angeben. Von Anka kam natürlich die Forderung, dass ich die 13 nehmen solle. Ich hatte den Gedanken aber auch, die 13 mit anzugeben. Insgesamt hatte ich drei Nummern angegeben. Wie das Schicksal es scheinbar so wollte, hat der BVB mir dann ebenfalls die 13 gegeben.

Anka, warum hast du dich letztes Jahr eigentlich für die 13 entschieden?

Anka: Ich hatte schon immer die 13. Die Zahl hat mehrere besondere Bedeutungen für mich. Ich hatte damals tatsächlich auch nur eine Wunschnummer angegeben. Die 13 gebe ich auch nicht mehr her.

Wir haben ordentliche Neuzugänge bekommen und wollen natürlich auch oben mitspielen

Im vergangenen Jahr ist die erste Mannschaft ohne Punktverlust aufgestiegen und hat zudem den Pokal gewonnen. Spürt ihr in euren Mannschaften eine gewisse Erwartungshaltung, dass ihr ähnliche Statistiken und Erfolge liefern müsst wie im vergangenen Jahr?

Anka: Anhand der Neuzugänge kann man schon erkennen, dass wir nicht auf der Stelle stehen wollen. Natürlich wollen wir oben mitspielen. Druck spüre ich aber weder intern noch extern. Bei uns steht schon der Spaß im Vordergrund. Natürlich soll am Ende auch Erfolg dabei herausspringen, aber es wird uns keiner den Kopf abreißen, wenn wir mal ein Spiel verlieren sollten.

Ana: In unserem Team verspüre ich ebenfalls keinen Druck. Dass wir auf die Erfolge der ersten Mannschaft schauen würden und daraus die Verpflichtung ableiten, da nachziehen zu müssen, das ist definitiv nicht der Fall. Natürlich wollen auch wir erfolgreich sein. Das Gefühl, wir müssten uns mit der ersten Mannschaft messen, haben wir jedoch auf gar keinen Fall.

Was sind eure Saisonziele?

Anka: Meine Mitspielerin hat es letztens so ausgedrückt: Am Ende der Saison müssen wir auf das stolz sein, was wir geleistet haben. Aber im Ernst. Wie schon gesagt, haben wir ordentliche Neuzugänge bekommen und wollen natürlich auch oben mitspielen. Wo es dann am Ende hingeht, werden wir sehen. Für uns ist das in der Liga zunächst erst einmal Neuland. Aber natürlich werden wir alles reinhauen, um da oben dran zu sein.

Ana: Bei uns ist das Ziel auf jeden Fall erst einmal, sich als Mannschaft zu finden. Wie schon letztes Jahr ist bei uns ebenfalls die Mannschaft komplett neu zusammengekommen. Auch bei uns geht es darum, alles zu geben und möglichst erfolgreich die Saison abzuschließen. Natürlich wollen wir das Bestmögliche rausholen.

In euren früheren Teams gab es sicher stets einen Kern, um den herum sich lediglich ein Teil der Mannschaft durch Wechsel verändert hat. Habt ihr es schon mal erlebt, dass eine Mannschaft aus sich weitgehend unbekannten Spielerinnen sich komplett neu finden muss, wie es nun beim BVB der Fall war?

Ana: Also so krass habe ich das noch nie erlebt. In Lüdenscheid hatte sich die Mannschaft zwar auch erst 2018 gegründet, da war allerdings auch ein Stamm von acht oder neun Leuten, die vorher schon mal zusammengespielt haben. Aber in dem Ausmaß kannte ich das bisher nicht.

Und wie ist das so?

Anka: Spannend. Am Anfang muss man vor allem die Namen lernen und sich von allen ein erstes Bild machen, um die auch menschlich einschätzen zu können. Das ist schon sehr interessant. Die Spanne ging von “ganz ruhig” bis “komplett aufgedreht”, von 16 Jahren bis Mitte oder sogar Ende 30, das ist schon sehr spannend.

Wie lange hat es gedauert, bis die erste Mannschaft wirklich zusammengewachsen ist?

Anka: Das ging eigentlich recht schnell. Letztes Jahr waren wir zusammen in Willingen im Trainingslager, da stimmte menschlich schon echt viel. Auf dem Feld hat es dann aber eine Zeit lang gedauert. Ich würde mal sagen, als wir im Winter wieder mit der Vorbereitung angefangen haben, war es ein ganz anderes Level als im Sommer. Teilweise wusste man damals ja nicht einmal, auf welcher Position diejenige überhaupt spielt oder ob sie Links- oder Rechtsfuß ist. Das ist echt nicht so einfach, da man sich auf sich selbst konzentrieren, aber gleichzeitig im Kopf haben muss, was die anderen machen. Eine Halbserie hat es also etwa gebraucht, bis wir uns auch auf dem Platz richtig gefunden hatten.

Damals hatte der Frauenfußball im Allgemeinen noch einen ganz anderen, nämlich geringeren Stellenwert

Du hast gerade schon das Trainingslager in der vergangenen Saison in Willingen angesprochen. Dieses Jahr ging es für euch sogar mit beiden Teams nach Österreich. Für den Amateurfußball sind das natürlich besondere Bedingungen. Wie nehmt ihr diese Situation wahr?

Anka: Das sind absolut besondere Bedingungen, wenn man ins Trainingslager fliegt und dann 45 Mädels komplett in Schwarzgelb durch die Straßen in Westendorf laufen. Dementsprechend wird man natürlich von vielen angeschaut oder angesprochen, nach Fotos und Autogrammen gefragt. Wenn man bedenkt, dass wir in der Bezirksliga beziehungsweise Kreisliga spielen, fühlt sich das unwirklich an. Wir sind total dankbar, dass uns so etwas ermöglicht wird.

Ana, mit dem VfL Bochum hast du ja auch in der Vergangenheit schon einmal bei einem recht namhaften Verein gespielt. Was gibt es für Unterschiede zu deiner aktuellen Zeit beim BVB?

Ana: Die Situation in den beiden Vereinen kann man eigentlich gar nicht vergleichen. Damals hatte der Frauenfußball im Allgemeinen noch einen ganz anderen, nämlich geringeren Stellenwert. Wenn Leute im Bekanntenkreis gehört haben, dass ich beim VfL Bochum spiele, war das zwar schon etwas Besonderes. Aber heutzutage wird sowas ganz anders wahrgenommen, wenn man bei Borussia Dortmund spielt. Auch die Abläufe sind mittlerweile eben ganz andere. Während wir in Bochum, wie jeder andere kleine Verein auch, ein Trainingslager am Platz gemacht haben, bekommen wir beim BVB die Möglichkeit, ins Trainingslager zu fliegen.

Während ihr die ersten Spiele noch in der Roten Erde stattfinden konnten, Anka, musstet ihr später zur Fußballakademie ausweichen. Für den Winter war das zwar ohnehin geplant, nur konntet ihr aufgrund der seit Frühling andauernden Umbauarbeiten nicht in die Rote Erde zurückkehren. Was fehlt am Platz im Rabenloh im Vergleich zur Roten Erde?

Anka: Die Rote Erde ist ein total geschichtsträchtiges Stadion. Wenn man aus dem “Spielertunnel” in das Stadion einläuft, ist das schon etwas ganz Besonderes. Dort spielen zu dürfen, ist eine Ehre.

Welche positiven Dinge bietet der Platz der Fußballakademie?

Was ich dort lieber mag, ist, dass die Zuschauer unmittelbar am Spielfeldrand stehen. Durch die unmittelbare Nähe zum Spielfeld bekommt man auf dem Platz auch ein bisschen was von der Stimmung mit. Das ist in der Roten Erde durch die Tartanbahn doch etwas weniger der Fall. Aber natürlich sind wir total froh, wenn wir möglichst bald wieder in der Roten Erde spielen können.

Anka, zum Familientag durftet ihr als Mannschaft von Borussia Dortmund vor zehntausenden Fans in das Stadion einlaufen und euch im Anschluss feiern lassen. Wie fühlt sich das an, wenn man im Spielertunnel wartet?

Anka (lacht): Joa, ganz entspannt. Als wir im Tunnel warteten, kam Michael Zorc noch vorbei und hielt einen Smalltalk mit mir … was man halt so macht an einem Sonntag. Aber im Ernst: Das war schon verrückt. Im Tunnel haben wir ein paar Minuten darauf gewartet, dass wir ins Stadion einlaufen können. Währenddessen lief auf den Stadionbildschirmen ein Saisonrückblick von uns. Allein das war schon verrückt, sich selbst auf diesen Bildschirmen zu sehen. Für den Moment, als wir auf den Rasen kamen, habe ich eigentlich gar keine Worte. Wir haben auch total viel Applaus bekommen, womit wir gar nicht gerechnet hatten.

Wenn man verdrängt wird, dann ist das eben so. Die besten Spielerinnen gehören schließlich in die erste Mannschaft

Wart ihr nervös?

Anka: Na klar! Wir konnten nicht so recht abschätzen, wie die Leute im Stadion reagieren würden. Auch heutzutage findet nicht jeder Frauenfußball gut, erst recht nicht in der Kreisliga. Doch was wir dann erleben durften, war einfach wahnsinnig schön. Viele Leute sind sogar für uns aufgestanden, da hatten wir wirklich Gänsehaut.

Seid ihr als 2. Mannschaft ebenfalls dabei gewesen, Ana?

Ana: Nein. Wir hatten an dem Tag unser erstes Spiel und sind im Anschluss auch noch ins Stadion gefahren, aber die Würdigung der 1. Frauen haben wir nicht mehr mitbekommen.

Mal zurück zum Sportlichen: Auch in der 2. Mannschaft soll es ja durchaus ein paar Leute geben, die gut kicken können. Macht ihr euch in der 1. Mannschaft Sorgen, von Spielerinnen aus der 2. verdrängt zu werden?

Anka: In erster Linie sind wir erst einmal alle froh, dass es die 2. Mannschaft gibt. Viele von uns haben dort auch Freunde und Bekannte. Auch bei den Spielen unterstützen wir uns gegenseitig. In Kamen haben wir zum Beispiel im Mix-Team gespielt, also mit Spielerinnen aus beiden Teams. Und generell belebt ein solcher Konkurrenzkampf ja auch das Geschäft. Sorgen machen wir uns da aber weniger. Natürlich sind auch in der 2. Mannschaft sehr gute Spielerinnen dabei, aber wenn man verdrängt wird, dann ist das eben so. Die Besten gehören schließlich in die Erste.

Wie ist eigentlich die allgemeine sportliche Entwicklung der 2. Mannschaft geplant? Soll diese möglichst lange eine Liga unterhalb der 1. Mannschaft spielen, um dort auch auf Spielerinnen zurückgreifen zu können?

Anka: Das ist ja sicherlich der Sinn einer 2. Mannschaft. Das dürfte auch der Grund sein, warum von der Gründung einer U17 erst einmal eine zweite Frauenmannschaft ins Leben gerufen wurde. So kann man gewährleisten, dass die beiden Mannschaften auf einem ähnlichen Leistungsstand bleiben. Letztes Jahr hatten wir ein paar Spiele, bei denen der Kader durch Corona-Ausfälle sehr dünn besetzt war, unter anderem als Svenja [Schlenker (Leiterin der Abteilung Frauenfußball beim BVB)] mal auf dem Platz stand. Ab dieser Saison kann man dann natürlich auf einen größeren Pool an Spielerinnen zurückgreifen. Gleiches gilt auch für die 2. Mannschaft. Wenn dort mal Personalmangel herrscht, können wir dort aushelfen.

Die potenzielle Gründung einer U17 ist aktuell Thema beim BVB. Warum gibt es eigentlich keine U19 im Frauenfußball?

Ana: Das gab es eigentlich noch nie. Vor ein paar Jahren gab es häufig sogar auch unterhalb der B-Jugend keine Mannschaften und somit war diese die einzige Anlaufstelle im Jugendfußball. Als ich mit zehn Jahren angefangen habe Fußball zu spielen, habe ich sofort bei den B-Juniorinnen mitgespielt.

Anka: Mittlerweile geht es ja halbwegs. Das hat sich langsam entwickelt. Irgendwann ist dann die D-Jugend dazugekommen, die C-Jugend war aber weiterhin sehr selten. Wenn ein Verein heutzutage im Mädchenfußball gut aufgestellt ist, hat dieser aber auch D-, C- und B-Juniorinnen.

Der Frauenfußball ist deutlich schneller und taktisch besser geworden

Ana, du hattest gerade schon angesprochen, dass der Frauenfußball vor ein paar Jahren noch ein anderes Ansehen hatte. Was ist deiner Meinung nach der Grund für diesen Wandel?

Ana: Die Spielweise des Frauenfußballs hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Das Spiel ist deutlich schneller und taktisch besser geworden. Gerade solche Highlights wie die EM in England in diesem Jahr sorgen dafür, dass der Funke überspringt. Das bewirkt dann auch Veränderung in den Vereinen.

Aktuell wird viel diskutiert, ob die EM auch langfristig positive Auswirkungen auf den Frauenfußball haben kann. Glaubt ihr an eine langfristige Wirkung?

Ana: Ich glaube schon.

Anka: Ich denke auch. In meinem Bekanntenkreis sind sehr viele Leute, bei denen ich nie gedacht hätte, dass sie sich Frauenfußball anschauen würden. Die haben dann plötzlich einen WhatsApp-Status oder eine Story dazu veröffentlicht und richtig mitgefiebert. Der ein oder andere Name wird sicherlich in den Köpfen bleiben und ich glaube, dass das auch in Zukunft verstärkt verfolgt werden wird.

Seht ihr eine Verantwortung für die großen Vereine aus dem Herrenfußball, eine Frauenmannschaft zu gründen, um eine Identifikation zu den Teams zu schaffen? Schließlich verbinden viele mit den traditionellen Frauenfußballvereinen kaum etwas.

Anka: Beim VfL Wolfsburg oder Bayern München merkt man die Verbindung zu den Fans schon deutlich mehr. Die Nationalspielerinnen vom FC Bayern wurden zum Beispiel kürzlich vor dem Spiel der Herrenmannschaft für die tolle Europameisterschaft geehrt. Ich finde es wichtig, dass man das Frauenteam einbindet. So werden mehr Leute darauf aufmerksam. Das fand ich auch bei der BVB-Saisoneröffnung so gut. Auch wenn wir nur die Kreisliga gewonnen haben, gehören wir trotzdem dazu. Ein anderes Beispiel ist Eintracht Frankfurt. Beim Europa-League-Finale der Herren ist das Frauenteam mitgeflogen, hatte die T-Shirts an etc. Nach außen zu zeigen, dass man ein Verein ist, finde ich extrem wichtig.

Durch das Engagement der bekannten Herrenvereine verlieren traditionelle Frauenfußball-Teams wie der SC Sand oder die SGS Essen an Bedeutung. Wie bewertet ihr diese Verdrängung?

Anka: Einerseits finde ich es schade, dass diese Vereine mehr und mehr von der Bildfläche verschwinden. Andererseits bringt eine Fusion wie zwischen dem 1. FFC Frankfurt und der Eintracht den Sport auch einfach nach vorne. Wenn die Frauen das selbe Logo wie die Männer tragen, ist das für den Frauenfußball im Großen und Ganzen positiv. Der Frauenfußball in Frankfurt bekommt unter dem Namen Eintracht einfach eine andere Aufmerksamkeit als unter dem Namen 1. FFC Frankfurt.

Ana: Grundsätzlich finde ich die Gründung von Frauenfußballabteilungen gut. Die Reichweite bei diesen Vereinen ist einfach viel größer, als wenn Frauenfußballvereine für sich allein stehen. Dementsprechend ist es einerseits schade, wenn diese Vereine verschwinden, aber im Allgemeinen bringt diese Entwicklung den Frauenfußball voran.

Anka: Also ich bin schon ganz froh, dass wir Borussia Dortmund heißen … (lacht)

Wenn man vernünftige Anstoßzeiten hat, die für die Menschen auch machbar sind, dann bekommen die Spiele eine größere Aufmerksamkeit

Du sprichst den BVB gerade selbst an. Wie bewertet ihr den Weg, den Borussia Dortmund im Frauenfußball geht, also ganz unten in der Kreisliga zu beginnen?

Ana: Ich finde es genau richtig, dass sich der BVB für diesen Weg entschieden hat. Sicherlich hätte es auch die Möglichkeit gegeben, eine Lizenz zu kaufen. Den Weg, ganz unten zu starten, finde ich aber deutlich sympathischer.

Anka: Ich finde es auch wichtig, unten anzufangen. Im ersten Jahr haben wir bei vielen organisatorischen Sachen gemerkt, dass das eine neue Abteilung ist. Vieles muss sich da erst einspielen. Wären wir sofort in der Regionalliga gestartet, hätte es vermutlich etwas mehr Chaos gegeben. Über all die Jahre wird man ja auch viel dazulernen können. Wenn man dann irgendwann in der Bundesliga spielen sollte, kann man dann sagen: Wir haben uns das alles selbst erarbeitet. Sowohl auf als auch neben dem Feld.

Wo liegen eurer Meinung nach die größten Baustellen im Frauenfußball in Deutschland? Aktuell wird hierüber ja recht viel diskutiert. Gleiche oder zumindest mal bessere Bezahlung, Trainings- und Spielbedingungen, Anstoßzeiten …

Anka: Definitiv die Anstoßzeiten. Ganz oft kann man Spiele nicht einmal sehen, wenn man es will. Oft werden die Spiele zu Zeiten angepfiffen, an denen die meisten Menschen arbeiten müssen. Einerseits beschwert man sich über die geringen Zuschauerzahlen, aber an einem Dienstag um 16 Uhr ist es für viele schlicht unmöglich. Wenn ich dieses Spiel sehen wollen würde, müsste ich dafür ja Urlaub nehmen. Ich finde, da fangen die Probleme schon an. Wenn man vernünftige Anstoßzeiten hat, die für die Menschen auch machbar sind, dann bekommen die Spiele eine größere Aufmerksamkeit. Für eine Familie mit kleinen Mädels, die schon ein bisschen Interesse am Fußball haben, kann es doch kaum etwas Schöneres geben, als in ein großes Stadion zu gehen und die Nationalmannschaft spielen zu sehen? Das konnte man ja sogar schon in der vergangenen Saison bei uns beobachten. Wir haben in der Kreisliga gespielt und viele Mädels und schauen uns mit großen Augen an. Wenn man das auf der großen Bühne fanfreundlicher gestalten würde, wäre man schon einen großen Schritt weiter.

Ana: Ich sehe die Anstoßzeiten ebenfalls als einen großen Kritikpunkt. Oft wird über eine angeglichene Bezahlung zwischen Männern und Frauen im Fußball diskutiert, doch wenn durch Zuschauer keine Einnahmen generiert werden, können auch die Gehälter kaum steigen. Wenn man den Sport attraktiver macht, dass auch die Einnahmen steigen, würden sich viele Probleme sicherlich von selbst lösen.

Seht ihr im Amateurbereich ebenfalls Nachholbedarf?

Anka: In Drolshagen haben wir einen eigenen Frauenbereich, unter anderem mit einem Vorstand, und haben dort auch einen recht hohen Stellenwert. Wir haben optimale Trainingszeiten, ausreichend Platz, auch von den Trainingsutensilien passt alles. Allerdings ist die Auswahl im Umkreis recht gering. Im Kreis Olpe gab es in der Vergangenheit deutlich mehr, aber das ist stark zurückgegangen. Im Kreis Dortmund gibt es da natürlich dank der höheren Bevölkerungsdichte mehr Angebote, wobei auch dort die Möglichkeiten abgenommen haben. Generell sind die Fahrten aufgrund der vergleichsweise geringen Vereinsdichte aber schon in der Landesliga recht weit. In Drolshagen mussten wir zum Beispiel bis nach Herne.

Man hofft irgendwie schon darauf, dass Alex Popp vielleicht ja irgendwann noch nach Dortmund kommt ...

Nochmal zu euch persönlich. Mit welchem Spieler der aktuellen Herrenmannschaft würdet ihr gern eine Woche lang trainieren?

Ana: Bei mir wäre das definitiv Mats Hummels. Zum einen spielt er die gleiche Position, zum anderen hat er natürlich eine extrem große Erfahrung. Ich glaube, dass ich von ihm wirklich noch viel lernen könnte.

Anka: Ich würde Jude Bellingham nehmen. Ihm zuzuschauen, macht einfach einen Riesenspaß. Mit welchem Ehrgeiz er in jedes Spiel geht, ist total klasse. Ich glaube, von ihm kann man sehr viel mitnehmen. Das passt zwar von der Position eher weniger, aber das spielt ja auch nicht die große Rolle.

Und mit welcher Fußballerin?

Ana: Bei mir wäre das Lena Oberdorf. Sie ist schon echt eine Maschine. Ihr Einsatz, aber auch ihre spielerischen Qualitäten sind großartig. Und sie ist mit 20 schon in den Top 3 zur Wahl für Europas Fußballerin des Jahres.

Anka: Alex Popp. Die hat natürlich auch einen guten Geschmack, was das Fansein angeht.

Vielleicht kommt sie ja irgendwann noch nach Dortmund …

Anka: Da hofft man irgendwie schon drauf. Sie hat letztens sogar auf die Insta-Story von Ana Zabell reagiert, der eine ähnliche Frage gestellt wurde. Geantwortet hatte sie, man solle ihr noch ein paar Jahre Zeit geben. Ich glaube, dass das nicht nur eine Floskel ist, sondern irgendwann vielleicht wirklich so kommen könnte. Außerdem könnten wir eh noch etwas Kopfballstärke vertragen… (lacht)

Wie sieht eigentlich eure eigene Fan-Biographie aus? Seid ihr regelmäßig im Stadion?

Anka: Aktuell habe ich zwar keine eigene Dauerkarte, weil es zeitlich nicht passt, da ich aktuell ja auch noch eine Jugendmannschaft beim SC Drolshagen trainiere. So oft es geht, versuche ich aber natürlich, mit dem Fanclub-Bus zu fahren.

Ana: Auch ich bin relativ oft auf der Südtribüne. Ab und an fragt Anka mich auch mal, ob ich mitkommen möchte, wenn mal eine Karte frei ist. Da sage ich natürlich nicht nein.

Noch eine letzte Frage: Wer von euch schießt kommende Saison mehr Tore?

Anka: Ich glaube, das werde positionsbedingt ich sein. In der Offensive habe ich vermutlich auch etwas mehr Qualität. Aber Ana ist definitiv die komplettere Spielerin. Wobei es eng werden könnte, wenn sie einen ähnlichen Weg einschlägt wie Ana Zabell und immer weiter nach vorne rückt …

Danke für das Interview!

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