7 Tore, aber nur alkoholfreies Bier
Anzugträger, alkoholfreies Bier, ein vierter Offizieller mit einer Auswechseltafel. Wenn man am letzten Dienstag ab 15 Uhr auf die Zeichen geachtet hat, konnte man schon mitbekommen, dass das Spiel der U19 des BVB in der Roten Erde gegen Olympique Marseille unter dem Banner der Youth League stattfand.
Über Sinn und Unsinn dieses Wettbewerbs kann man sicherlich diskutieren, das 5:2 (2:0) gegen die Franzosen war aber sicherlich keine schlechte Werbung.
Die Anpfiffzeit ist sicherlich ungünstig, dennoch bleibt festzuhalten, dass es immerhin 409 Zuschauer in die Kampfbahn verschlagen hatte, darunter auch ein paar Franzosen, die bereits früh in der Bierhauptstadt waren und so die Zeit zu nutzen suchten. Für Auswärtsfans, die nicht erst kurz vor dem Spiel der Profis anreisen ist dieser Wettbewerb auch sicherlich etwas Interessantes, vor allem wenn es dann auch noch so praktisch wie in Dortmund ist, wo direkt neben dem Westfalenstadion gespielt werden kann. Lächerlich wirkte hingegen dann wirklich eher die Entscheidung, auch bei diesem Spiel nur alkoholfreies Bier zu verkaufen. Aber wenn man eben eine kleine Champions League nachspielen will, muss man wohl auch diesen Punkt berücksichtigen und in die Tat umsetzen...
Sei es drum, bei Sonnenschein und besten Herbstwetter betraten die Mannschaften die historische Laufbahn in der Roten Erde, schossen Mannschaftsfotos, verteilten Shake-Hands... alles wie in der Champions League eben, nur ohne die famose Hymne. Anzumerken bleibt auch, dass die Borussia ihren Aufstellungsbogen per Hand ausgefüllt hatte, was vor allem in der ansonsten so professionellen Umgebung dieses Wettbewerbs doch etwas ironisch wirkte. Auf diesem Aufstellungsbogen fanden sich dann aber doch auch für einen eher spärlich informierten Besucher unserer Jugendspiele ein paar nicht gänzlich unbekannte Namen wie Jeremy Dudziak oder Linus Schewior. Nach der Niederlage im ersten Spiel des Wettbewerbs in Neapel suchte die U19 nun die ersten Punkte zu gewinnen, die Franzosen verloren ihr erstes Spiel gegen Arsenal London ebenfalls deutlich.
Nach den ersten Partien lässt sich also wohl mit einem Augenzwinkern feststellen, dass die Ergebnisse der U19 ein kleiner Wink für die Partie am jeweiligen Abend sind.
Einen kleinen Wink in Richtung Konzentration hätte OM-Keeper Florian
Escales zu Beginn des Spiels auch gebrauchen können, da er binnen vier
Minuten gleich zwei Mal bei einem Abschlagversuch den Fuß eines
Dortmunders fand. Burak Camoglu, der in den 90 Minuten noch mehrmals auf
sich aufmerksam machen sollte, war der zweite, der diesen
unfreiwilligen Traumpass zugeteilt bekam und sich schnell an einem
Abschluss auf das relativ freie Tor versuchte, damit aber nur einen
Eckball herausholte, weil Escales doch noch rechtzeitig ins eigene
Gehäuse zurück geeilt war. Besser machte es rund zehn Minuten später
dann Nico Knystock, der nach einem Angriff über links Nutznießer davon
war, dass die Flanke an Freund und Feind vorbeiflog. Knystock tauchte
aus dem Rückraum auf, zog ab und sorgte somit für die Führung der
Gelb-Schwarzen (die übrigens nicht im Original-Champions League-Trikot
aufgelaufen waren) nach 15 Minuten Spielzeit. Das 1:0 ging im Grunde
schon zu diesem Zeitpunkt in Ordnung, da der BVB mit mehr Spielanteilen
auf sich aufmerksam machte.
Bei beiden Mannschaften passierte viel über
die Außenbahnen, beim BVB eben häufig über den bereits erwähnten
Camoglu, bei den Gästen aus Marseille kam ein wenig Gefahr höchstens
durch schnelle Angriffe über die Seiten auf. Und aus der spielerischen
Überlegenheit der Borussia resultierte folgerichtig sechs Minuten nach
dem 1:0 dann auch das zweite Tor des Nachmittags. Camoglu war auf der
linken Seite gefoult worden, Knystock brachte den fälligen Freistoß sehr
hart in den Strafraum, wo er wie schon beim 1:0 zunächst an allen
vorbeisegelte. Dann wurde das Leder aber noch einmal von der anderen
Seite ins Spiel gebracht, Manuel Greshake stand am Fünfer goldrichtig
und musste nur noch einschieben. Diese Phase der 90 Minuten war nun
rückblickend sicherlich die Interessanteste, weil die U19 schön
kombinierte, sich weitere Chancen erarbeitete und damit weiter auf das
Tor drängte. So zum Beispiel bei der Kombination von Camoglu im
Doppelpass mit Weber, die dann schließlich Dudziak auf die Reise
schickte.
Der 18-Jährige tauchte damit frei vor dem Gehäuse von Escale auf, blieb im direkten Duell aber zunächst nur zweiter Sieger (28.) Kurz vor der Pause führte eine weitere sehenswerte schwatzgelbe Kombination dann erneut fast zum 3:0, weil Bingöl den Ball im Fallen auf Strafraumhöhe noch einmal nach außen leitete, Camoglus Flanke im Zentrum auch einen Abnehmer in Knystock fand, sein Schuss aber abgeblockt wurde (43.). Schließlich wurde es auch einmal auf der anderen Seite gefährlich, weil sich Borussia-Keeper Steffen Göcke eine kleine Auszeit leistete und einen OM-Freistoß total falsch einschätzte. So war auf einmal ein Angreifer der Franzosen aus spitzem Winkel einschussbereit, Göcke wurde nur von Lukas Culjak gerettet, der das Leder noch einmal von der Linie kratzen konnte, sodass es doch mit einer beruhigenden und letztendlich sicheren und hochverdienten 2:0-Führung in die Pause ging.
Auch nach dem Seitenwechsel zeigte sich kein wirklich neues Bild. Der BVB stand defensiv kompakt und ließ wenig zu, Olympique zeigte sich eher harmlos und die Dortmunder drängten weiter auf das nächste Tor. Dennoch verflachte das Spiel im Verlauf der zweiten 45 Minuten trotz eines Toreregens doch zunehmend, sodass ein erster „Höhepunkt" die Auswechslung von Bingöl war. Dieser war bereits in der ersten Hälfte mehrmals unsanft zu Boden gebracht worden, kämpfte sich aber weiterhin durch die Partie. In der 52. Minute hatte Trainer Marc-Patrick Beister dann schließlich genug, ersetzte Bingöl durch Franke, was Ersterer nicht unbedingt so lustig fand. Sein Frust über die Auswechslung entlud sich an der Trainerbank. Von dort aus konnte dann er beobachten, wie ein schneller Angriff über links nur wenige Minuten später Schewior die Chance zum 3:0 ermöglichte. Dieser ließ schnell noch einen Gegenspieler stehen, sein Abschluss wurde dann aber schnell zur Ecke geblockt.
Besser lief es dann weitere sieben Zeigerumdrehungen später bei einem Konter mit Überzahlspiel, als Dudziak den eingewechselten Yildiz bediente, der den Ball nur noch über die Linie schieben musste. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Drops dann auch gelutscht und irgendwie merkte man es den beiden Mannschaften auch an, weil die Zügel nun deutlich lockerer gelassen wurden, woraufhin dann auch noch die letzten vier Tore in 20 Minuten fielen. Guirassy verkürzte noch einmal (68.), Joker Yildiz schnürte aber nur fünf Minuten später seinen Doppelpack und stellte damit den alten Abstand wieder her. Dudziak trug sich schließlich auch noch in die Torschützenliste ein und belohnte sich damit für eine gute Leistung (84.). Er war zusammen mit Camoglu und Yildiz sicherlich einer der auffälligsten Spieler des BVB-Nachwuchs. Den Schlusspunkt setzte dann schließlich wieder Guirassy, der einen fragwürdigen Foulelfmeter zwar nicht direkt, aber immerhin im Nachschuss verwertete. Göcke hatte zunächst den Ball abgeblockt, der dann aber doch für die Füße des Stürmers fiel (86.).
Am Ende steht also ein hochverdienter Erfolg der Dortmunder Borussen in einem Wettbewerb, der professioneller aufgezogen ist als es eigentlich nötig wäre. Wer die Entscheidung getroffen hatte, am Dienstag die Rote Erde aufzusuchen hat auf jeden Fall nicht wirklich viel falsch gemacht. Bei Eintrittspreisen von 3€ für einen Stehplatz und 5€ für einen Sitzplatz und sieben Toren kann man sich sicherlich überlegen, ob man sich die nächste bietende Gelegenheit auf ein Spiel der U19 gegen den Nachwuchs von Arsenal London entgehen lassen sollte. Als Einstimmung für die Champions League Spiele gibt es jedenfalls sicherlich schlechtere Unterhaltung.
Statistik
Trainer: Marc-Patrick Meister
Olympique Marseille U19: Escales, Dubois, Sané, Sommler, Da Costa, Tulloma, Ephestion, Mouhammadou (61. Lopez), Guirassy, Araal (83. Berteli), Kisaku (68. Porsan)
Trainer: Thomas Fernandez
Tore: 1:0 Knystock (15.), 2:0 Greshake (21.), 3:0 Yildiz (62.), 3:1 Guirassy (68.), 4:1 Yildiz (73.), 5:1 Dudziak (84.), 5:2 Guirassy (86./FE)
Schiedsrichter: Thoroddur Hjaltalin (ISL)
Gelbe Karten: Schewior, Franke – Da Costa, Ephestion
Zuschauer: 409 in der Roten Erde