Stadioneröffnung in Essen - Borussias Nachwuchs verteilt Gastgeschenke
Die BVB U19 hat ihr Saisonauftaktspiel mit 3:2 gegen RWE verloren. Das Spiel war aber für die meisten Zuschauer bestenfalls eine Randerscheinung. Denn am Sonntag galt Adi Preißlers alte Weisheit ausnahmsweise einmal nicht, wonach das Entscheidende auf dem Platz stattfindet. Der Star des Tages war eindeutig das neue "Stadion Essen", das mit der Partie der A-Jugend Bundesliga eingeweiht wurde. Und so konnte zumindest ein Borusse trotz der Niederlage frohgemut nach Hause fahren: Nick Weber sicherte sich mit dem ersten Treffer im neuen Stadion einen Platz in den Geschichtsbüchern.
Ein neuer Tempel für Essen
Der BVB tritt mit seiner U19 zur Stadioneröffnung in Essen an. Ehrensache, dass auch schwatzgelb.de diese Chance wahrnimmt, sich das Jahrhundertprojekt in Bergeborbeck aus der Nähe anzuschauen. Obwohl heute ja nur die Voraberöffnung der ersten drei Tribünen anstand. Aber so konnte manch ein RWE-Anhänger, der noch dem Drei-Tribünen-Charme des halbverfallenen Georg-Melches-Stadions nachhängt, behutsam an die neue, moderne Spielstätte seiner Mannschaft gewöhnt werden. Die offene Seite des Stadions gibt den Blick frei, auf die verbliebenen zwei Tribünen des altehrwürdigen Stadions an der Hafenstraße, das über 80 Jahre die Heimat von RWE gewesen ist. Hoffentlich kriegt man es in Essen hin, einen Teil der geschichtsträchtigen Bauten in die neue Stadionlandschaft einzubinden. Die drei charakteristischen Flutlichtmasten würden sich dafür anbieten. Eine Initiative kämpft auch noch für einen Erhalt der alten Haupttribüne und daran erinnerte auch ein Transparent der Ultras Essen, das nach dem Eröffnungsspiel der A-Junioren zur Rede des, im Stadion nur mäßig beliebten, Essener Oberbürgermeisters aufgezogen wurde.
Das neue Stadion hat eine luftige Architektur mit weit offenen Ecken, durchscheinenden Dächern und mäßig steilen Tribünen. Für bessere Zeiten des Essener Fußballs ist man mit einem großzügigen VIP-Bereich und einigen Logen auch schon gerüstet. Und während das Wort Eckenausbau bei jedem BVB Fan unmittelbar für Bauchschmerzen und Schnappatmung sorgt, beflügelt diese Perspektive die Phantasie der Macher von RWE. Denn die Möglichkeit, das Stadion in den Ecken zu erweitern, hat man sich offen gehalten. Um das ernsthaft in Betracht ziehen zu können, müsste RWE aber noch den ein oder anderen Aufstieg in Angriff nehmen. Nach vielen leidvollen Erfahrungen tut man bei RWE aber sicher gut daran, dem Rat der zur Eröffnung angereisten Vereinslegende Fritz Herkenrath zu folgen „nicht zu hoch zu träumen“. Auch wenn man beim Gang zum Stadion noch von einem vom Winde verwehten „Für immer Georg Melches Stadion“ Banner begrüßt wird, hat man sich mit dem örtlichen Energiekonzern, der die Namensrechte erworben hat, vorerst auf den neutralen Namen „Stadion Essen“ geeinigt. Dabei wäre "RWE Stadion" sicher im Sinne des Sponsors gewesen, aber diese oder ähnliche Optionen will man wohl erst zukünftig ziehen, falls es mit RWE weiter bergauf gehen sollte. Eine Umbenennung im Sinne des Sponsors wäre nämlich zukünftig deutlich schwieriger, wenn man das neue Stadion beispielsweise nach dem größten Essener Fußballer aller Zeiten Helmut „Boss“ Rahn benannt hätte. So muss der Boss sich mit der Gegentribüne begnügen, die seinen Namen trägt. Insgesamt kann das neue Stadion durchaus überzeugen, es hat im Vergleich zu manch anderem Neubau einen durchaus individuellen Charakter und die kompakten Tribünen ohne störenden Oberrang scheinen sich gut für stimmungsvolle Fußballfeste zu eignen. Für RWE ist das ein Quantensprung, auch wenn man als neutraler Fan natürlich dem kuriosen Georg-Melches-Stadion mehr als eine Träne nachweint.
Nick Weber – die Elisabeth Podschwadke von Essen
Die Spielplaner der A-Jugend Bundesliga hatten für den BVB zum Saisonauftakt RWE vorgesehen und so bekamen die BVB Junioren die Ehre das erste Spiel im brandneuen Stadion auszutragen. Borussia ging gegen den Aufsteiger aus Essen als klarer Favorit ins Spiel. Dieser Rolle konnte die Mannschaft allerdings nie wirklich gerecht werden.
Der BVB hatte früh die ersten Chancen, aber weder Weber noch Bandowski gelang es, den historischen ersten Treffer im neuen Stadion zu erzielen. Deichmann freute sich schon, als sein Schuss im Netz landete, aber der Schiedsrichter hatte vorher laut vernehmlich abgepfiffen. Trotz Klatschballons für jeden Besucher der zu diesem frühen Zeitpunkt noch mäßig gefüllten Tribünen, blieb die Stimmung jugendfußballtypisch. Der Eindruck eines sonntäglichen Kaffeekränzchens überwog. Aber am heuteigen Tag sollte ja auch das Stadion der Star sein und dementsprechend wurden die angesetzten Fußballspiele wohl von vielen Besuchern nur als Staffage betrachtet.Der BVB präsentierte zu Beginn im von den Profis gewohnten 4-2-3-1 System die reifere Spielanlage und RWE beschränkte sich weitgehend auf Kämpfen und Kontern. Dytko hatte dann aber doch die Chance, unsterblich zu werden. Er umkurvte Bonmann, aber dann war der Winkel zu spitz und er traf nur das Außennetz. Kurz darauf stand Göcke erneut im Blickpunkt, aber einen Kopfball nach einem Freistoß entschärfte er sicher. RWE wurde nun stärker und schnürte den BVB sogar phasenweise in der eigenen Hälfte ein. Nach einem groben Essener Abwehrschnitzer stand Nick Weber plötzlich völlig frei vor dem Tor. Er zog an Bonmann vorbei, zeigte sich dann aber nicht entschlossen genug und so konnte ein RWE Verteidiger seinen Ball noch auf der Linie klären. Nach einer guten halben Stunde setzte sich Böhmer schön über Links durch, zog in den Strafraum und legte quer auf Weber, aber der kam erneut nicht zum Abschluss, weil er bei der Ballannahme noch gestört wurde. Bei nächster Gelegenheit machte er es besser, drehte sich an der Strafraumgrenze schön um einen Verteidiger und legte heraus auf Bandowski. Der zog direkt ab, traf aber mit seinem Hammer nur den Außenpfosten.
Und dann war es doch der schöne Name Weber, der von nun an die Chroniken des neuen Essener Stadions zieren wird. Nach einem Freistoß von halbrechts schraubte sich der Dortmunder Spielmacher in die Höhe und ließ Bonmann mit seinem Kopfball keine Chance. Das war kurz vor dem Halbzeitpfiff natürlich eine kalte Dusche für die Gastgeber. Insgesamt war die Führung aber durchaus verdient, denn bis auf die kurze Drangphase der Essener nach einer Viertelstunde, gab der BVB hier weitgehend den Ton an. Nur Dortmunds Top-Sturmtalent Said Benkarit war die gesamte erste Halbzeit komplett abgemeldet. Nick Weber konnte jedenfalls mit dem guten Gefühl in die Kabine gehen, dass sein Name unvergessen bleiben wird, egal ob er in seiner weiteren Fußballlaufbahn noch etwas Bemerkenswertes zustande bringt. Denn wer kann schon irgendwelche fußballerische Großtaten von Elisabeth Podschwadke nennen? Ein Treffer am 2. April 1974 genügte, um den Namen Podschwadke unsterblich zu machen.
Warum man in der Halbzeitpause dann eine Hymne auf die Stadt New York geboten bekam, wird wohl ein Geheimnis der Eventplaner bleiben. Essen-Borbeck verströmt ja eher weniger den Glanz der amerikanischen Metropole. Vielmehr ist es eine der Ecken des Ruhrgebiets, deren Charme sich wohl nur Menschen erschließt, die fest im Pott verwurzelt sind.
Kurz nach der Pause erzielte Essen den Ausgleich. Im Anschluss an eine Ecke von Arenz fiel der Ball Nakowitsch vor die Füße und er hatte keine Mühe ihn ins Tor zu wuchten. Auf beiden Seiten hatte sich nun die Nummer 23 in die Torschützenliste eingetragen, ob die Illuminaten ihre Finger beim Bau des Essener Stadions im Spiel hatten? Nun meldete sich auch erstmals das Essener Publikum im neuen Stadion zu Wort. Schade nur, dass es ein Gesang war, den die, auch hier wenig populären Blauen bekannt gemacht haben. Aber man stand auf und klatschte und weihte so die neuen Tribünen auch erstmals aus Fansicht ein.
Essen versuchte nun nachzusetzen und attackierte früher. Das gab dem BVB natürlich Räume zum Kontern, doch zunächst machte man wenig Sinnvolles daraus. Ganz im Gegenteil fing man sich nach einem Konter sogar den Rückstand ein. Nach einem weiten Schlag aus dem Mittelfeld tanzte Goris Göcke aus und schob den Ball überlegt zwischen dem Dortmunder Schlussmann und dem herangrätschenden Zeugner hindurch ins lange Eck. Dortmund reagierte mit wütenden Attacken. Aber statt eigener Chancen kam es zu Kontergelegenheiten der Hausherren. Nach und nach füllten sich auch die Tribünen immer besser. Offenbar hatten viele nur mäßig Fußballinteressierte den sensationell günstigen Eröffnungspreis von 2,50€ (inkl. Freigetränk!) genutzt. Zudem waren viele Besucher auch zunächst damit beschäftigt, das neue Stadion zu erkunden und nahmen erst nach und nach ihre Plätze ein.
Ein Schnitzer des eingewechselten Knystock im Spielaufbau leitete dann die Vorentscheidung zugunsten der Essener ein. RWE schaltete schnell um und spielte den Ball flach in den Strafraum, wo Träptau lässig verwandelte. Der hatte 5 Minuten später auch die Gelegenheit den Sack endgültig zu zu machen, aber Göcke hatte gut aufgepasst und agierte in in dieser Situation wie ein Libero vor seinem Strafraum. So hatte der eingewechselte Ruwe noch mehrere gute Chancen zum Anschlusstreffer aber er scheiterte mit einem Fernschuss und einem Freistoß von halblinks. Dann lief erneut Träptau allein auf Göcke zu, konnte den Dortmunder Torwart aber wieder nicht bezwingen.
Kurz vor Schluss hatte dann Benkarit doch noch seinen großen Auftritt, als er den aufprallenden Ball mit dem Rücken zum Tor in den Winkel schlenzte. In der anschließenden Schlussoffensive der Schwarzgelben hatten Weber und Benkarit sogar noch eine Chance zum Ausgleich, aber sie brachten im Strafraum keinen vernünftigen Torschuss zuwege. Die Essener Spieler schienen nun dem hohen Tempo Tribut zollen zu müssen, dass sie in der zweiten Halbzeit gegangen waren. Aber obwohl zwei von ihnen gleichzeitig außerhalb des Spielfelds behandelt wurden und Göcke mit nach vorne stürmte, gelang es nicht, nach einem Freistoß von Nothnagel den Kopfball zu gewinnen. Kurz vor dem Abpfiff hatte Zeugner noch die Gelegenheit von der Strafraumgrenze aufs leere Tor zu schießen, weil Bonmann nach einer unglücklichen Faustabwehr auf dem Boden lag. Aber er verfehlte den Kasten leider deutlich und damit war die Dortmunder Niederlage besiegelt. Den Saisonstart hat man sich in Dortmund sicher anders vorgestellt, aber vielleicht wollte man sich auch nur als guter Gast zur Stadioneröffnung präsentieren.
Gelungene Stadioneröffnung bei bestem Wetter
BVB U19: Göcke - Böhmer (80. Dirks), Nothnagel, Zeugner, Deelen (70. Aydincan) - Beutler, Deichmann (66. Ruwe) - Bandowski, Weber, Dytko (48. Knystock) - Benkarit
Tore: 0:1 Weber (44.), 1:1 Nakowitsch (49.), 2:1 Goris (64.), 3:1 Träptau (77.). 3:2 Benkarit (90.)