Der, der über den Dingen steht
Wenn man in der "Liste der reichsten Menschen der Welt" des Forbes-Magazins genannt wird, muss man etwas erreicht haben. "Mehr als die gesamte Dortmunder Südtribüne zusammen", wie in Kommentaren zu lesen war. Dass dafür offenbar auch eine geniale Geschäftsidee reicht, beweisen Bill Gates oder die Gründer der Einzelhandelsriesen Wal-Mart und Aldi. Es benötigt also schon allerhand!
Dennoch, so muss man festhalten, hat Dietmar Hopp durchaus wohltätige Zwecke unterstützt. Die, in Ermangelung einer Alternative, nach ihm benannte Stiftung hat mittlerweile fast 300 Millionen Euro verteilt und ausgeschüttet - ein gewisses Gönnertum lässt sich also nicht abstreiten. Immerhin hat Herr Hopp mittlerweile auch eine Mannheimer Multifunktions-Arena erbauen lassen, seinem Heimatdorf ein Fußballstadion spendiert und einen Golfplatz im Sinne der Jugendförderung unterstützt. Auch der Verein aus seiner Heimatstadt erhielt eine neue Arena und erfährt bis heute finanzielle Unterstützung - um dem Umfeld etwas zu bieten und die Jugend aus der Gegend zu fördern, versteht sich. Dass diverse dieser Immobilien die Namen des von ihm gegründeten Unternehmens oder gar ihm selbst tragen oder auf einer nach ihm benannten Straße stehen, sollte da nur selbstverständlich sein. Dietmar Hopp ist eben ein Gönner. Geltungsbedürfnis und Egozentrik? Fehlanzeige! Der Diedemar protzt nicht mit seinen Wohltaten. Er lässt sich keine Denkmäler bauen.
Dabei behält er auch vollkommen den Blick für Realität und Verhältnisse. Niemals käme er auf die Idee, Kritiker mundtot machen zu wollen. Das beweist ein Blick auf das von ihm gegründete Softwareunternehmen, in dem er - vorbildlich - nach fast 40 Jahren und inzwischen mehr als 50.000 Mitarbeitern schon im August 2010 einen Betriebsrat wählen ließ. Oder die Satzung seines Heimatvereins TSG Hoffenheim, die besagt, dass man schon nach nur fünf Jahren passiver Fördermitgliedschaft und aktivem Einbringen in das Vereinsleben Stimmrecht im Verein erhält. Bei einem börsennotierten Fußballclub wie dem BVB muss man dafür die unmögliche Hürde überwinden, das achtzehnte Lebensjahr zu vollenden und einen Mitgliedsantrag auszufüllen - Zustände, die es bei Hopp niemals geben würde!
Überhaupt ist die TSG Hoffenheim so ein bisschen das Kind des Selbstlosen. Schon immer hat er seinen Heimatverein, für den er selbst einst die Schuhe schnürte, gefördert und dessen Tradition - seit 1899, wohlgemerkt! - gewahrt. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, den Verein zur Bündelung diverser Kräfte mit anderen Clubs der Region zu einem seelenlosen Konstrukt wie dem FC Heidelberg 2006 zu fusionieren, damit er selbst endlich Bundesligafußball präsentieren könne. Und auch die Millionen, die er für Spieler aus der Region ausgab (weiß doch jeder, dass Brasilien, Ghana, Nigeria, Simbabwe oder Togo direkt im Rhein-Neckar-Delta liegen), dienten nur der regionalen Nachwuchsförderung. Dass dabei direkt der Aufstieg in die Bundesliga heraussprang, konnte natürlich niemand ahnen oder gar beabsichtigen.
Sollte dann je Kritik an den Gebahren des Mäzenen aufgekommen sein, hat er sie angenommen wie ein Mann. Als Mainz 05-Manager Christian Heidel einst behauptete, Hopp würde durch aktive Einflussnahme im operativen Geschäftsbereich der TSG gegen die geltende 50+1-Regel des DFB verstoßen, lag Hopp nichts ferner, als beim DFB zu fordern, solche Behauptungen und andere Beleidigungen gegen ihn seien so hart zu ahnden wie offen ausgelebter Rassismus. Während Oliver Kahn unter dem jährlichen Bananenregen in Dortmund stets weinend zusammenbrach und Trost bei dem jeweiligen DFB-Präsidenten suchte, hat Hopp solche Auswüchse stets wie der große Mann von Welt ertragen, der er ist. Niemals würde er dem Sohn des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger eine Stelle in der Frauenabteilung "seines" Vereins bieten, um sich mit ihm gut zu stellen - Klüngelei und Unrecht kämen für Diedemar niemals nicht in Frage!
Nun also der Skandal mit diesen Hochfrequenz-Tönen. Ein einziger übereifriger Mitarbeiter des Stadions hat in mühevoller Kleinarbeit eine Anlage geschaffen, um die unflätigen Gästefans zu stoppen; schließlich kritisieren diese Herrn Hopp vollkommen grundlos - er ist doch ein selbstloser Wohltäter! Diese elenden Beleidigungen, die von Hopp abperlen wie Wasser von einer Lotuspflanze, haben den Facility Manager derart gekränkt, dass er zur Selbstjustiz griff. "Wer unseren Diedemar beleidischt, den komma au verletz'n!" dachte er wohl, und schmuggelte klammheimlich die Lautsprecher ins Stadion. Als Hopp davon Notiz nahm (also jeweils bei den Spielen gegen Borussia, Mainz, Köln, Stuttgart und Frankfurt), schritt er sofort persönlich ein und beschlagnahmte die Apparatur - nicht ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen in Form eines Präsentkorbs für den Mitarbeiter. Ein solches Unrecht, fahrlässige bis vorsätzliche Körperverletzung mehrerer Menschen, konnte der Milliardär nun wirklich nicht dulden! Wo kämen wir denn hin, wenn sich plötzlich jemand über die Gesetze und Regeln hinwegsetzte, indem er Beleidigungen mit Körperverletzung vergelten würde? Auch wenn der Mann eben noch Gerechtigkeitsgefühl hat - dass er übers Ziel hinausgeschossen ist, war so vom Didi nicht zu tolerieren!
Aber vielleicht ist das auch alles ganz anders und Hopp steht über den Dingen. Über Fußballregularien und Strafgesetzen, über Realität und Verhältnismäßigkeit, über dem gemeinen Fußballfan - nur eben nicht über Kritik. Wer weiß das schon noch, heutzutage?
NeusserJens, 17.08.2011