BVB tanzt auf dem Ponyhof - Saisonauftakt der U15
Samstag, 14.15 Uhr. Im Schatten des Borussia-Parks. 67 km vom letzten Halt vor Blauland entfernt. Ziemlich windig, aber trocken. Die Kleinen der kleinen Borussia gegen die Kleinen der großen Borussia aus Dortmund. Auf Deutsch: Stichtag 1.1.97 und jünger. Mutter Dietz (leicht fröstelnd) und ich warten gespannt am Platz (0)9 des Leistungszentrums auf den ersten Auftritt der U15 in der höchsten Jugendklasse ihrer Altersgruppe.
Überall neue Gesichter. Auf demTrainer-Posten wie auf dem Platz. Der letztjährige Coach VolkerPröpper, Vizemeister und Vize-Westpokalsieger (die elendigePokalniederlage gegen die blauen Zwerge im Elfmeterschießen istmittlerweile zum Glück vergessen) tauschte mit U14-Coach Benjamin Hoffmann denPlatz auf der Bank. Dieser ist 31 Jahre frisch, genauso hochmotiviert und ein Dortmunder Jung.
Vor den heutigen 70 Minuten (2x35) Kampf um die ersten drei Punkte der neuen Saison 2011/12 stand aber erst einmal der Schweiß. Was die Jungs da an „Aufwärmprogramm“ ablieferten, hätte für mich als ehemaligen Kreisliga-A–Ligisten das konditionelle Aus für das anschließende Meisterschaftsspiel bedeutet. „Ist das eurer Drill-Instructor?“ wurde ich auch prompt von einem Zuschauer gefragt. In der Tat leitete Co-Trainer Tobias Wolfsheimer das fordernde, fast einstündige Programm, mit lauter und fester Stimme, was den sich locker dehnenden Mini-Ponys auf der anderen Seite einige mitleidige Blicke entlockte. Aber entscheidend ist ja bekanntlich woanders und das sollte sich später auch zeigen. Unsere Jungs folgten den Übungen jedenfalls bereitwillig, da ihnen der „Drill“ sicherlich aus der letzten Saison bekannt sein dürfte. Schließlich besteht die neuformierte U15 fast gänzlich aus der alten U14. Mit der Ära Klopp ist auch ihnen mittlerweile die „Firmenphilosophie“ des BVB in Fleisch und Blut übergegangen, jeweils die fitteste Mannschaft auf dem Platz zu stellen. Über Fitness zum Erfolg, hat letzte Saison schließlich die deutsche Meisterschaft bei den Profis eingebracht, da braucht es nicht viel Überzeugungsarbeit bei der Jugend - so scheint es. Die Fakten sprechen halt für sich.
Nicht ganz so fit schien indes das Schiedsrichtergespann zu sein, das es an diesem Tag mit der Pünktlichkeit nicht immer so genau nahm. Der Gegner verschwand eine Viertelstunde vor Spielbeginn in die geheizte Umkleide, um sich für das Spiel umzuziehen. Die Schwatzgelben erledigten das auf dem Platz. „Hütchen weg, Anstoß!“ sozusagen. Jörg Dahlmann würde bemerken: „Die sind heiß wie Frittenfett!“ Aber vorher noch kurz ein Blick in die Statistik: Der BVB stellte letzte Saison die beste Abwehr (nur 19 Gegentore) und schoss in 26 Spielen die zweitmeisten – 62 Stück. Zudem stellten sie mit Gümüstas (jetzt U17) den Torschützenkönig. Der Gastgeber spielte eine gute aber eher unspektakuläre Saison. In der Hinrunde noch Dritter (vor dem BVB) konnte man den Platz nicht verteidigen und wurde schließlich Vierter. Das Hinspiel (aufgrund Spielverlegung erst am Saisonende) gewann man im eigenen „Gehege“ mit 1:0, das Rückspiel verloren sie (nur drei Tage später) gegen die echte Borussia mit 1:2. Aber in der Jugend ist alles Schnee von morgen!
Von den Jungs aus dem letztjährigen U15-Pokalfinale stand heute keiner mehr auf dem Spielberichtsbogen. 17 neue Gesichter. Darunter auch Zübeyir Kaya, Neuzugang von der Hammer Spielvereinigung. 15 Uhr, die Ränge sind mit knapp 70 Zusehern besetzt. Meckerköppe inklusive.
Der BVB mit Anstoß in Blickrichtung auf den Borussia-Park – und legte gleich los wie die Feuerwehr. Langer Ball in die Spitze und ein harter Zusammenstoß von Nebihi mit dem Pony-Keeper beim Kampf um den Ball. Kurzer Check von Masseurin Swantje Thomssen und weiter ging es. Nächster Angriff, diesmal über die linke Seite. Lars Dietz passt in den 16er. Im anschließenden Gewühl setzte der Neuzugang Kaya im dritten Versuch den Ball in die Maschen. 0:1 aus der Sicht der Gastgeber in der 2. Minute.
Die Gastgeber aber keineswegs geschockt. Schöner Angriff über die linke Seite, aber Freund und Feind verpassen die flache Hereingabe. Damit war das Konzept beider Teams in den ersten Minuten klar: Die Paarhufer spielten wie die Dortmunder Jungs meist über die eigene linke Seite. Wie auch in der 7. Minute als der Schuss vom linken Strafraumeck abgefeuert den rechten Pfosten des von Keeper Dominik Reimann gehüteten Tores küsste. Glück gehabt. Damit war erst mal Ruhe auf dem Geläuf.
Viele Zweikämpfe, wenig zwingendes. Der BVB kombinierte bis zum 16er ziemlich zielstrebig über die Außen, schaffte es aber nicht, den Ball gefährlich auf das Gehäuse zu bringen. Auch Standards blieben weitgehend ungefährlich. Hinten stand man nach der etwas wackeligen Anfangsphase sicher. Niklas Middrup und vor allem “Mo“ El-Bouazzatti machten ihre Sache in der Innenverteidigung gut, vor allem die linke Seite mit Justice Agyeman und Kaya harmonierten prächtig.
Stattdessen ließ man sich kurz vor dem Pausenpfiff zu einem Ballverlust im Mittelfeld hinreißen, setzte nicht nach, verlor prompt das Sprintduell auf der rechten Abwehrseite und musste schließlich in höchster Not im 16er foulen – Folge: Elfmeter für die Klappdacher und gelb für unsere Nummer 4. Der Elfer ist unhaltbar und damit geht es - nach Torchancen betrachtet - mit 1:1 gerecht in die Pause.
Halbzeit heißt bei Trainer Hoffmann: Taktiktafel aufgebaut und Fehleranalyse am toten Objekt. „Der Ball läuft schlecht. Über die Außen ist richtig, aber ihr geht nicht entgegen. Nur gucken was der Ballführende macht reicht nicht. Mehr arbeiten.“ Gesagt, getan. Die Kibitze am Spielfeldrand fanden das Unentschieden eher schmeichelhaft für den Gastgeber. Aber das sind Eltern, die dürfen ruhig etwas einseitiger sein. Ordentliche Hälfte unserer Borussia, mit deutlich Luft nach oben, sagt der Chronist.
Schiri Patrik Leu aus Grefrath hatte das Spiel bis dahin im Griff. Was er nicht ganz unter Kontrolle hatte, war die Pausenzeit. Der „Pausentee“ zog über 20 Minuten bis Halbzeit Zwo schließlich angepfiffen wurde - aber die hatte es in sich.
Beide Teams begannen wie aufgedreht. Zwei Minuten nach Wiederanpfiff: Gute Freistoßmöglichkeit für die Heimmannschaft – knapp drüber. Andere Seite, auch nur zwei Minuten später, Notbremse am 16er, oder nicht? Das grünschwarze Pony kommt ohne Verwarnung davon, Teile der BVB-Elternschaft protestierten lautstark, aber der Schiri pfeift nur Freistoß. Der Schiedsrichter-Beobachter hätte „eine Zeitstrafe von vier Minuten gegeben oder zumindest gelb“. Gute Möglichkeit trotzdem für den BVB, aber der scharf getretene Freistoß strich am Gehäuse vorbei. Im weiteren Verlauf entwickelte sich ein immer packenderes Spiel, weil beide Teams mit Macht auf den Führungstreffer drängten.
„Ihr habt keine Lösung“, rief Hoffmann seinen Jungs zu. Das dachte sich wohl auch der gegnerische Keeper und half den Suchenden tatkräftig mit. Hayrullah Alici zog einfach mal ab und Keeper Fritz Verlingis rutschte der Spielball durch die Handschuhe und kullerte ins Tor (45. Minute). Riesenjubel auf der einen, ein ziemlich bedienter Keeper auf der anderen Seite. Trainer wie Spieler nun auf Siedetemperatur. Dortmunds Goalie Reimann stand nun des Öfteren im Mittelpunkt, wie auch sein gegenüber, war aber wie gewohnt ein sicherer Rückhalt mit einer guten Partie. Kapitän Lars Dietz lies keine Zweifel aufkommen, dass er gewillt ist, in die Fußstapfen seines „großen“ Bruders - der zur U17 aufgerückt ist - zu treten. Im weiteren Verlauf vergaben beide Teams einige Möglichkeiten, dass Ergebnis zu verändern. Scheiterten aber immer am Abschluss oder wurde daran gehindert.
Als in der Nachspielzeit der Schiedsrichter nochmal auf Freistoß am 16er für die kleinen Ponys entschied, befürchtete nicht nur die Dortmunder Bank schlimmstes. Als die Murmel in den 16er fliegt ist es kurz ganz still am Platz 9, aber als dann der Ball nach zähem Ringen um denselben endlich in die Zuschauer gedroschen wurde, machte sich Erleichterung unter den schwatzgelben Anhängern breit. Dann war Schluss.
Die U15 siegt zum Auftakt (wie ihre großen Brüder U17 und U19) gegen spielerisch unterlegene, aber körperlich robuste und taktisch gleichwertige Mönchengladbacher mit 2:1. Die reifere Spielanlage machte letztendlich den Unterschied aus. Klopp hätte wohl gesagt:“ Wir haben den Sieg erzwungen.“
Trainer Benjamin Hoffmann: „Spielerisch können wir super zufrieden sein. Man hat gesehen, dass wir wenige Möglichkeiten der Gladbacher im Spiel zugelassen haben. Klar kommt Gladbach auch zu Chancen, das ist Jugendfußball, da passieren Fehler, damit muss man rechnen. Im Grunde genommen hatten wir das etwas glücklichere Händchen als der Keeper den Fehler gemacht hat. Wir hätten aber im Spielverlauf auch das eine oder andere Tor schießen können. Die Gladbacher haben einige gute Individualisten, sehr robust in den Zweikämpfen, da war es teilweise schwer sich im 1 zu 1 durchzusetzen.“
Borussia Dortmund U15: Reimann, Agyeman, Middrup, El-Bouazzati, L. Dietz, Nebihi, Westmeyer, Saric, Kaya (70. Schachtsieck), Alici (68. Hennecke), Kot (55. Ring)
Tore: 0:1 Kaya (2.), 1:1 Pony (35.), 1:2 Alici (45.)
Schiedsrichter: Patrik Leu
Zuschauer: 70 vielleicht, Leistungszentrum am Borussia Park Mönchengladbach