Das Derby in den letzten 3 Minuten hergeschenkt
Als man das Derby, in das der BVB als klarer Außenseiter gestartet war, eigentlich schon verdient gewonnen hatte, brannten in der BVB-Deckung sämtliche Sicherungen durch. So verschenkte man den Sieg durch drei Gegentore innerhalb der letzten drei Minuten des Spiels. Statt einem fröhlichen Start in den Sonntag durfte man nun entmenscht brüllende Blaue in der Roten Erde betrachten. Da gibt es wahrlich Schöneres.
Ausgangslage
Während die Jungbrut aus der verbotenen Stadt als letzter verbliebener Meisterschaftskonkurrent der Leverkusener mit 41 Punkten auf Platz zwei der Tabelle trohnte, hat sich die Dortmunder U19 erst in den letzten Wochen der schlimmsten Abstiegssorgen entledigt. In der Tabelle hatte man sich mit sieben Punkten aus den letzten drei Spielen auf Platz sieben vorgearbeitet, so dass man nun wenigstens jenseits von Gut und Böse rangierte und wohl auch in der nächsten Saison noch in der Bundesliga starten darf.
Aus der in diesem Jahr wesentlich erfolgreicheren BVB-U17 rückte als Nachfolger des zu den Amas aufgestiegenen Trainer Hannes Wolf, Sascha Eickel auf. Er konnte an diesem Wochenende auch wieder auf die hochgezogenen B-Jugendlichen Marvin Duksch und Koray Günter zurückgreifen, die zuletzt mit der U17-Nationalmannschaft unterwegs waren. Wenig überraschend standen beide auch in der Startformation.
Bei den Blauen wurde der in der Winterpause auf die dunkle Seite der Macht gewechselte Merlin Baus von Beginn an aufgeboten.
Erste Halbzeit
Bei kühlen Temperaturen, aber schönem Sonnenschein hatten sich leider nur 300 zahlende Gäste in die Rote Erde verirrt, darunter circa 30 Gästefans, die sämtlich der Kategorie Freunde und Verwandte zu entstammen schienen. Auch auf Dortmunder Seite sah es danach aus, als hätte der Sonntagsspaziergang viele eher zufällig an der Roten Erde vorbei geführt, aber vielleicht ist das ja auch für ein Jugendfußballspiel der passende Rahmen. Die typische Derbyatmosphäre musste daher leider ausfallen. Bei dem schönen Wetter hatte wohl niemand Lust, sich groß aufzuregen. Von den BVB-Stars und Legenden hatten es sich neben den Stammgästen in der Roten Erde Lars Ricken, Teddy de Beer, Reinhard Saftig und Kutte Kutowski auch Jürgen Klopp und Kevin Großkreutz nicht nehmen lassen, dem Nachwuchsderby beizuwohnen.
Bereits beim Einlaufen der Mannschaften fiel ins Auge, dass die Blauen das körperlich deutlich robustere Team aufgeboten hatten. Insbesondere ihr Kapitän und Abwehrchef Alban Sabah und Stoßstürmer Philipp Hofmann überragten alle Borussen doch deutlich. Sabah, ein Baum von einem Kerl, wusste auch mit seiner abgefahrenen Frisur zu überzeugen. Sein Coiffeur hatte ihm wohl extra für das Derby ein wahres Kunstwerk ins Haupthaar rasiert.
Beide Mannschaften schienen sich aber etwas für dieses Spiel vorgenommen zu haben. Man schenkte sich von Beginn an nichts und es entwickelte sich sofort eine intensiv geführte Partie mit vielen Zweikämpfen. Bis auf wenige Ausnahmen sollte es aber fair zugehen. Die Blauen zeigten zunächst die bessere Spielanlage und der BVB hielt mit leidenschaftlichem Kampf dagegen.
In Minute 09 kamen die Auswärtigen das erste Mal gefährlich vor das Dortmunder Tor. Hofmann dribbelte in den Strafraum und konnte nur auf Kosten eines Eckballs gebremst werden. Den klärte Terzic direkt zu Kolasinac, dessen Kopfball knapp am langen Pfosten vorbei strich. Der wäre wohl unhaltbar gewesen. Nach 12 Minuten hatte dann der BVB die dicke Chance zur Führung. Nach einem Freistoß von Silaj von der rechten Seite setzte Günter einen Kopfball an die Querlatte. Im Anschluss an einen Eckball produzierte der BVB-Nachwuchs beinahe ein Eigentor, als man im Strafraum den Überblick verlor und sich gegenseitig anschoss. Doch der Abpraller ging glücklicherweise knapp neben das Tor. Den anschließenden Eckball fing der sichere Torwart Daniel Heuer Fernandes in beeindruckender Manier ab.
Die Blauen erspielten sich in der Anfangsphase eine Feldüberlegenheit, kamen aber nur zu wenig klaren Chancen. Die wenigen gefährlichen Flanken in den Dortmunder Strafraum fanden sämtlich keinen Abnehmer. Der BVB operierte im Spiel nach vorn zumeist mit weiten Befreiungsschlägen, denen der Alleinunterhalter im Sturm Marvin Duksch oft vergeblich hinterher hetzte.
In der 25. Minute übersah der Schiedsrichter ein klares Foul an Amadeus Piontek, weshalb Max frei zum Schuss kam. Doch er setzte den Ball aus sechs Metern knapp neben den Kasten. Nach einer guten halben Stunde fasste sich Koray Günter ein Herz und trieb den Ball über das halbe Spielfeld nach vorn. Im zweiten Versuch fand er mit seiner Flanke Christian Silaj der aus 16 Metern knapp drüber schoss.
Borussia wurde nun immer stärker und erarbeitete sich ein Übergewicht
im Mittelfeld. Nach 36 Minuten wurde diese Leistungssteigerung dann mit
der Führung belohnt. Nach einem Flankenwechsel wurde der Ball per Kopf
auf Stenzel zurück gelegt, der plötzlich völlig frei vor Rakovsky
auftauchte und ihm den Ball überlegt durch die Beine schob.
Fünf Minuten vor der Pause hatte dann Marvin Duksch noch die Gelegenheit, die Führung auszubauen. Nach einem abgefangenen Angriff des Gegners erlief er einen weiten Abschlag von Heuer Fernandes, setzte sich gegen den Bullen Sabah durch und schlenzte den Ball aus halblinker Position knapp über das Tor. Das sah schon sehr gekonnt aus.
Zur Halbzeit lag der BVB etwas glücklich, aber aufgrund des höheren Einsatzes auch nicht unverdient in Führung, und eine Überraschung schien sich anzudeuten.
Zweite Halbzeit
Die Blauen starteten druckvoll in die zweite Halbzeit. Offenbar hatte man sich in der Kabine etwas vorgenommen für den Rest vom Spiel. Doch großartige Chancen konnten sie sich weiterhin nicht herausspielen. Die hatte dafür der BVB: Nach einer Flanke von Duksch stand der eingewechselte Semih Daglar völlig frei vor Rakovsky, brachte den Ball aber leider nicht am Keeper vorbei. Der BVB jetzt bei Kontern stets gefährlich. Nach einer schönen Kombination über Hölscher und Daglar schaltete Silaj nicht schnell genug und kam daher nicht an den Ball, sonst wäre er wohl absolut frei zum Schuss gekommen. Die nächste Hundertprozentige bot sich dann Piontek nach einer guten Stunde, als er frei auf das Tor zulief und den Ball dann deutlich über dasselbe schlenzte. Den musste er einfach machen. Nur drei Minuten später wurde das beinahe bestraft, als Hofmann plötzlich frei zum Schuss kam, den Ball aber dann aus fünf Metern deutlich daneben schoss. Auch kurze Zeit später versagten ihm aus ähnlicher Position die Nerven und er schoss den BVB-Keeper an.
Dortmund blieb in dieser Phase jedoch die deutlich bessere Mannschaft. Einzig die Chancenverwertung konnte man bemängeln, denn eigentlich hätte man schon deutlich höher gegen den Favoriten führen müssen.
Acht Minuten vor dem Ende der Partie schien der Derbysieg dann in trockenen Tüchern. Der inzwischen für Silaj gekommene Kübel lief Richtung gegnerischen Strafraum und als er keine Anspielstation fand, wemste er den Ball aus 17 Metern einfach mal unhaltbar ins lange Eck. Ein wunderschöner Treffer der auf den Tribünen ausgiebig bejubelt wurde, denn die Blauen hatten bislang eher nicht den Eindruck gemacht, dieses Ergebnis noch in ihrem Sinne korrigieren zu können. In der 86. Minute wäre dann fast noch das glückliche 3:0 gefallen, doch Rakovsky konnte eine verunglückte Flanke von Piontek so gerade eben noch aus dem Winkel fischen.
Zwei Minuten später kamen die Blauen dann doch noch heran. Nach einer
Flanke aus dem linken Halbfeld segelte der Ball eine gefühlte Ewigkeit
durch den Dortmunder Strafraum, um dann auf dem Kopf von Hofmann zu
landen, der keine Mühe hatte, unbedrängt einzunicken. Nun brachen beim
BVB alle Dämme. Hatte man bis dahin unter hohem Einsatz vorbildlich
verteidigt, ging es nun in der Dortmunder Abwehr drunter und drüber.
Eine
Minute nach dem Anschlusstreffer beging Piontek ein dummes Foul nahe
der Torauslinie und holte sich dafür völlig zurecht Gelb ab. Den
anschließenden Freistoß von Stevanovic stocherte der eingewechselte
Ayhan zum Ausgleich über die Linie. Doch damit war es immer noch nicht
genug. In der Nachspielzeit erhielten die Blauen einen weiteren Freistoß
in zentraler Position zugesprochen, den Stevanovic aus circa 18 Metern
unhaltbar halbhoch ins linke Eck schlenzte.
Kurz darauf erfolgte der Abpfiff und die Blauen sprinteten brüllend über den Rasen, während die Borussen wie begossene Pudel in die Katakomben der Kampfbahn schlichen.
Fazit
Ein Spiel, das eigentlich schon klar und verdient gewonnen war, wurde in den letzten drei Minuten noch aus der Hand gegeben. So etwas gibt es wohl nur im Jugendfußball. Doch trotz dieser mehr als unglücklichen und ärgerlichen Derbyniederlage sollte der BVB-Nachwuchs auch die positiven Aspekte dieser Partie nicht aus dem Blick verlieren. Denn man hatte über weite Strecken nicht nur mit den favorisierten Blauen mitgehalten, sondern sie mit leidenschaftlichem Einsatz beherrscht. Wenn die Jungborussen diesen Einsatz im weiteren Verlauf der Saison regelmäßig an den Tag legen, sollten sie mit dem Abstieg nun wirklich nichts mehr zu tun bekommen.
Statistik
Blaue: Rakovsky, Waldoch (46. Ayhan), Kayaoglu, Zander, Sabah, Baus (67. Öztürk), Kolasinac (57. Babic), Stevanovic, Hofmann, Taskin, Max (76. Mabecket)
Tore: 1:0 Stenzel (36. Min), 2:0 Kübel (82.), 2:1 Hofmann (88.), 2:2 Ayhan (90.), 2:3 Stevanovic (91.)