Mit der Fanabteilung nach Lviv: Fangetränke, Fangerüche, Fanmomente
Bereits die Auslosung zur Gruppenphase hatte Mut gemacht: Sportlicher Erfolg nicht ausgeschlossen, tolle Reiseziele und mit Karpaty Lviv ein echter Exot im sonst so hochkarätig besetzten Wettbewerb Europa League. Andererseits war sofort klar, dass Spiele im ehemaligen Ostblock kein Zuckerschlecken bedeuten würden – weder für den Verein, noch dessen Anhänger.
Der unbekannte Gegner ließ im Vorfeld der Reise sämtliche Youtube-Leitungen glühen. Stimmungsvideos aus dem Stadion und von Stadionmärschen der heimischen Ultras Banderstadt weckten Vorfreude und nahmen zumindest die gröbsten Ängste: Für osteuropäische Verhältnisse wirkten die Aufnahmen auffallend unauffällig, eine akute Gefahr für die Mitreisenden schien eher ausgeschlossen. So machten sich rund 600 bis 700 Gästefans auf den Weg in die Ukraine – die einen per Flugzeug, andere per Mietwagen inklusive kleiner Hopping- oder Sightseeingtouren und der wohl größte Teil mit Reisebussen aus Dortmund. Meiner einer hatte sich mit der Fanabteilung auf den Weg begeben, um die weiteste Busfahrt der international noch wenig erfahrenen Gruppe zu dokumentieren. Ein Spiel- und Stimmungsbericht.
Tag 1: Abfahrt und Ankunft in der Ukraine
Kurz nach 10 Uhr hatten sich die ersten Fahrer vor der Nordtribüne des Westfalenstadions getroffen, um die rund 23-stündige Fahrt nach Liviv anzutreten. Nach kurzen Zwischenstopps bei Kassel und Dresden, bei denen auch die letzten Mitfahrer einstiegen, kamen wir überraschend schnell voran. Der große Respekt vor Fangruppen erwies sich dabei nicht unbedingt als hilfreich – polnische Tankstellen wurden kurzerhand mit fadenscheinigen Begründungen vor unserer Nase geschlossen, weil die Pächter offensichtlich Diebstähle und Sachbeschädigungen befürchteten. Auch die Vermittlung unseres großartigen Busfahrers und Dolmetschers konnte nichts ändern, so dass wir die Reise (noch) ohne das gute einheimische Bier fortsetzen mussten.
Bereits einige Stunden früher als geplant erreichten wir die Grenze zur Ukraine. Schlagartig wurde allen Mitreisenden bewusst, was man unter einer EU-Außengrenze zu verstehen hatte: Weiträumige Absperrungen im militärischen Sicherheitsbereich, mehrfache Passkontrollen auf polnischer und ukrainischer Seite und dazu die wohlgemeinten Hinweise des ortskundigen Busfahrers, jeden Kommentar und jedes Lachen zu vermeiden, da grundsätzlich jede Meinungsäußerung an der Grenze als Fehlverhalten mit unangenehmen Konsequenzen missverstanden werde.
Die Einreisekontrolle erfolgte tatsächlich streng, allerdings vergleichsweise zügig – mit eineinhalb Stunden dauerte die Prozedur weit weniger lang als in diversen Internetberichten zu lesen war, bis auf die reine Arbeitszeit und gewisse Formalitäten erlebten wir also keinerlei Schikane oder Gängelei. Im Gegenteil: Die Begrüßung fiel sehr freundlich aus und der diensthabende Offizier bat sogar höflich um ein Foto aus dem Bus als Andenken für seine kleine Tochter.
Die Landschaft selbst wirkte trostlos – das Morgengrauen machte seinem Namen alle Ehre, die kleinen Häuser inmitten des Nirgendwo wirkten hoffnungslos, eine Rumpelpiste schlimmsten Ausmaßes nötigte Mensch und Maschine so ziemlich alles ab. Als erster Bus am Stadion angekommen, nahmen wir das Bauwerk schon einmal unter die Lupe. Eine wunderschöne alte Schüssel, ein wenig in die Jahre gekommen und dennoch gut in Schuss – Hoffnung auf guten Fußball wollte da sofort aufkommen. Allerdings auch die ein oder andere Sorge: Der Busparkplatz war ringsherum von Waldflächen umgeben, Lichtmasten waren nicht in Sicht, die Zugänge zum Stadion führten über enge und uneinsichtige Dreckwege mitten durchs Gebüsch – der Alptraum jedes deutschen Sicherheitsbeauftragten in seiner reinsten Form.
Tag 2 – erster Teil: Sightseeing, Party und Konflikte
Zu Fuß machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt, die rund fünf Kilometer entfernt gelegen sein sollte, aber bereits nach einer knappen halben Stunde gemütlichen Spaziergangs erreicht werden konnte. Osteuropäische Schönheiten (in Pömps!) schwebten mit Pfennigabsätzen über die zerklüfteten Sträßchen, Schlaglöcher und noch so große Unebenheiten schienen sie dabei nicht zu stören. Während unsere Damenwelt über Kieselstein-Läufe im Fernsehen nur den Kopf schütteln kann, bekamen wir eindrucksvoll zu sehen, wie selbstverständlich solche Bedingungen anderenorts den Alltag prägen.
In der Stadt angekommen, erfolgte die Erkundung auf eigene Faust. Einzeln oder in Kleingrüppchen verteilten wir uns auf die wunderschöne Altstadt, die nichts von ihrem Charme verloren hatte. Viel hatte sich dort in den vergangenen fünf Jahren getan, alte Prachtbauten aus der Zeit des K.u.K. strahlten farbenfroh wie zu ihren besten Zeiten. Immer wieder stieß man in den gepflegten Straßen auf große Holzkreuze, vor denen die Einwohner auf die Knie gingen und diese küssten. Überhaupt war der Eindruck der wichtigen Religion allgegenwärtig – zahlreiche Kirchen und Souvenirshops („Religious Books And Souvenirs“) vermittelten ein anderes Bild, als wir es in unserer heutigen Gesellschaft gewöhnt sind.
Beinahe zufällig stießen wir auf Aki Schmidt, der sichtlich beeindruckt die Schönheit Lvivs bestaunte: „Hier war vor wenigen Jahren noch alles kaputt und heute sieht es so toll aus. Das hätte nach dem Ende des Ostblocks niemand für möglich gehalten.“ Nach einer kurzen Gratulation zu seinem 75. Ehrentag zwei Wochen zuvor, freute sich Aki über die zahlreichen Fans in Lviv und mahnte zugleich, das Spiel auf die leichte Schulter zu nehmen: „Wie seid ihr denn hier her gekommen? Mit dem Bus bei über 20 Stunden Fahrt? Euch muss viel an diesem Verein liegen, das freut mich sehr. Aber erwartet nicht zu viel – das wird ein schwerer Brocken, der Gegner ist alles andere als ein Pappenstiel.“
Gegen 15 Uhr Ortszeit (die Ukraine liegt eine Stunde vor Deutschland) fanden wir uns am Freiheitsplatz gegenüber der großen Oper ein. Rund 250 bis 300 BVB-Fans hatten dort eine gemütliche Biergarten-Kneipe entdeckt und eine Menge Spaß an der örtlichen Preispolitik gewonnen. Hervorragendes Bier für nicht einmal 80 Cent, eine ganze Flasche bester Wodka für gerade einmal zwei Euro – die Stimmung war prächtig, von den befürchteten Krawallen weit und breit nichts zu sehen. Drei bis vier Polizisten langweilten sich in der Nähe und machten keinerlei Anstalten, die Gästefans in irgendeiner Art und Weise zu gängeln. Aus deutscher Sicht ein wundervoller Zustand: So gut wie keine Polizei, problemloses und friedliches Feiern inmitten einer wunderschönen Innenstadt.
Doch es sollte nicht dabei bleiben. Immer wieder hatte es Gerüchte gegeben, die Ultras Banderstadt hätten ihren Treffpunkt nur wenige hundert Meter weiter und kämen bei ihrem Marsch zum Stadion auf jeden Fall an unserer Kneipe vorbei. Erste deutsche Fans wurden nun in der Stadt enttarnt und kassierten empfindliche Prügel, wenn sie nicht schnell genug zurücklaufen konnten. Die Stimmung wirkte zunehmend angespannt und wurde auch dadurch nicht gelöster, dass einzelne ukrainische Fans immer wieder auf Patrouille an unserer Kneipe vorbeiliefen und vereinzelte Gäste meinten, wie aufgescheuchte Hühner Bereitschaft zur Verteidigung der Kneipe signalisieren zu müssen.
Zunehmend mehr Polizisten waren nun zu sehen, vielleicht zehn bis 15 an der Zahl. Unsere Fanbetreuer Jens und Sebastian hatten alle Hände voll zu tun, verlässliche Informationen über den aktuellen Sicherheitsstand einzuholen, beruhigend auf die Fans einzuwirken und sich mit den anwesenden Sicherheitskräften über einen sicheren Transport zum Stadion auseinanderzusetzen. Kein leichtes Unterfangen, als sämtliche Polizisten und Soldaten zwar unheimlich nett und hilfsbereit wirkten, des Deutschen oder Englischen aber nur in den seltensten Fällen mächtig waren.
Gegen 19 Uhr deutete sich erstmals eine Veränderung der Lage an. Eine lose Kette Polizisten und Soldaten hatte sich um unsere Kneipe gestellt, wir fanden uns inmitten eines Polizeikessels wider. Nicht jedem fiel es sofort auf, da der Abstand zwischen den Beamten rund vier bis fünf Meter betrug und niemand Anstalten machte, irgendjemandem den Weg nach innen oder draußen zu versperren. Viele sahen darin eine reine Beruhigung der Gästefans, denen teilweise doch recht mulmig geworden war. Dass sich einzelne Borussen auf eigene Faust über den Platz ins erklärte Gebiet des Gegners vorwagten und völlig problemlos mit ihren McDonald’s Tüten zurückkamen, schien diese These zu bestätigen.
Doch von einem Augenblick auf den anderen änderte sich alles. Größere Mengen Rauch und Pyrotechnik waren auf der anderen Seite des Platzes zu erkennen – die Heimkurve hatte sich tatsächlich unweit unseres Aufenthaltsortes getroffen und befand sich auf dem Weg zum Stadion. Aus einer Straße kommend, ließ sich ihre Zahl zunächst kaum abschätzen – möglicherweise waren es 400 oder 500, von hoffnungsloser Unterlegenheit unserer Reisegruppe konnte keine Rede sein. „Borussia Dortmund“-Rufe schallten dem Lemberger Mob entgegen und wurden von diesem nur zu bereitwillig als Provokation gewertet – wir, die wir die ganze Zeit vor und in der Kneipe gestanden hatten, warfen einen letzten Blick in Richtung des Gegners, als eine kurze Straßenbahn zwischen den Gruppen vorbeifuhr.
Als die Bahn den Blick wieder freigegeben hatte, brach Panik aus: „Die kommen. Und zwar gewaltig!“ schrien einzelne Fans und rannten zurück in die Kneipe, als die Lemberger hinter dem Sichtschutz der Straßenbahn gute 50 Meter Raumgewinn verbucht hatten. Aus den 400 bis 500 waren innerhalb von Sekunden mindestens 1000 geworden, ihre Gruppenstärke nahm immer weiter zu und wurde aus zahlreichen Seitenstraßen weiter gespeist. Flaschen, Knallkörper und Bengalos flogen direkt vor unsere Kneipe und zerschellten dort. Manche Fans wollen aus der Ferne Baseballschläger und sogar Messer und Feuerwaffen gesehen haben, und wieder andere, die sich kurz zuvor auf den Weg in Richtung Stadion begeben hatten, liefen hinter unserer Kneipe in große gegnerische Gruppen hinein.
Die Situation war konfus und wir saßen in der Falle: Auf der linken und rechten Seite Plexiglaswände, die als Schutz vor Wurfgeschossen dienten, aber kein Auskommen ermöglicht hätten, hinter uns ein Gebäude. Der einzige Weg nach draußen wäre durch die Mitte der Lemberger verlaufen und selbst wenn wir es geschafft hätten, wären wir auf dem Weg zum Stadion in den zweiten, von unserer Position aus nicht sichtbaren Teil der Ukrainer getrieben worden. Die Angst stand vielen ins Gesicht geschrieben und wurde keinesfalls dadurch gemindert, dass einzelne Fans aus unserer Gruppe heraus meinten, das klare Signal der Heimfans erwidern zu müssen. Zwei bis drei Stühle und Tische gingen zu Bruch, zwei Blumenkübel wurden den Gegnern entgegen geworfen (flogen allerdings nicht einmal zwei Meter weit) – darauf folgten mitunter (und vereinzelt) wüste Beschimpfungen in Richtung der eigenen Leute, die sich nicht kampfeswillig zeigten und stattdessen mit den netten (und nicht minder geschockten) ukrainischen Gästen weiter plauderten.
Unsere Fanbetreuer leisteten verdammt gute Arbeit und schafften es, die Situation auf unserer Seite weitestmöglich zu beruhigen. Auf der anderen Straßenseite wurde die Polizei von Soldaten unterstützt, in auffallend niedriger Anzahl und – laut Zeugenberichten – mit gezogener Waffe. Etwa 30 Sicherheitskräfte in nach wie vor loser Kette sicherten uns nach außen hin ab, schienen allerdings keine besondere Gefahr zu erkennen – einige von ihnen hielten zunächst ihre Helme (wenn vorhanden) in der Hand, waren nicht für den Straßenkampf gerüstet und lächelten zeitweise, als Wurfgeschosse wenige Meter vor oder neben ihnen aufschlugen. Die Deeskalation auf Ukrainisch fand ihre Fortsetzung, als sich zwei Sightseeing-Bimmelbahnen in voller Touristenbesetzung ihren Weg durch die Mitte der beiden Gruppen suchten und damit zumindest kurzfristig in das Sichtfeld zwischen den beiden Lagern eindrangen.
In der Zwischenzeit hatte die Platzräumung einen ersten Erfolg gezeigt – aus den bis zu 3000 ukrainischen Fans (so die nicht belegte Schätzung einzelner Fans, die weiter vorne standen) waren wieder 800 bis 1000 geworden. Die von unseren Fanbetreuern schon mehrfach energisch geforderten Busse konnten plötzlich bereitgestellt werden und einen hoffentlich sicheren Weg zum Stadion garantieren. Doch das miese Gefühl blieb bestehen: Etwa fünf bis sechs Busse vollgestopft mit Fans traten den Weg zum Stadion an – die Luft war zum Schneiden, die winzigen Fenster mussten geöffnet werden. Plötzlich stoppte der Konvoi für eine geschlagene Viertelstunde inmitten einer breiten Kreuzung: Polizisten waren an einer Hand abzuzählen, rund um die Busse standen kleinere Gruppen entschlossener Lemberger. Abermals saßen wir auf dem Präsentierteller und hätten rein gar nichts dagegen unternehmen können, wenn Wurfgeschosse oder Feuerwerkskörper mitten durch die Fenster geflogen wären. Als sich einzelne Fans von außen unseren Bussen näherten, schaltete ein Polizeiwagen seine Sirene ein – von eben auf jetzt suchten die Lemberger wieder das Weite.
Dafür schien sich die Warnung unserer Fanbeauftragten erneut zu bewahrheiten: Bereits aus den Bussen konnten wir ukrainische Schläger erkennen, die sich unterhalb der engen Straßen im Gebüsch postiert hatten. Sie verfolgten unsere Busse sichtbar mit ihren Blicken und waren – nicht zum ersten Mal an diesem Tag – zahlenmäßig weit überlegen. Die Busse hielten auf einem winzigen und kaum befestigten Weg mitten zwischen den mannshohen Büschen – Köpfe ragten heraus, das gespenstische Glühen der Zigaretten ließ die Anspannung nicht weichen. Ohne jede Beleuchtung hatte uns die Polizei von einem Hinterhalt in den nächsten geführt, das lange Warten inmitten dieser Szenerie wirkte abermals beängstigend. Eskortiert von rund 15 Polizisten traten wir den Weg ins Stadion an – mitten durch den Haupteingang quetschen wir uns durch die schieren Massen ukrainischer Fans hindurch und waren überraschend in einem Gästeblock angekommen, der sich vom Rest des Stadions nur durch eine Doppelreihe Polizisten abgesichert sah. Später sollten hier noch vereinzelt Steine und Wodkaflaschen über die Blocktrennung fliegen, weiteres passierte vorerst nicht mehr.
Wir hatten nun das Problem, den vermeintlich sicheren Gästebereich wieder verlassen und unsere Plätze auf der anderen Seite des Stadions erreichen zu müssen. In Begleitung eines erneut hilfsbereiten Polizisten bahnten wir uns den Weg mitten durch die Heimkurve und erreichten sichtlich beeindruckt unsere Plätze. Die anwesenden Journalisten hatten von den Vorkommnissen nur wenig mitbekommen, fragten uns aber sofort, was vorgefallen war. So hatte sich die Meldung verletzter Dortmunder Fans, die zum Teil vom Mannschaftsarzt behandelt und zur Kontrolle in Krankenhäuser verwiesen werden mussten, bereits herum gesprochen. Auch in der Stadt überfallene und mit Messern bedrohte Fans, die ihre Heimreise nicht mehr mit den Bussen antreten und von Journalistenteams zumindest bis zur Grenze mitgenommen werden wollten, hatten sich gemeldet: „Wir konnten nichts davon sehen, haben aus unserem Hotel aber vieles gehört. Es klang wie Krieg und wir haben gehofft, dass den Fans nichts passiert ist.“
Tag 2 – zweiter Teil: Ein Spiel für die Ewigkeit
Der angstinduzierte Puls erreichte wieder ein normales Niveau, dafür spielte nun der europapokalinduzierte komplett verrückt: Borussia war endlich wieder auf der Bühne angekommen, auf die sie seit Jahren wieder gehörte. Flutlichtspiele auf internationalem Parkett, auf die wir uns so lange gefreut und hingearbeitet hatten, standen nun wieder auf dem Programm. In Bestbesetzung sollte es gegen den unbekannten Gegner FK Karpaty Lviv hoch hergehen – auf dem Blatt gesehen eine unkluge Entscheidung, so wenige Tage vor dem Derby, doch gerade deshalb ein äußerst kluger Schachzug unseres Trainers Jürgen Klopp.
Beim Aufwärmen erlebten wir jedoch den ersten Schock: Sebastian Kehl hatte sich verletzt und musste nach kurzer Behandlung vom Platz humpeln. Nach Spielende beschrieb er die Situation folgendermaßen: „Ich habe beim Schießen einen Schmerz am Hüftbeuger gespürt und wusste sofort, dass es nicht weitergehen würde. Wir müssen die genaue Untersuchung abwarten, doch vom Gefühl her bin ich mir sehr sicher, dass es mehrere Wochen und vielleicht sogar Monate dauern wird.“ Wir wünschen gute Besserung!
Die Innenverteidigung vor Roman Weidenfeller bildeten Neven Subotic und Mats Hummels, ergänzt wurden sie in der Hintermannschaft von Patrick Owomoyela und Marcel Schmelzer. Kehl-Ersatz Sven Bender und Nuri Sahin zogen die Fäden im defensiven Mittelfeld, offensiv standen mit Kevin Großkreutz, Shinji Kagawa und Mario Götze ebenfalls eine Reihe Jungspunde auf dem Platz. Den einzigen nominellen Stürmer gab Lucas Barrios, so dass sich die Aufstellung auch folgendermaßen schreiben ließe: 1980, 1979, 1988, 1988, 1988, 1989, 1988, 1989, 1992, 1984 – mit den Berücksichtigung der späteren Einwechslungen von Robert Lewandowksi, Kuba und Antonio da Silva wurde diese Reihe noch um die Jahrgänge 1988, 1985 und 1978 ergänzt.
Die Schwarzgelben legten los wie die Feuerwehr: Die überragenden Akteure Sahin und Barrios hatten überhaupt keine Probleme, feine Nadelstiche gegen die vorsichtig agierenden Hausherren zu setzen. Immer wieder fanden sich gute Passwege, die in der 12. Spielminute erstmals direkt vors Tor führten – ein Abwehrspieler (Khudobyak) holte Barrios im Strafraum von den Beinen, die gelbe Karte kassierte fälschlicherweise Torwart Tlumak und den fälligen Elfmeter verwandelte Nuri Sahin mit einem satten Pfund mitten ins Herz der Ukrainer. Borussia dominierte das Spiel nach Belieben, stieß durch die Lemberger Abwehr wie ein warmes Messer durch einen Block schmelzender Butter. Nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer stand abermals Barrios vor dem Tor und hätte den Abschluss suchen können, legte aber in sehenswerter Manier auf den besser postierten Götze ab. Dieser musste nur noch seinen Fuß hinhalten und konnte mit seinem zweiten Saisontor die Vorentscheidung treffen. Denkste.
Denn angetrieben von ihrem fanatischen Publikum, das unglaublich viel Stimmung in das Stadion brachte und die wohl schnellsten Laolas der Fußballgeschichte durchs Stadion schwappen ließ, suchten die Hausherren nun ihr Heil im Kampf. Immer wieder gelang es den flinken Karpaten nun, die Dortmunder Defensive zu durchbrechen. Ein bis dahin gut aufgelegter Weidenfeller machte die Chancen allesamt zunichte, doch souverän wirkte die Defensive zu keiner Zeit. So wunderte es nicht, dass kurz vor der Pause bereits der Anschlusstreffer durch Holodyuk fallen konnte – ärgerlich, zumal das Publikum nun in ohrenbetäubender Weise wieder aufstand und die Abstimmungsprobleme zwischen Weidenfeller, Hummels und Subotic vermeidbar gewesen wären.
Kurz nach dem Seitenwechsel der nächste Riesenbock in der Dortmunder Hintermannschaft, für den diesmal Hummels alleine verantwortlich zeichnete. Mangelnde Laufbereitschaft der Borussen und ein überragendes Stellungsspiel der Hausherren hatte Subotic zu einem langen Rückpass auf Hummels gezwungen, der aus sicherer Entfernung einen Neuaufbau des Spiels hätte einläuten sollen – doch Hummels stolperte über den Ball, als er den aus dem Nichts anstürmenden Kopolovets entdeckte und bot ihm damit freies Feld, um den Ball am hilflosen Weidenfeller vorbeizuschieben. Blankes Entsetzen, Wut und frenetischer Jubel prallten aufeinander und prägten ein Spiel, das sich trotz der meilenweiten Überlegenheit Borussia Dortmunds zu einem offenen Schlagabtausch entwickelt hatte.
Beide Mannschaften wollten das Spiel nun unbedingt gewinnen: Der BVB aus Angst vor einer Blamage und im sicheren Wissen, dass ein Sieg dringend notwendig und keinesfalls unmöglich war, Karpaty Lviv aus dem Antrieb heraus, dem ehemaligen Champions-League-Sieger bereits zweifach das eigene Können unter Beweis gestellt zu haben. In der 78. Spielminute kam es dann zur vielleicht beeindruckendsten Szene des Spiels: Sahins Freistoß wurde von Tlumak an die Latte gelenkt, Lewandowski setzte den Nachschuss ins nichts. Sekunden später krachte Barrios Kopfball erneut ans Aluminium und Tlumaks Abstoß flog einmal quer über den Platz – Hummels verlor das Kopfballduell und musste zusehen, wie der eigentlich sichere Ball seinen Weg zu Kozhanov und von diesem vorbei an Weidenfeller mitten ins Dortmunder Tor fand.
Der Gästeblock verfiel für einen Moment in Schockstarre. Sollte das lang ersehnte Spiel trotz noch so großer Überlegenheit verloren werden, nur weil eine Reihe individueller Fehler eiskalt genutzt wurde? Nichts war mehr zu sehen von den zuvor so gut gelaunten Dortmunder Fans, die man auf der anderen Stadionseite nur selten hören, dafür aber umso besser bestaunen konnte. Es war an Borussia, den Fans zu zeigen, dass das Spiel noch lange nicht aufgegeben war: Vom Mittelpunkt ging es direkt wieder in die Offensive und an das Erarbeiten guter Chancen – die Fans verstanden das Zeichen sofort und brüllten sich die Seele aus dem Hals, um ihre Mannschaft wieder zu unterstützen. Die Ukrainer waren ihrerseits beeindruckt von diesem Aufbäumen und verzichteten darauf, wie noch in der ersten Halbzeit mit Pfiffen zu antworten – sie hatten offensichtlich Respekt gewonnen und feierten lieber sich selbst, als Borussia nieder zu pfeifen.
Kurz vor Spielende – die Kollegen der sofort schreibenden Zunft hatten ihre Berichte bereits fertig gestellt – passierte das Unfassbare: Barrios hatte sich nach tollem Zusammenspiel mit Lewandowski durchgesetzt und das Leder im gegnerischen Tor untergebracht. 3:3 stand nun in großen Lettern auf der Anzeigentafel zu lesen, die Stimmung auf Seite der Lemberger war schlagartig gestorben. Dafür brachen nun im Gästeblock alle Dämme und feierten sämtliche Borussen den wichtigen Punktgewinn in letzter Minute. Doch es war klar, dass dieses verrückte Spiel nicht unentschieden enden konnte. Vier Minuten verblieben mit Nachspielzeit noch bis zum Abpfiff und Borussia setzte alles daran, gegen diesen Gegner einen Sieg zu erringen. In der 91. Minute versemmelte ein Borusse eine Großchance aus kürzester Distanz, doch in der 92. Minute sollte es tatsächlich klappen: Barrios überwand mit einem Zuckerpass die gesamte Lemberger Hintermannschaft und der gesundheitlich angeschlagene Götze völlig freistehend den machtlosen Tlumak – nach Führung und überraschendem Rückstand das Wahnsinnsspiel noch umgebogen, die so wichtigen Punkte eingeheimst und vor dem schweren Spiel in Gelsenkirchen so richtig Selbstvertrauen getankt.
Der Jubel im Gästeblock hielt an, als der Abpfiff erfolgte und der Block aus Sicherheitsgründen geschlossen wurde - niemand sollte mehr herausgelassen werden, obwohl ohnehin niemand die dringende Absicht verspürt hatte, den Block überhaupt verlassen zu wollen. Letztlich weigerten sich die Fans gegenüber der Polizei, irgendwohin zu gehen und sich zum vierten Mal an diesem Tag in eine potenzielle Falle hinein manövrieren zu lassen. Nach langer Vermittlung, die weniger durch nicht-kooperative Sicherheitskräfte als vielmehr die hohe Sprachbarriere erschwert wurde, gelang es tatsächlich, die Busse direkt vor den Stadionausgang zu fahren und von dort eine sichere Abreise im Polizeikonvoi zu organisieren.
Wie so oft zeigte sich an diesem Tag das freundliche und bereitwillige Bemühen der Sicherheitskräfte, die jedoch von der Situation überwältigt und zu naiv an dieses Spiel heran getreten waren – ohne den großen Respekt der ukrainischen Fans vor ihren eigenen Beamten (wohl verbunden mit dem Wissen, welche Konsequenzen verärgerte oder verletzte Polizisten für die eigene Zukunft haben können), hätte die Fahrt für uns ein bitteres Ende genommen. Ob dieser Respekt vor Sicherheitskräften und die kaum vorhandenen Englischkenntnisse jedoch auch bei der Europameisterschaft in zwei Jahren ausreichen werden, wenn große Fangruppen aus unterschiedlichsten Ländern aufeinandertreffen, darf zumindest in Frage gestellt werden. Es bleibt also viel zu tun für die UEFA und das Organisationskomitee.
Tag 3 – Rückfahrt
Acht Stunden hatten die ersten 300 Kilometer Rumpelpiste im Polizeikonvoi, an der Grenze und in Polen Zeit gekostet – die vielen Eindrücke des Tages und die große Erschöpfung hatten das ihrige dazu beigetragen, dass so gut wie niemand diese Momente miterleben konnte. Beim ersten Stopp bei Krakau trafen wir noch das Team des Fanprojekts und tauschten uns über die unterschiedlichen Erlebnisse aus, bis es bei Fangetränken und Fangerüchen jedweder Art weiter gehen konnte. Eine Zollkontrolle in Polen kostete weitere Zeit, doch unsere Busfahrer konnten einiges davon wieder herein holen. Viel wurde nun mit einem halben Tag Abstand über das Spiel, die Stadt, die unglaublich freundlichen Menschen und auch die unschönen Erlebnisse des Vorabends diskutiert. Die Meinung blieb jedoch einhellig: Eine herausragende Fahrt zu einem der spannendsten Spiele der jüngeren BVB-Geschichte, die sich für alle Beteiligten mehr als nur gelohnt hatte.
Bereits die Auslosung zur Gruppenphase hatte Mut gemacht: Sportlicher Erfolg nicht ausgeschlossen, tolle Reiseziele und mit Karpaty Lviv ein echter Exot im sonst so hochkarätig besetzten Wettbewerb Europa League. Andererseits war sofort klar, dass Spiele im ehemaligen Ostblock kein Zuckerschlecken bedeuten würden – weder für den Verein, noch dessen Anhänger.
Der unbekannte Gegner ließ im Vorfeld der Reise sämtliche Youtube-Leitungen glühen. Stimmungsvideos aus dem Stadion und von Stadionmärschen der heimischen Ultras Banderstadt weckten Vorfreude und nahmen zumindest die gröbsten Ängste: Für osteuropäische Verhältnisse wirkten die Aufnahmen auffallend unauffällig, eine akute Gefahr für die Mitreisenden schien eher ausgeschlossen. So machten sich rund 600 bis 700 Gästefans auf den Weg in die Ukraine – die einen per Flugzeug, andere per Mietwagen inklusive kleiner Hopping- oder Sightseeingtouren und der wohl größte Teil mit Reisebussen aus Dortmund. Meiner einer hatte sich mit der Fanabteilung auf den Weg begeben, um die weiteste Busfahrt der international noch wenig erfahrenen Gruppe zu dokumentieren. Ein Spiel- und Stimmungsbericht.
Tag 1: Abfahrt und Ankunft in der Ukraine
Kurz nach 10 Uhr hatten sich die ersten Fahrer vor der Nordtribüne des Westfalenstadions getroffen, um die rund 23-stündige Fahrt nach Liviv anzutreten. Nach kurzen Zwischenstopps bei Kassel und Dresden, bei denen auch die letzten Mitfahrer einstiegen, kamen wir überraschend schnell voran. Der große Respekt vor Fangruppen erwies sich dabei nicht unbedingt als hilfreich – polnische Tankstellen wurden kurzerhand mit fadenscheinigen Begründungen vor unserer Nase geschlossen, weil die Pächter offensichtlich Diebstähle und Sachbeschädigungen befürchteten. Auch die Vermittlung unseres großartigen Busfahrers und Dolmetschers konnte nichts ändern, so dass wir die Reise (noch) ohne das gute einheimische Bier fortsetzen mussten.
Bereits einige Stunden früher als geplant erreichten wir die Grenze zur Ukraine. Schlagartig wurde allen Mitreisenden bewusst, was man unter einer EU-Außengrenze zu verstehen hatte: Weiträumige Absperrungen im militärischen Sicherheitsbereich, mehrfache Passkontrollen auf polnischer und ukrainischer Seite und dazu die wohlgemeinten Hinweise des ortskundigen Busfahrers, jeden Kommentar und jedes Lachen zu vermeiden, da grundsätzlich jede Meinungsäußerung an der Grenze als Fehlverhalten mit unangenehmen Konsequenzen missverstanden werde.
Die Einreisekontrolle erfolgte tatsächlich streng, allerdings vergleichsweise zügig – mit eineinhalb Stunden dauerte die Prozedur weit weniger lang als in diversen Internetberichten zu lesen war, bis auf die reine Arbeitszeit und gewisse Formalitäten erlebten wir also keinerlei Schikane oder Gängelei. Im Gegenteil: Die Begrüßung fiel sehr freundlich aus und der diensthabende Offizier bat sogar höflich um ein Foto aus dem Bus als Andenken für seine kleine Tochter.
Die Landschaft selbst wirkte trostlos – das Morgengrauen machte seinem Namen alle Ehre, die kleinen Häuser inmitten des Nirgendwo wirkten hoffnungslos, eine Rumpelpiste schlimmsten Ausmaßes nötigte Mensch und Maschine so ziemlich alles ab. Als erster Bus am Stadion angekommen, nahmen wir das Bauwerk schon einmal unter die Lupe. Eine wunderschöne alte Schüssel, ein wenig in die Jahre gekommen und dennoch gut in Schuss – Hoffnung auf guten Fußball wollte da sofort aufkommen. Allerdings auch die ein oder andere Sorge: Der Busparkplatz war ringsherum von Waldflächen umgeben, Lichtmasten waren nicht in Sicht, die Zugänge zum Stadion führten über enge und uneinsichtige Dreckwege mitten durchs Gebüsch – der Alptraum jedes deutschen Sicherheitsbeauftragten in seiner reinsten Form.
Tag 2 – erste Teil: Sightseeing, Party und Krawalle
Zu Fuß machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt, die rund fünf Kilometer entfernt gelegen sein sollte, aber bereits nach einer knappen halben Stunde gemütlichen Spaziergangs erreicht werden konnte. Osteuropäische Schönheiten (in Pömps!) schwebten mit Pfennigabsätzen über die zerklüfteten Sträßchen, Schlaglöcher und noch so große Unebenheiten schienen sie dabei nicht zu stören. Während unsere Damenwelt über Kieselstein-Läufe im Fernsehen nur den Kopf schütteln kann, bekamen wir eindrucksvoll zu sehen, wie selbstverständlich solche Bedingungen anderenorts den Alltag prägen.
In der Stadt angekommen, erfolgte die Erkundung auf eigene Faust. Einzeln oder in Kleingrüppchen verteilten wir uns auf die wunderschöne Altstadt, die nichts von ihrem Charme verloren hatte. Viel hatte sich dort in den vergangenen fünf Jahren getan, alte Prachtbauten aus der Zeit des K.u.K. strahlten farbenfroh wie zu ihren besten Zeiten. Immer wieder stieß man in den gepflegten Straßen auf große Holzkreuze, vor denen die Einwohner auf die Knie gingen und diese küssten. Überhaupt war der Eindruck der wichtigen Religion allgegenwärtig – zahlreiche Kirchen und Souvenirshops („Religious Books And Souvenirs“) vermittelten ein anderes Bild, als wir es in unserer heutigen Gesellschaft gewöhnt sind.
Beinahe zufällig stießen wir auf Aki Schmidt, der sichtlich beeindruckt die Schönheit Lvivs bestaunte: „Hier war vor wenigen Jahren noch alles kaputt und heute sieht es so toll aus. Das hätte nach Ende des Ostblocks niemand für möglich gehalten.“ Nach einer kurzen Gratulation zu seinem 75. Ehrentag zwei Wochen zuvor, freute sich Aki über die zahlreichen Fans in Lviv und mahnte zugleich, das Spiel auf die leichte Schulter zu nehmen: „Wie seid ihr denn hier her gekommen? Mit dem Bus bei über 20 Stunden Fahrt? Euch muss viel an diesem Verein liegen, das freut mich ganz besonders. Aber erwartet nicht zu viel – das wird ein schwerer Brocken, der Gegner ist alles andere als ein Pappenstiel.“
Gegen 15 Uhr Ortszeit (die Ukraine liegt eine Stunde vor Deutschland) fanden wir uns am Freiheitsplatz gegenüber der großen Oper ein. Rund 250 bis 300 BVB-Fans hatten dort eine gemütliche Biergarten-Kneipe entdeckt und eine Menge Spaß an der örtlichen Preispolitik gewonnen. Hervorragendes Bier für nicht einmal 80 Cent, eine ganze Flasche bester Vodka für gerade einmal zwei Euro – die Stimmung war prächtig, von den befürchteten Krawallen weit und breit nichts zu sehen. Drei bis vier Polizisten langweilten sich in der Nähe und machten keinerlei Anstalten, die Gästefans in irgendeiner Art und Weise zu gängeln. Aus deutscher Sicht ein wundervoller Zustand: So gut wie keine Polizei, problemloses und friedliches Feiern inmitten einer wunderschönen Innenstadt.
Doch es sollte nicht dabei bleiben. Immer wieder hatte es Gerüchte gegeben, die Ultras Banderstadt hätten ihren Treffpunkt nur wenige hundert Meter weiter und kämen bei ihrem Marsch zum Stadion auf jeden Fall an unserer Kneipe vorbei. Erste deutsche Fans wurden nun in der Stadt enttarnt und kassierten empfindliche Prügel, wenn sie nicht schnell genug zurücklaufen konnten. Die Stimmung wirkte zunehmend angespannt und wurde auch dadurch nicht gelöster, dass einzelne ukrainische Fans immer wieder auf Patrouille an unserer Kneipe vorbeiliefen und vereinzelte Gäste meinten, wie aufgescheuchte Hühner Bereitschaft zur Verteidigung der Kneipe signalisieren zu müssen.
Zunehmend mehr Polizisten waren nun zu sehen, vielleicht zehn bis 15 an der Zahl. Unsere Fanbetreuer Jens und Sebastian hatten alle Hände voll zu tun, verlässliche Informationen über den aktuellen Sicherheitsstand einzuholen, beruhigend auf die Fans einzuwirken und sich mit den anwesenden Sicherheitskräften über einen sicheren Transport zum Stadion auseinanderzusetzen. Kein leichtes Unterfangen, als sämtliche Polizisten und Soldaten zwar unheimlich nett und hilfsbereit wirkten, des Deutschen oder Englischen aber nur in den seltensten Fällen mächtig waren.
Gegen 19 Uhr deutete sich erstmals eine Veränderung der Lage an. Eine lose Kette Polizisten und Soldaten hatte sich um unsere Kneipe gestellt, wir fanden uns inmitten eines Polizeikessels wider. Nicht jedem fiel es sofort auf, da der Abstand zwischen den Beamten rund vier bis fünf Meter betrug und niemand Anstalten machte, irgendjemandem den Weg nach innen oder draußen zu versperren. Viele sahen darin eine reine Beruhigung der Gästefans, denen teilweise doch recht mulmig geworden war. Dass sich einzelne Borussen auf eigene Faust über den Platz ins erklärte Gebiet des Gegners vorwagten und völlig problemlos mit ihren McDonald’s Tüten zurückkamen, schien diese These zu bestätigen.
Doch von einem Augenblick auf den anderen änderte sich alles. Größere Mengen Rauch und Pyrotechnik waren auf der anderen Seite des Platzes zu erkennen – die Heimkurve hatte sich tatsächlich unweit unseres Aufenthaltsortes getroffen und befand sich in enormer Zahl auf dem Weg zum Stadion. Aus einer Straße kommend, ließ sich ihre Zahl kaum abschätzen – möglicherweise waren es 400 oder 500, von hoffnungsloser Unterlegenheit unserer Reisegruppe konnte keine Rede sein. „Borussia Dortmund“-Rufe schallten dem Lemberger Mob entgegen und wurden von diesem nur zu bereitwillig als Provokation gewertet – wir, die wir die ganze Zeit vor und in der Kneipe gestanden hatten, warfen einen letzten Blick in Richtung des Gegners, als eine kurze Straßenbahn zwischen den Gruppen vorbeifuhr.
Als die Bahn den Blick wieder freigegeben hatte, brach Panik aus: „Die kommen. Und zwar gewaltig!“ schrien einzelne Fans und rannten zurück in die Kneipe, als die Lemberger hinter dem Sichtschutz der Straßenbahn gute 50 Meter Raumgewinn verbucht hatten. Aus den 400 bis 500 waren innerhalb von Sekunden mindestens 1000 geworden, ihre Gruppenstärke nahm immer weiter zu und wurde aus zahlreichen Seitenstraßen weiter gespeist. Flaschen, Knallkörper und Bengalos flogen direkt vor unsere Kneipe und zerschellten dort, aus der Ferne waren Baseballschläger und andere Waffen zu erkennen. Manche Fans sahen Messer und Feuerwaffen auf Lemberger Seite, und wieder andere, die sich kurz zuvor auf den Weg in Richtung Stadion begeben hatten, liefen hinter unserer Kneipe in große gegnerische Gruppen hinein.
Wir saßen in der Falle: Auf der linken und rechten Seite Plexiglaswände, die als Schutz vor Wurfgeschossen dienten, aber kein Auskommen ermöglicht hätten, hinter uns ein Gebäude. Der einzige Weg nach draußen wäre durch die Mitte der Lemberger verlaufen und selbst wenn wir es geschafft hätten, wären wir auf dem Weg zum Stadion in den zweiten, von unserer Position aus nicht sichtbaren Teil der Ukrainer getrieben worden. Die Angst stand vielen ins Gesicht geschrieben und wurde keinesfalls dadurch gemindert, dass einzelne Fans aus unserer Gruppe heraus meinten, das klare Signal der Heimfans erwidern zu müssen. Zwei bis drei Stühle und Tische gingen zu Bruch, zwei Blumenkübel wurden den Gegnern entgegen geworfen (flogen allerdings nicht einmal zwei Meter weit) – darauf folgten mitunter (und vereinzelt) wüste Beschimpfungen in Richtung der eigenen Leute, die sich nicht kampfeswillig zeigten und sich stattdessen mit den netten (und nicht minder geschockten) ukrainischen Gästen weiter plauderten.
Unsere Fanbetreuer leisteten verdammt gute Arbeit und schafften es, die Situation auf unserer Seite weitestmöglich zu beruhigen. Auf der anderen Straßenseite wurde die Polizei von Soldaten unterstützt, in auffallend niedriger Anzahl und – laut Zeugenberichten – mit gezogener Waffe. Etwa 30 Sicherheitskräfte in nach wie vor loser Kette sicherten uns nach außen hin ab, schienen allerdings keine besondere Gefahr zu erkennen – sie hielten ihre Helme (wenn überhaupt vorhanden) in der Hand, waren ansonsten nicht für den Straßenkampf gerüstet und erzählten sich lächelnd Witze, als die Wurfgeschosse wenige Meter vor oder zwischen ihnen aufschlugen. Die Deeskalation auf Ukrainisch fand ihre Fortsetzung, als sich zwei Sightseeing-Bimmelbahnen in voller Touristenbesetzung ihren Weg durch die Mitte der beiden Gruppen suchten und damit zumindest kurzfristig in das Sichtfeld zwischen den beiden Lagern eindrangen.
In der Zwischenzeit hatte die Platzräumung einen ersten Erfolg gezeigt – aus den zwischenzeitlich bis zu 3000 ukrainischen Fans (so die nicht belegte Schätzung einzelner Fans, die weiter vorne standen) waren wieder 800 bis 1000 geworden. Die von unseren Fanbetreuern schon mehrfach energisch geforderten Busse konnten plötzlich bereitgestellt werden und einen hoffentlich sicheren Weg zum Stadion garantieren. Doch das miese Gefühl blieb bestehen: Etwa fünf bis sechs Busse vollgestopft mit Fans traten den Weg zum Stadion an – die Luft war zum Schneiden, die winzigen Fenster mussten geöffnet werden. Plötzlich stoppte der Konvoi für eine geschlagene Viertelstunde inmitten einer breiten Kreuzung: Polizisten waren an einer Hand abzuzählen, rund um die Busse standen kleinere Gruppen entschlossener Lemberger. Abermals saßen wir auf dem Präsentierteller und hätten rein gar nichts dagegen unternehmen können, wenn Wurfgeschosse oder Feuerwerkskörper mitten durch die Fenster geflogen wären. Als sich einzelne Fans von außen unseren Bussen näherten, schaltete ein Polizeiwagen seine Sirene ein – von eben auf jetzt suchten die Lemberger wieder das Weite.
Dafür schien sich die Warnung unserer Fanbeauftragten erneut zu bewahrheiten: Bereits aus den Bussen konnten wir zahlreiche ukrainische Schläger erkennen, die sich unterhalb der engen Straßen im Gebüsch postiert hatten. Sie verfolgten unsere Busse sichtbar mit ihren Blicken und waren – nicht zum ersten Mal an diesem Tag – zahlenmäßig weit überlegen. Die Busse hielten auf einem winzigen und kaum befestigten Weg mitten zwischen den mannshohen Büschen – Köpfe ragten heraus, das gespenstische Glühen der Zigaretten ließ die Anspannung nicht weichen. Ohne jede Beleuchtung hatte uns die Polizei von einem Hinterhalt in den nächsten geführt, das lange Warten inmitten dieser Szenerie wirkte abermals beängstigend. Eskortiert von rund 15 Polizisten traten wir den Weg ins Stadion an – mitten durch den Haupteingang quetschen wir uns durch die schieren Massen ukrainischer Fans hindurch und waren überraschend in einem Gästeblock angekommen, der sich vom Rest des Stadions nur durch eine Doppelreihe Polizisten abgesichert sah. Später sollten hier noch vereinzelt Steine und Vodkaflaschen über die Blocktrennung fliegen, weiteres passierte vorerst nicht mehr.
Wir hatten nun das Problem, den vermeintlich sicheren Gästebereich wieder verlassen und unsere Plätze auf der anderen Seite des Stadions erreichen zu müssen. In Begleitung eines erneut freundlichen Polizisten bahnten wir uns den Weg mitten durch die Heimkurve und erreichten sichtlich beeindruckt unsere Plätze. Die anwesenden Journalisten hatten von den Vorkommnissen nur wenig mitbekommen, fragten uns aber sofort, was vorgefallen war. So hatte sich die Meldung verletzter Dortmunder Fans, die zum Teil vom Mannschaftsarzt behandelt und zur Kontrolle in Krankenhäuser verwiesen werden mussten, bereits herum gesprochen. Auch in der Stadt überfallene und mit Messern bedrohte Fans, die ihre Heimreise nicht mehr mit den Bussen antreten und von Journalistenteams zumindest bis zur Grenze mitgenommen werden wollten, hatten sich gemeldet. „Wir konnten nichts davon sehen, haben aus unserem Hotel aber vieles gehört. Es klang wie Krieg und wir haben gehofft, dass den Fans nichts passiert ist.“
Tag 2 – zweiter Teil: Ein Spiel für die Ewigkeit
Der angstinduzierte Puls erreichte wieder ein normales Niveau, dafür spielte nun der europapokalinduzierte komplett verrückt: Borussia war endlich wieder auf der Bühne angekommen, auf die sie seit Jahre wieder gehörte. Flutlichtspiele auf internationalem Parkett, auf die wir uns so lange gefreut und jahrelang hingearbeitet hatten, standen nun wieder auf dem Programm. In Bestbesetzung sollte es gegen den unbekannten Gegner FK Karpaty Lviv hoch hergehen – auf dem Blatt gesehen eine unkluge Entscheidung, so wenige Tage vor dem Derby, doch gerade deshalb ein äußerst kluger Schachzug unseres Trainers Jürgen Klopp. Doch beim Aufwärmen die erste Schreckensmeldung: Sebastian Kehl hatte sich verletzt und humpelte vom Platz. Nach Spielende beschrieb er die Situation folgendermaßen: „Ich habe beim Schießen einen Schmerz am Hüftbeuger gespürt und wusste sofort, dass es nicht weitergehen würde. Wir müssen die genaue Untersuchung abwarten, doch vom Gefühl her bin ich mir sehr sicher, dass es mehrere Wochen und vielleicht sogar Monate dauern wird.“
Die Innenverteidigung vor Roman Weidenfeller bildeten Neven Subotic und Mats Hummels, ergänzt wurden sie in der Hintermannschaft von Patrick Owomoyela und Marcel Schmelzer. Kehl-Ersatz Sven Bender und Nuri Sahin zogen die Fäden im defensiven Mittelfeld, offensiv standen mit Kevin Großkreutz, Shinji Kagawa und Mario Götze ebenfalls eine Reihe Jungspunde auf dem Platz. Den einzigen nominellen Stürmer gab Lucas Barrios, so dass sich die Aufstellung auch folgendermaßen schreiben ließe: 1980, 1979, 1988, 1988, 1988, 1989, 1988, 1989, 1992, 1984 – mit den Berücksichtigung der späteren Einwechslungen von Robert Levandowksi, Kuba und Antonio da Silva wurde diese Reihe noch um die Jahrgänge 1988, 1985 und 1978 ergänzt.
Die Schwarzgelben legten los wie die Feuerwehr: Die überragenden Akteure Sahin und Barrios hatten überhaupt keine Probleme, feine Nadelstiche gegen die vorsichtig agierenden Hausherren zu setzen. Immer wieder fanden sich gute Passwege, die in der 12. Spielminute erstmals direkt vors Tor führten – ein Abwehrspieler (Khudobyak) holte Barrios im Strafraum von den Beinen, die gelbe Karte kassierte fälschlicherweise Torwart Tlumak und den fälligen Elfmeter verwandelte Nuri Sahin mit einem satten Pfund mitten ins Herz der Ukrainer. Borussia dominierte das Spiel nach Belieben, stieß durch die Lemberger Abwehr wie ein warmes Messer durch einen Block schmelzender Butter. Nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer stand abermals Barrios vor dem Tor und hätte den Abschluss suchen können, legte aber in sehenswerter Manier auf den besser postierten Götze ab. Dieser musste nur noch seinen Fuß hinhalten und konnte mit seinem zweiten Saisontor die Vorentscheidung treffen. Denkste.
Denn angetrieben von ihrem fanatischen Publikum, das unglaublich viel Stimmung in das Stadion brachte und die wohl schnellsten Laolas der Fußballgeschichte durchs Stadion schwappen ließ, suchten die Hausherren nun ihr Heil im Kampf. Immer wieder gelang es den flinken Karpaten nun, die Dortmunder Defensive zu durchbrechen. Ein bis dahin gut aufgelegter Weidenfeller machte die Chancen allesamt zunichte, doch souverän wirkte die Defensive zu keiner Zeit. So wunderte es nicht, dass kurz vor der Pause bereits der Anschlusstreffer durch Holodyuk fallen konnte – ärgerlich, zumal das Publikum nun in ohrenbetäubender Weise wieder aufstand und die Abstimmungsprobleme zwischen Weidenfeller, Hummels und Subotic vermeidbar gewesen wären.
Kurz nach dem Seitenwechsel der nächste Riesenbock in der Dortmunder Hintermannschaft, für den diesmal Hummels alleine verantwortlich zeichnete. Mangelnde Laufbereitschaft der Borussen und ein überragendes Stellungsspiel der Hausherren hatte Subotic zu einem langen Rückpass auf Hummels gezwungen, der aus sicherer Entfernung einen Neuaufbau des Spiels hätte einläuten sollen – doch Hummels stolperte über den Ball, als er den aus dem Nichts anstürmenden Kopolovets entdeckte und bot ihm damit freies Feld, um den Ball am hilflosen Weidenfeller vorbeizuschieben. Blankes Entsetzen, Wut und frenetischer Jubel prallten nun aufeinander und prägten ein Spiel, das sich trotz der meilenweiten Überlegenheit Borussia Dortmunds zu einem offenen Schlagabtausch entwickelt hatte.
Beide Mannschaften wollten das Spiel nun unbedingt gewinnen: Der BVB aus Angst vor einer Blamage und im sicheren Wissen, dass ein Sieg dringend notwendig und keinesfalls unmöglich war, Karpaty Lviv aus dem Antrieb heraus, dem ehemaligen Champions-League-Sieger bereits zweifach das eigene Können unter Beweis gestellt zu haben. In der 78. Spielminute kam es dann zur vielleicht beeindruckendsten Szene des Spiels: Sahins Freistoß wurde an die Latte von Tlumak an die Latte gelenkt, Lewandowski setzte den Nachschuss ins nichts. Sekunden später krachte Barrios Kopfball erneut ans Aluminium und Tlumaks Abstoß flog einmal quer über den Platz – Hummels verlor das Kopfballduell und musste zusehen, wie der eigentlich sichere Ball seinen Weg zu Kozhanov und von diesem vorbei an Weidenfeller mitten ins Dortmunder Herz fand.
Der Gästeblock verfiel für einen Moment in Schockstarre. Sollte das lang ersehnte Spiel trotz noch so großer Überlegenheit verloren werden, nur weil eine Reihe individueller Fehler eiskalt genutzt wurde? Nichts war mehr zu sehen von den zuvor so gut gelaunten Dortmunder Fans, die man auf der anderen Stadionseite zwar nur selten hören, dafür aber umso besser bestaunen konnte. Doch Borussia zeigte ihren Fans, dass sie das Spiel noch lange nicht aufgegeben hatte: Vom Mittelpunkt ging es direkt wieder in die Offensive und an das Erarbeiten guter Chancen – der Dortmunder Anhang verstand das Zeichen sofort und brüllte sich die Seele aus dem Hals, um seine Mannschaft zu unterstützen. Die ukrainischen Fans waren beeindruckt von diesem Aufbäumen und verzichteten darauf, wie noch in der ersten Halbzeit mit Pfiffen zu antworten – sie hatten offensichtlich Respekt gewonnen und feierten lieber sich selbst, als ihren Gegner nieder zu pfeifen.
Kurz vor Spielende – die Kollegen der sofort schreibenden Zunft hatten ihre Berichte bereits fertig gestellt – passierte das Unfassbare: Barrios hatte sich nach tollem Zusammenspiel mit Lewandowski durchgesetzt und das Leder im gegnerischen Tor untergebracht. 3:3 stand nun in großen Lettern auf der Anzeigentafel zu lesen, die Stimmung auf Seite der Lemberger war schlagartig gestorben. Dafür brachen nun im Gästeblock alle Dämme und feierten sämtliche Borussen den wichtigen Punktgewinn in letzter Minute. Doch es war klar, dass dieses verrückte Spiel nicht unentschieden enden konnte. Vier Minuten verblieben mit Nachspielzeit noch bis zum Abpfiff und Borussia setzte alles daran, gegen diesen Gegner noch den Sieg zu erringen. In der 91. Minute versemmelte ein Borusse eine Großchance aus kürzester Distanz, doch in der 92. Minute sollte es tatsächlich klappen: Barrios überwand mit einem Zuckerpass die gesamte Lemberger Hintermannschaft und der gesundheitlich angeschlagene Götze völlig freistehend den machtlosen Tlumak – nach Führung und überraschendem Rückstand das Wahnsinnsspiel noch umgebogen, die so wichtigen Punkte eingeheimst und vor dem schweren Spiel in Gelsenkirchen so richtig Selbstvertrauen getankt.
Der Jubel im Block hielt an, als der Abpfiff erfolgte und der Gästeblock aus Sicherheitsgründen geschlossen wurde. Niemand sollte mehr herausgelassen werden, obwohl ohnehin niemand die dringende Absicht verspürt hatte, den Block überhaupt verlassen zu wollen. Letztlich weigerten sich die Fans gegenüber der Polizei, irgendwohin zu gehen und sich zum vierten Mal an diesem Tag in eine potenzielle Falle hinein manövrieren zu lassen. Nach langer Vermittlung, die weniger durch nicht-kooperative Sicherheitskräfte als vielmehr die hohe Sprachbarriere verzögert wurde, gelang es tatsächlich, die Busse direkt vor den Stadionausgang zu fahren und von dort eine sichere Abreise im Polizeikonvoi zu organisieren.
Wie so oft zeigte sich an diesem Tag das freundliche und bereitwillige Bemühen der Sicherheitskräfte, die jedoch von der Situation überwältigt und zu naiv an dieses Spiel heran getreten waren – ohne den großen Respekt der ukrainischen Fans vor ihren eigenen Beamten (wohl verbunden mit dem Wissen, welche Konsequenzen verärgerte oder verletzte Polizisten für die eigene Zukunft haben können), hätte die Fahrt für uns ein bitteres Ende genommen. Ob dieser Respekt vor Sicherheitskräften und die kaum vorhandenen Englischkenntnisse jedoch auch bei der Europameisterschaft in zwei Jahren ausreichen werden, wenn große Fangruppen aus unterschiedlichsten Ländern aufeinandertreffen, darf zumindest in Frage gestellt werden. Es bleibt also viel zu tun für die UEFA und das Organisationskomitee.
Tag 3 – Rückfahrt
Acht Stunden hatten die ersten 300 Kilometer Rumpelpiste im Polizeikonvoi, an der Grenze und in Polen Zeit gekostet – die vielen Eindrücke des Tages und die große Erschöpfung hatten das ihrige dazu beigetragen, dass so gut wie niemand diese Momente miterleben konnte. Beim ersten Stopp bei Krakau trafen wir noch das Team des Fanprojekts und tauschten uns über die unterschiedlichen Erlebnisse aus, bis es bei Fangetränken und Fangerüchen jedweder Art weiter gehen konnte. Eine Zollkontrolle in Polen kostete weitere Zeit, doch unsere herausragenden Busfahrer konnten viel davon wieder herein holen. Viel wurde nun mit einem halben Tag Abstand über das Spiel, die Stadt, die unglaublich freundlichen Menschen und auch die unschönen Erlebnisse des Vorabends diskutiert. Die Meinung blieb jedoch einhellig: Eine herausragende Fahrt zu einem der spannendsten Spiele der jüngeren BVB-Geschichte, die sich für alle Beteiligten mehr als nur gelohnt hatte.
Großer Dank gilt neben der Mannschaft und ihren Betreuern selbstverständlich allen Organisatoren der Reisebusse (stellvertretend für die Fanabteilung sei an dieser Stelle Sarah Hartwich genannt), die diese Fahrt für so viele Fans erst möglich gemacht hatten, sowie unseren Fanbeauftragten Jens und Sebastian für die anstrengende und sensationell gute Arbeit vor Ort. Nicht vergessen werden dürfen jedoch die mitgereisten Fans, die mit ihrem vernünftigen Auftreten in Lviv dafür gesorgt haben, dass die angespannte Lage nicht eskalierte, sowie (für ein Fanzine eher ungewöhnlich) unsere Pressekollegen, die auf eine reißerische Darstellung der Vorfälle verzichteten und aus der Luft gegriffene sowie einseitig geschönte ukrainische Pressetexte mit erheblichem Zweifel aufnahmen: Auf eine erfolgreiche Saison im Europ