Hallenspektakel Teil 2: Schlimmer geht es immer
Wer gestern die 4:6-Pleite gegen Bielefeld in Halle/Westfalen gesehen hat und der Meinung war, dass es wohl gar nicht mehr schlimmer gehen könnte, derjenige hätte heute mit nach Braunschweig fahren sollen. In der Arena wurden etwa 40 BVB-Fans Zeuge eines 0:7-Torverhältnisses.
Seit der letzten Austragung der „Braunschweiger Meisterschaften“ sind mittlerweile einige Jahre vergangen. In diesem Jahr gelang es einem pfiffiger Sponsor und einem Promoterteam das Turnier neu aufleben zu lassen. So wurde kurzfristig ein Hallenturnier in der Braunschweiger Arena auf die Beine gestellt, dessen Teilnehmerfeld für Braunschweiger Verhältnisse durchaus akzeptabel war. Neben der gastgebenden Eintracht gehörte noch der Gewinner des gestrigen Hallenturniers in Halle/Westfalen, der VfL Osnabrück, sowie Kickers Emden, VfB Oldenburg und die Zweitvertretung des VfL Wolfsburg zum Teilnehmerfeld.
Für den BVB II bedeutete das Turnier gleich doppelte Strapazen - hatte man doch schon den Erfurtern die Zusage für deren Hallenturnier gegeben. Auf der anderen Seite wollte man den Braunschweigern nicht absagen, war man doch in diesem Jahr immerhin Titelverteidiger. So lief es am heutigen Sonntag auf zwei Turnierteilnahmen hinaus. Sieht man immerhin auch nicht alle Tage.
Boykott und Boykott
Im Vorfeld sorgte die Meldung, dass Stadionverbote auch in der Braunschweiger Arena von Bestand sein würde für viel Ärger in den Fanszenen der teilnehmenden Vereine. Schon früh entschlossen sich die Ultras Braunschweiger das Turnier zu boykottieren und veröffentlichten dazu einen entsprechenden Text auf ihrer Homepage. Und auch beim Großteil der aktiven Dortmunder Fanszene stieß diese Meldung auf großes Unverständnis, so dass sich die Desperados, die zur Zeit prozentual gesehen am meisten unter unberechtigten Stadionverboten zu leiden haben, ein Turnier zugunsten der Leute zu organisieren, denen zur Zeit aus willkürlichen Gründen der Zutritt zu den Stadion Deutschlands verwehrt bleibt. Gespielt wurde um den „1312-Pokal“, Teilnehmer waren neben den diversen Regionsmannschaften der Desperados auch Mannschaften von THE UNITY und den Jungen Borussen. Sieger wurde im übrigen das LC-Team.
So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass nur gut 40 BVB-Fans den Weg nach Niedersachsen antraten. Eine bunte Mischung aus Mitgliedern von THE UNITY, DES’99 und weiteren aktiven Fans. Die Reise bestritt man wie gewohnt mit der Deutschen Bahn. Direkt zu Beginn gab es mal wieder eine böse Überraschung am Fahrkartenautomaten. Bahnchef Mehdorn scheint der aktuelle Gewinn der Bahn wohl immer noch nicht zu hoch zu sein, weshalb (trotz Bundeszuschüssen) mal wieder eine Preiserhöhung beim Schönen-Wochenend-Ticket eingeläutet wurde. Somit kostet dieses nun stolze 35€. Ich kann mich noch an meine ersten WET-Touren erinnern, wo man 35 DM gezahlt hat und dafür volle zwei Tage für diesen Preis quer durch Deutschland fahren konnte. So schnell ändern sich halt die Zeiten. Mittlerweile geht es nur noch darum möglichst hohe Gewinne einzufahren und den Shareholder-Value auf Kosten der treuen Bahnfahrer zu erhöhen Bleibt zu hoffen, dass der Börsengang scheitern wird.
Über Bielefeld nach Braunschweig
So ging es recht entspannt mit dem Westfalen-Express nach Bielefeld, wo man gut 25 Minuten Aufenthalt haben sollte. Dort ging es dann weiter mit einem weiteren Regionalexpress über Minden, Hannover und Peine nach Braunschweig. Gab es gestern mit der Schaffnerin in der Nordwest-Bahn das Highlight der Hinfahrt, sollte einem dieses nach dem Personalwechsel ab Hannover erwarten. Während sich die Schaffnerin auf dem Abschnitt Bielefeld-Hannover recht unkompliziert gab und die WE-Tickets mit dem Spruch abknipste, dass „der Rest zur Quote dazu gehöre“, so nahm es ihr Kollege da schon um einiges genauer und lief satte drei Mal (!) durch unser Abteil – beim dritten Mal zählte er die Reisegruppe dann komplett durch und kam auf eine Anzahl von 32 Leuten. Was er nicht wusste, dies war nicht die komplette Reisegruppe. Gezählt hatte unser Freund der Bahn allerdings nur 5 Tickets. „Ich habe 5 Tickets gesehen, aber 32 Leute gezählt. Ich bekomme für die restlichen zwei Leute noch die Tickets zu sehen.“, so der Schaffner zu den Zugfahrern. Wer den Fehler findet darf ihn gerne behalten. Ziemlich sinnloser Typ. Da man aber heute seinen sozialen Tag hatte löste man die Situation auf, so dass der Schaffner völlig zufrieden und überglücklich unser Abteil verlassen konnte.
In Braunschweig angekommen empfing einem dann auch die Staatsmacht, die netter Weise während der Fahrt auf eine Begleitung verzichtet hatte. Gut so. Auch am Braunschweiger Bahnhof war es ganz okay, da die Polizei auf den üblichen Schnickschnack mit Helm, Knüppel und Co. verzichtete.
Auf der anderen Seite wirkte die Truppe recht planlos, da sich plötzlich niemand für uns zuständig fühlte und sich der gemeine Fan selbst um den Transport zur Halle kümmern musste. Da hätte eine kurze Info seitens der Zivilbeamten oder des Einsatzleiters der Bundespolizei über die weitere Fahrt gut getan. Wofür fahren beispielsweise Zivilbeamte überhaupt mit nach Braunschweig, wenn diese sich das Geschehen eh nur aus der Ferne anschauen.
15€ für eine Stunde Hallenluft
Mit der Straßenbahn ging es dann letztlich zur Braunschweiger Arena. Dort angekommen durfte man dann satte 15€ für den Eintritt löhnen. Die Plätze befanden sich dann auch schön auf der Hintertortribüne mit bestem Blick auf ein engmaschiges Fangnetz. So macht Fußballgucken natürlich super Spaß. Das Interesse an Fußball in der Halle in Braunschweig war erschreckend schwach. Die Braunschweiger Kurve war zwar ganz gut gefüllt – doch gerade auf der Haupt- und Gegentribüne gab es deutliche Lücken. Ganz zu schweigen von der anderen Kurve, die den Gästen vorbehalten war. Neben den 40 BVB-Fans fanden sich dort ganze zwei Wolfsburger, fünf Osnabrücker und eine Busladung Oldenburger, die aber in der ganzen Halle verteilt saßen, ein.
Vielleicht darf dem Veranstalter an genau dieser Stelle die Augen dafür geöffnet werden, dass hohe Ticketpreise in Zeiten von steigenden Lebenshaltungskosten nicht unbedingt ein Argument für volle Hallen sind. Darüber hinaus darf man sicherlich 300-600 fehlende Zuschauer auf die Maßnahme zurückführen, dass Fans mit einem Stadionverbot der Eintritt verwehrt wurde. Dass es bei solchen Maßnahmen schon mal vorkommt, dass sich Fanszenen solidarisch zeigen, ist wohl noch nicht bei vielen Veranstaltern angekommen. Also aus Fehlern lernen und das nächste Mal auf derartige Maßnahmen verzichten, ganz gleich was für Horrorszenarien von den zuständigen Polizeibeamten entworfen werden. Für heute dürfte man auf jeden Fall gut minus an der Veranstaltung gemacht haben.
Ansonsten war die Halle eigentlich ganz nett und konnte durchweg überzeugen.
Ohne Tore übersteht man keine Vorrunde
Zum Sportlichen: Der BVB erwischte mit dem VfL Osnabrück und Wolfsburg II eine machbare Gruppe. Im ersten Spiel bezwang der VfL Osnabrück den VfL Wolfsburg II mit 2:1, womit es für die Wolfsburger im Spiel gegen Schwarzgelb sogleich um den Verbleib im Turnier ging. Der BVB war mit einer bunten Mischung aus Spielern die zum erweiterten Profikader gehören (Nöthe, Njambe und Akgün), Stammspieler (Schmelzer, Rummenigge, Buttgereit) und Ergänzungsspieler (Mellwig (Torwart), Heermann und Boztepe) angetreten.
Doch diese Mischung wollte unter den Augen von Coach Ingo Preuß (Theo Schneider weilte beim zweiten Turnier in Erfurt) und Amateurleiter Heinz Keppmann nicht so richtig funktionieren. Nach einem verheißungsvollen Auftakt geriet man mit 0:1 in Rückstand und konnte diesen auch nicht wieder wettmachen. Nöthe, Akgün und Njambe vergaben die sich bietenden Möglichkeiten. Wolfsburg hatte das glücklichere Händchen und konnte noch zwei weitere Mal einnetzten.
Damit war man schon so gut wie ausgeschieden, da man schon mit zwei Toren Unterschied hätte gewinnen müssen – und dies gegen den Zweitligisten Osnabrück.
So kam es wie es kommen musste. Der BVB spielte weiterhin ziemlich uninspiriert und fing sich vier Gegentore – Marco Rummenigge vergab beim Stande von 0:1 gar einen Siebenmeter. Es sollte heute einfach nicht sein.
Auch der Anhang auf der Tribüne hatte nicht gerade seinen Spaß am Turnierverlauf – Support war eher die Ausnahme. Keiner ist wohl über eine fast vierstündige An- und Abreise glücklich, wenn man gerade mal eine Stunde in der Halle verweilen darf.
Dementsprechend ging es nach dem Ausscheiden mit Polizeibegleitung zurück zur Haltestelle der Straßenbahn. Vor wem oder was man letztlich beschützt wurde, oder ob man jemand anders vor uns beschützt hat, war dabei nicht ganz klar. Jedenfalls bemühte sich Team Green um den Anschlusszug gen Hannover. Dieser wartete dann auch fünf Minuten auf uns. Vielen Dank dafür. Da der Großteil aufgrund der gesalzenen Preise für Essen und Trinken in der Halle auf diese komplett verzichtete, legte man einen zusätzlichen Halt in Hannover ein. Von dort ging es dann weiter mit der S1 nach Minden und von dort mit dem Westfalen-Express zurück nach Dortmund. Dortmund erreichte man deshalb schon kurz nach neun.
Fazit
Eine recht entspannte Tour für leider nur 28 Minuten BVB-Hallenfußball. In anbetracht der hohen Eintrittspreise ein eher zweifelhaftes Vergnügen. Morgen spielt der BVB II dann in Leipzig und am Samstag beim Hallenturnier in Meschede. Die aktive Dortmunder Fanszene wird das Hallenturnier aufgrund der menschenverachtenden Vorfälle vom letzten Mal boykottieren. Schwatzgelb.de berichtete im letzten Jahr exklusiv. Wer sich dennoch nicht durch Polizeigewalt und –willkür im Sauerland abschrecken lässt, dem sei gesagt, dass es für dieses Turnier noch ausreichend Eintrittskarten gibt. Start ist um 13 Uhr in der Mescheder Dünnefeld-Sporthalle.